Die Schlagzeile ist eindeutig: „Diese neue Bahnstrecke ist ein Milliarden-Flop“, schrieb die Bild-Zeitung. Auch viele andere Medien berichteten besorgt darüber, dass seit die Trasse der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm im Dezember 2022 in Betrieb gegangen ist, bisher nur ein einziger Güterzug dort gefahren sei.
Der etwa 60 Kilometer lange Abschnitt zwischen Wendlingen (Landkreis Esslingen) und Ulm ist Teil des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm. Die Bahnstrecke kostete fast vier Milliarden Euro. Und Tatsache ist auch: Die Finanzierungsvereinbarung von 2009 konnte damals wohl nur deshalb unterzeichnet werden, weil die Kalkulation von 17 Güterzügen pro Tag die Neubaustrecke erst wirtschaftlich gemacht hätte.
DHL nutzt kaum mehr die Schiene
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bestätigt gegenüber verschiedenen Medien: „Ich habe miterlebt, wie die Strecke im Bundestag schöngerechnet wurde.“ Nun ist er überrascht, dass die angekündigten Güterzüge immer noch auf sich warten lassen. Er stellt aber auch fest: „Diese leichten Güterzüge gibt es nicht und wird es wahrscheinlich auch nicht geben.“ Diese These wird unserer Zeitung von einem Bahnexperten, der namentlich nicht genannt werden will, auch bestätigt. Ein Grund dafür ist beispielsweise, dass die DHL die Schiene als Transportweg kaum mehr nutzt.
Die Bahn selbst räumt ein: „Seit der Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke gab es im Januar 2024 eine Fahrt eines Güterzugs, weitere EVU (Eisenbahnverkehrsunternehmen/Anm. d. Red.) haben bisher keine Leistungen bestellt. Sobald es entsprechende Nachfragen gibt, wird die DB InfraGO (die Infrastrukturgesellschaft der Deutschen Bahn/ Anm. d. Red.) diese im Rahmen der Trassenvergabe berücksichtigen.“
Neue Strecke hat eine starke Steigung
Allerdings seien bereits rund 70.000 Personenzüge im Fern- und Regionalverkehr über die neu gebaute Bahnstrecke gefahren. „Millionen Reisende haben sie genutzt“, sagte ein Bahnsprecher auf Anfrage.
Das Problem mit den Güterzügen ist: Die neue Strecke durch die schwäbische Alb kann wegen der starken Steigung nur von Personenzügen und Güterzügen mit bis zu 1.000 Tonnen Gewicht befahren werden. Und diese Möglichkeit besteht vor allem nachts, wenn Fern- und Regionalverkehr davon nicht beeinträchtigt sind. Der Großteil des schweren Güterverkehrs rollt also sowieso weiter über die alte Strecke.
Ähnliche Probleme auch auf anderen Bahnstrecken
Das Ziel war bei der Ursprungsplanung eigentlich, die alte, kurvige Route über die stark genutzte Geislinger Steige zu entlasten, die sich Personenzüge und Güterverkehr vor 2022 teilen mussten. Doch auch im Fernverkehr ist die alte Strecke nach wie vor in Betrieb.
Das Güterzug-Thema ist allerdings nicht neu: Auch auf der Strecke Nürnberg–Ingolstadt dauerte es Jahre, bis der erste Güterzug fuhr, obwohl die Strecke nicht so steil ist wie die „Geislinger Steige“. Ausschlaggebend waren hier die Trassenpreise. Ähnliches gilt für Erfurt–Nürnberg. Hier soll vor einigen Wochen erstmals ein Güterzug gefahren sein.
Bahnexperten bezweifeln, ob Mischverkehr überhaupt sinnvoll ist
Bahnexperten zufolge ist es überhaupt eine Grundsatzfrage, ob sogenannter „Mischverkehr“ von ICE und Güterzügen überhaupt sinnvoll ist. In Deutschland ist das gewollt und auch bei der nächsten Neubaustrecke Ulm–Augsburg so. In anderen Ländern setzt man auf die Trennung, unter anderem in Frankreich, wo man das schnelle Netz für TGV freihält. Der Vorteil dabei: weniger Störfälle im Personenverkehr durch „Konflikte“ mit Regional- oder Güterzügen und weniger Verspätungen. Auch die Bahn hatte zwischendurch so eine Strategie unter dem Namen „Netz 21“ verfolgt, aber die deutsche Verkehrspolitik setzte auf „Mischverkehr“. Bezüglich der Trasse Stuttgart-Ulm ist es also vielleicht sogar vorteilhaft für den schnellen Verkehr, dass so gut wie keine Güterzüge unterwegs sind. Zumal, worauf auch die Bahn hinweist, der Personenverkehr schneller gewachsen ist als ursprünglich geplant. Es fahren schon heute mehr ICE und IC-Züge über die Neubaustrecke. Und wenn künftig der Deutschland-Takt umgesetzt wird, werden es noch mehr. Auch der französische Schnellzug TGV, der bisher noch aus technischen Gründen die alte Route fährt, wird künftig dort fahren. Dazu kommt der schnelle Regionalverkehr (IRE 200), der in der ursprünglichen Planung ebenfalls nicht vorgesehen war. Er lastet die Strecke mit bis zu 40 Zügen am Tag stärker aus als der zunächst erwartete Güterverkehr.
Das bestätigt wiederum auch der Stuttgarter Verkehrsminister: „Zum Glück für die Fahrgäste bietet die neue Strecke auch Vorteile für den Nahverkehr“, sagte Hermann. So gebe es einen neuen Bahnhalt in Merklingen (Alb-Donau-Kreis) und auch die mittlere Alb werde sich durch die Neubaustrecke verändern.
Ob neben dieser Streckenvariante noch eine Effizientere gab, kann ich als Außenstehender nicht beurteilen. Fakt ist aber, dass die Uralte Bummelstrecke über die Geislinger Steige keinen Hochleistungsverkehr abwickeln kann, ist denke ich unumstritten. Der Fehler liegt also weniger in der Strecke, als im Anspruch an die Strecke selbst. Warum muss eine Schnellfahrstrecke für den Hochgeschwindigkeitsverkehr Güterzüge tragen, wenn doch parallel dazu eine Bestandsstrecke existiert, bei dem die Güterzüge keinen Nennenswerten Zeitverlust haben. Der Internationale Bahnverkehr zeigt in den Statisitken ganz deutlich, dass in den Ländern, in denen der Hochgeschwindigkeitsverkehr vom restlichen Verkehr getrennt wird (z.B. Frankreich, Spanien, China, Japan, Taiwan, uvm.) mit einer höheren Pünktlichkeit und geringerer Störungsanfälligkeit betrieben wird. Umso interessanter, dass sog. "Bahn-Experten" in der Polit auf die Idee kommen einen 250km/h und einen 80km/h Zug auf eine Strecke zu schicken.
Ein Paradebeispiel für die völlig weltfremde und den mehr als praxisfernen angeblichen Sachverstand. Kann es ein besseres Beispiel, nicht ein weiteres, denn davon gibt es genügend, dafür geben, wie mit welcher Sinnlosigkeit Verschwendung stattfindet? Und was sich für mich als noch gravierender darstellt, wo bleibt eigentlich die rechtliche Verantwortung der Beteiligten?
Dich, mit deinen besserwissenden Meckerkommentaren unter so gut wie jedem Thema hätte man also stattdessen fragen sollen? Selbst der Artikel stellt das dialektisch dar. Was jeder ICE oder RE200 Fahrer in dieser Richtung erkennt, ist eine drastische Fahrzeitverkürzung, Verfügbarkeitserhöhung sowie Zuverlässigkeitsverbesserungen. Was auf die nächsten 10-100 Jahre durch diese Strecke an Personenkilometern in ganz Europa gespart wird, unvorstellbar. Ob jetzt die 17 Güterzüge fahren oder nicht ist wirtschaftliches klein klein. Die genannten Sterecken NÜ-ING und ER-NÜ will sich heute auch keiner mehr wegdenken.
Wenn ich schon das Wort Bahnexperte lese könnte ich kotzen
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