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Präventionstag in Augsburg: Wie Geschwindigkeit zum Lebensretter wird und Suchtprävention funktioniert

Präventionstag in Augsburg

„Messer machen Mörder“: Wie bekommt man die Messerkriminalität wieder in den Griff?

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    Waffen wie Butterflymesser werden zu einer zunehmenden Bedrohung in Deutschland.
    Waffen wie Butterflymesser werden zu einer zunehmenden Bedrohung in Deutschland. Foto: Ingo Wagner, dpa

    „Messer machen Mörder“ leuchtet auf dem Bildschirm der Polizei Berlin. „Wir haben bewusst einen provokanten Titel gewählt“, sagt Gordon Roloff, Präventionsbeauftragter in Berlin-Friedrichshain. Denn oft werde die Brutalität von Messerangriffen unterschätzt. Mit seinem Vortrag ist er vor allem in Schulen unterwegs. Darin zeigt er Schülerinnen und Schülern Bilder von Menschen, die mit Messern angegriffen wurden – wenn sie möchten. Es stehe natürlich allen frei, aus dem Raum zu gehen oder aus dem Fenster zu sehen, wenn sie diese Bilder nicht sehen möchten, sagt Roloff und setzt nach: „Es ist keine Effekthascherei, stattdessen wollen wir über die emotionale Schiene Betroffenheit erzeugen.“

    Messerkriminalität ist ein Aufregerthema. Die Stadt Berlin habe bereits vor zwölf Jahren erkannt, dass wir ein Problem haben. In Bayern hat sich die Zahl im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt, auf 1813. Verbotszentren oder maximale Messerlängen hält der Berliner Polizeibeamte nicht für sinnvoll. Denn bereits ab drei Zentimetern Klingenlänge können Angriffe tödlich enden, erklärt er. Um das zu vermeiden, möchte Roloff die Menschen möglichst früh erreichen. Denn 117 Taten wurden im vergangenen Jahr in Berlin von Kindern unter 14 Jahren begangen.

    Die Berliner Polizei zeigt die Gefahren von Messergewalt

    Als Hauptgrund für das Tragen eines Messers werde oft der Selbstschutz angegeben, erklärt Roloff. „Aber das Messer beraubt einen jeglicher Rationalität. In dem Moment, wo das Messer gezogen wird, gibt es nur Verlierer“, sagt er. Neben dem Opfer und dessen Umfeld gehören dazu auch die Familie des Täters sowie Zeugen der Tat. „Für niemanden wird es nicht mehr so sein, wie es davor war.“

    Gordon Roloff ist Präventionsbeauftragter in Berlin-Friedrichshain und klärt in Schulen über die Gefahr von Messerkriminalität auf.
    Gordon Roloff ist Präventionsbeauftragter in Berlin-Friedrichshain und klärt in Schulen über die Gefahr von Messerkriminalität auf. Foto: Michael Stelzl

    Prävention ist in aller Munde, doch wie funktioniert sie eigentlich? Damit befasst sich der 30. Deutsche Präventionstag, der in Augsburg stattfindet. „Prävention und gesellschaftlicher Frieden“ ist das diesjährige Motto. Beim Fachkongress sind einige tausend Menschen aus Sicherheitsbehörden, der Justiz, der Wissenschaft sowie dem Bildungs- und Sozialwesen anwesend. Er ist nach Angaben der Organisatoren das weltweit größte Fachforum zur Gewalt- und Kriminalprävention. Fest steht für alle Beteiligten: Es muss sich etwas tun.

    Die Münchner Verkehrspolizei zeigt, wie gefährlich hohe Geschwindigkeiten im Straßenverkehr sind

    Die gesellschaftlichen Bereiche, in denen Prävention notwendig ist, sind vielfältig: Sie reichen von extremistischer Gewalt über Callcenterbetrug, von Sucht bis zum Straßenverkehr. Dieses Themas hat sich die Verkehrspolizei München angenommen und hat einen Fahrsimulator mitgebracht. Die Besucherinnen und Besucher setzen sich hinter das Steuer und sollen mit einer festen Geschwindigkeit fahren. Wenn etwas Gefährliches passiert, müssen sie eine Vollbremsung durchführen – wie in der Fahrschule. Das System misst dabei die Reaktionsfähigkeit und die Bremskraft des Fahrers. „Die meisten Menschen unterschätzen die Geschwindigkeit. Und die kann man nicht kompensieren, auch wenn man ein super Fahrer ist“, sagt Polizist Thomas Niebauer.

    Ob die Gefahrenbremsung ausgereicht hätte, können die Bessucherinnen und Besucher im Fahrsimulator der Münchner Verkehrspolizei testen.
    Ob die Gefahrenbremsung ausgereicht hätte, können die Bessucherinnen und Besucher im Fahrsimulator der Münchner Verkehrspolizei testen. Foto: Michael Stelzl

    Mit 53 km/h fährt das Auto durch eine Stadt, als zwei Kinder zwischen zwei parkenden Autos mit ihren Rollern auf die Straße fahren. Die Bremskraft und Reaktionsgeschwindigkeit des Testers waren gut, betont Niebauer. Gereicht hat es dennoch nicht. Wäre dies eine echte Situation und keine Simulation, wäre es zum Unfall gekommen. „Mit fünf km/h weniger wäre das Fahrzeug vor den Kindern zum Stehen gekommen“, sagt der Polizeibeamte. „Da sieht man, wie entscheidend die Geschwindigkeit ist.“

    Die Suizidrate unter Glücksspielsüchtigen ist sehr hoch

    Nicht nur Sicherheitsbehörden informieren in der Messe über Prävention. Neben dutzenden wissenschaftlichen Vorträgen können die Besucherinnen auch an den Ständen verschiedener sozialer Träger ins Gespräch kommen, etwa mit Stefan Börner vom Verein Glücksspielfrei. „Ich möchte Menschen davor bewahren, denselben Weg zu gehen wie ich.“ Er selbst ist einer von etwa 1,3 Millionen Spielsüchtigen in Deutschland. Weitere drei Millionen Menschen weisen zudem ein problematisches Verhalten auf, die Dunkelziffer dürfte höher liegen. „Aufklären, Mahnen, Wachrütteln“ lauten deshalb die Prinzipien des Vereins.

    Das ist nicht einfach. Glücksspielsucht ist mit viel Scham behaftet, die Suizidrate ist hoch. Zudem sei es eine „unsichtbare Sucht“, wie Börner erklärt. „Alkohol und Drogen sieht man, Glücksspielsucht nicht.“ Die Belastung für das Umfeld sei dabei oft besonders hoch. „Teilweise verlieren ganze Familien durch die Schulden ihre Wohnung“, sagt er. Gerade für Kinder sei der Umgang damit oft schwer. Deswegen hat die Landesstelle für Glücksspielsucht ein Kinderbuch herausgegeben, welches Betroffenen helfen soll.

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    2 Kommentare
    Franz Xanter

    "„Messer machen Mörder“" Natürlich bewusst provokant, aber leider genau das Gegenteil in der Sache! Nein, nicht das Messer, die Waffe, ist das Problem, der Nutzer stellt das Problem ausschließlich dar. Das Messer, die Schusswaffe, das Beil, Pfeil und Bogen, nichts davon ist von Hause aus tödlich; der Nutzer ist dafür verantwortlich. Insofern bringt es auch nichts, wenn immer und immer wieder irgendwelche Verbote, Verschärfungen etc. verordnet werden, denn diese werden niemals das Problem lösen. Und auch wenn provokativ gedacht und verlautbart, geht die Ansage „Messer machen Mörder“ vollkommen in die falsche Richtung.

    Matthäus Lachenmeir

    Messerverbote bringen meiner Ansicht nach überhaupt nichts. Zu meinen Gegenständen in den Hosentasche gehört seit meiner frühesten Kindheit (geb. 1934) ein Taschenmesser. Von meinem Vater lernte ich schon den Umgang mit diesem „gefährlichen“ Instrument, indem er mir z-B. zeigte wie man ein Maipfeiferl schnitzt oder Pfeil und Bogen. Fast jeder Bub hatte ein Taschenmesser in der Hosentasche. Niemals ist es dabei zu einer gegenseitigen Verletzung gekommen, außer daß man sich selber einmal aus Unachtsamkeit verletzte. Auch heute gehört immer noch ein Taschenmesser zu meinen wichtigsten Utensilien. Wie entfernt man s.B. einen eingezogenen Schiefer schnell aus der Haut. Oder im Garten etwas abschneiden – und… und ..und….. Wir hatten einfach mehr Achtung und Respekt voreinander, trotz gelegentlicher harmlosen Raufereien.

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