Lehrkräfte aus Bayern kritisieren die Staatsregierung scharf für ihre Kehrtwende beim Einsatz von Tablets an Schulen. In einem Offenen Brief an Ministerpräsident Markus Söder (CSU), den der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband BLLV am Freitagvormittag veröffentlicht hat, heißt es: „Bayern braucht eine pädagogisch sinnvolle Digitalisierung und keine Bildungspolitik, die sich an kurzfristigen Trends ausrichtet!“
Söder hatte nach einer Kabinettsklausur vor etwa zwei Wochen angekündigt, dass erst ab der achten Klasse jede Schülerin und jeder Schüler ein vom Staat finanziertes eigenes Tablet bekommen soll - und nicht schon ab der fünften, wie es bisher hieß. Söder begründete die Rückabwicklung damit, dass in den Jahrgangsstufen darunter der Schwerpunkt auf „klassischen Bildungsidealen“ liegen soll, nämlich „Schreiben, Lesen, Handschrift“.
Handschrift und Tablets? „Schließt sich nicht aus“
Aus Sicht der Lehrkräfte funktionieren Füller, Lesebuch und Tablet aber sehr wohl nebeneinander: „Das eine schließt das andere doch überhaupt nicht aus“, heißt es in dem Offenen Brief, den BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann unterzeichnet und mit einem Gesprächsangebot an Söder verknüpft hat. Die Nutzung von Social Media oder KI gehöre längst zum Alltag der Kinder und Jugendlichen – unabhängig davon, ab welcher Jahrgangsstufe sie in der Schule ein Tablet verwenden dürften. Es sei „geboten, die Lebensrealitäten der Schülerinnen und Schüler anzuerkennen und alles dafür zu tun, dass sie genau die Kompetenzen in der Schule erlernen und einüben können, die ihnen helfen, mit Medien richtig umzugehen.“ Außerdem wünschen sich die Lehrkräfte bei der Medienkompetenz mehr Vertrauen in ihre eigenen pädagogischen Fähigkeiten.
Nicht alle Lehrkräfte sind gegen Söders Tablet-Stopp
Zwar gab es auch Zuspruch für Söders Umkehr beim Thema Tablets, etwa vom vor allem an Gymnasien vertretenen bayerischen Philologenverband - doch der Zeitpunkt der Rolle rückwärts, die auf eine Idee von Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) zurückgeht, hatte viele Lehrkräfte und Schulleitungen vor den Kopf gestoßen. Denn erst vor gut einem Jahr hatte Bayern die sogenannte 1:1-Ausstattung mit Tablets für Kinder ab Jahrgangsstufe fünf beschlossen. „Die Kolleginnen und Kollegen haben sich an den Schulen nach der Entscheidung des Kabinetts alle auf den Weg gemacht“, heißt es nun im Brandbrief. „Medienkompetenzteams arbeiten entweder gerade an schlüssigen und passgenauen Konzepten oder haben diese bereits seit Längerem umgesetzt. Dass diese umfangreichen Vorarbeiten nun umsonst gewesen sein sollen, führt vor Ort zu völligem Unverständnis und Frustration.“
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