Herr Professor Mang, Sie gelten als Arzt, dem die Reichen und Schönen vertrauen, und Sie betreiben das Geschäft mit der plastischen Chirurgie schon seit vielen Jahrzehnten. Was hat sich getan seitdem?
PROFESSOR WERNER MANG: Vorab muss ich sagen, die ästhetische Chirurgie hat bei uns inzwischen nur mehr einen Anteil von weniger als ein Drittel aller Operationen. Wir betreiben täglich Basischirurgie. Das heißt, unser Markenzeichen sind heute Nasen- und Gesichtsrekonstruktionen, große Brustoperationen, Bauchstraffungen und Lipödem-Operationen. Wir sind da schon fast wie eine Universitätsklinik.
Gibt es dafür spezielle Gründe?
MANG: Ja, denn im ästhetischen Bereich hat sich viel getan. Als ich damit begonnen habe, gab es in Deutschland wenige Kliniken, heute sprießen Schönheitschirurgen wie Pilze aus dem Boden. Ich war ja ein Pionier der Schönheitschirurgie. 1984 habe ich in Deutschland die Faltenunterspritzung eingeführt. Damals hat mich jeder belächelt, heute ist das ein Milliardenmarkt. 1982 habe ich dann eines der ersten Faceliftings hierzulande vorgenommen – damals an Ingrid Steeger. Und so ist der Name Mang im Laufe der Jahre ein Markenzeichen geworden.
Welche Typen empfinden Sie selbst denn als schön?
MANG: Meine Maxime ist ja immer: Gesundheit vor Schönheit. Wenn also ein Reicher kommt, der Übergewicht hat, dann rate ich dem erst einmal: Kaufe dir einen Jogginganzug und fang‘ an zu trainieren, steig‘ um auf mediterrane Kost und iss abends keine Kohlehydrate mehr. Manche sagen da: „Ja Mang, du machst dir dein eigenes Geschäft kaputt.“ Denen antworte ich: Nein, im Gegenteil, Ich bin kein Arzt, der die Menschen reif fürs „Dschungelcamp“ spritzt, wo dann Teilnehmer mit extrem aufgespritzten Lippen oder Mega-Brüsten zu sehen sind. Das überlasse ich anderen. Mein Ideal von Schönheit ist bei Frauen nach wie vor die zeitlose Grace Kelly. Bei den Männern habe ich den altgriechischen Typ im Kopf, der eher George Clooney entspricht, der also markante, nicht zu verspielte Züge hat. Alles in allem plädiere ich für natürliche Schönheit.
Was wünschen sich die Leute heutzutage, wenn Sie zu Ihnen in die Bodenseeklinik kommen? Man kann lesen, in Hollywood machen sich die Promis aktuell mit Abnehmspritzen dünn.
MANG: Ich bin ein Kritiker dieser Abnehmspritzen. Denn man muss die konstant anwenden, sonst bringt das nichts. Gerade habe ich eine neue Studie gelesen, in der steht, dass durch die Spritzen das Schilddrüsenkrebsrisiko steigt und auch das einer Bauchspeicheldrüsenentzündung. Das sind schon erhebliche Nebenwirkungen. Die Spritze ist ein Segen für Diabetiker, aber Fluch und Segen beim Abnehmen.
Hat sich da in den vergangenen Jahren sonst etwas verändert in der Schönheitschirurgie, auch bezüglich der Behandlungsmethoden?
MANG: Am meisten verändert hat sich das Alter der Patienten und Patientinnen. Durch das Internet ist jedes dritte 14- bis 16-jährige Mädchen mit ihrem Aussehen unzufrieden. Das ist ein echter Trend, dass die mit der Mutter in der Sprechstunde erscheinen und die Töchter dann aussehen wollen wie irgendwelche gestörten Influencerinnen. Die glauben dann, wenn sie eine neue Nase oder einen neuen Busen haben, werden sie berühmt. Das ist echt gefährlich! Ich kann nur jedem ästhetischen Chirurgen raten, niemand vor dem 18. Lebensjahr zu operieren. Neu ist auch die Altersstrukturierung nach oben. Früher kamen Leute zwischen 20 und 60, heute zwischen 14 und 80. Heute haben wir pro Woche zwei Patienten, die zwischen 70 und 80 sind. Die Wünsche haben sich auch verändert: Es wird viel Botox verlangt. Aber das macht tote Gesichter. Auf der anderen Seite finden viel weniger radikale Operationen statt, der Weg geht zur sanften Behandlung. Ein Hype ist Morpheus 8, jeder Hollywoodstar ab 40 macht das.
Morpheus 8, das klingt nach dem Film Matrix?
MANG (LACHT): Nein, bei dieser Methode wird durch kleinste Nadeln Energie in verschiedene Schichten der Haut abgegeben. Das regeneriert die Kollagenfasern und strafft sie. Das haben wir an 50 Patienten selbst klinisch untersucht, mit großem Erfolg. Die Tendenz zur sanften Medizin ist insgesamt im Kommen.
Sie sagen, eine Stunde Behandlung Morpheus 8 reicht und man sieht schon viel jünger aus. Ich frage für einen Freund: Was kostet so etwas?
MANG: Das Paket umfasst zwei bis drei Behandlungen, die 2500 Euro kosten. Der Effekt hält zwei bis drei Jahre.
Ähnliches gilt für Fettabsaugung, also die Behandlung von Fettproblemzonen am Körper. Statt der klassischen, ziemlich heftigen Fettabsaugung bevorzugen viele nun das sogenannte „Coolsculpting“. Was versteht man darunter?
MANG: Auch dazu haben wir bei uns inzwischen eine eigene Abteilung. Meine Tochter, Dr. Gloria Mang, baut die „sanfte Medizin“ mit Erfolg auf. Sie ist auch in der Geschäftsführung. Coolsculpting kann man ambulant durchführen. Die Haut wird deutlich abgekühlt. Dadurch kristallisieren sich die Fettzellen und binnen zwei bis drei Monaten werden sie vom Körper abgebaut. Dadurch erreicht man eine deutliche Reduzierung der Problemzonen. Aber ich muss hinzufügen: Weder Fett absaugen noch Coolsculpting ist zum Abnehmen da, sondern beseitigt nur Problemzonen. Die kann wiederum die Ozempic-Abnehmspritze nicht beseitigen. Denn diese hat eher den Nebeneffekt, dass das Gesicht sehr faltig wird. Das wird wieder ein neues Geschäft für die Schönheitschirurgen, weil man die Betroffenen dann liften muss. Das kann man beispielsweise bei Demi Moore gut sehen.
Anderes Thema. Seit der Fußballtrainer Jürgen Klopp sein licht gewordenes Haupthaar hat optimieren lassen, gilt die Haartransplantation als großer Trend. Würden Sie so etwas empfehlen?
MANG: Wir haben in der Tat inzwischen auch ein eigenes Haarteam, das nur solche Verpflanzungen macht. Und man muss sagen, die Haartransplantation hat sich massiv verändert, seit ich das vor Jahrzehnten in München das erste Mal gesehen habe. Damals sind ganze Büschel verpflanzt worden. Heute geschieht dies filigran. Aus dem Hinterkopf werden bis zu 3000 bis 4000 Wurzeln entnommen und oben implantiert. Bei uns haben das auch schon Schauspieler und Fußballer gemacht. Der Trend ist, zu diesen OPs aktuell in die Türkei zu reisen. Da gibt es zwar sicher auch gute Ärzte, aber sollte etwas schiefgehen, dann ist es schwierig, zu seinem Recht zu kommen. Die Haartransplantation als solche kann eine ganz vernünftige Therapie sein, allerdings muss man zuvor Haaranalysen machen.
Wem würden Sie denn zu so einem Eingriff raten? Für jemanden mit Vollglatze macht so etwas wohl keinen Sinn mehr, oder?
MANG: Viele Männer sind gegen das Hormon Dihydrotestosteron allergisch. Das bewirkt eine Verkleinerung der Haarwurzeln. Dadurch wiederum bilden sich deren Blutgefäße zurück, wodurch die Follikel nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden. Sie sterben ab, die Haare werden dünner und fallen aus. Es gibt fünf Stufen des Haarausfalls, der schlimmste ist der kreisrunde Haarsaufall. Den kann man nicht mehr abdecken. Aber die meisten haben Stufe zwei bis drei, also Geheimratsecken und fehlende Haare im Frontbereich. Das lässt sich beheben.
Wandern wir doch vom Scheitel zur Nase runter. Wie läuft denn die Nachfrage nach der von Ihnen designten Mang-Nase?
MANG: Wir haben fast ein Jahr Warteliste. Denn die Nase ist die schwierigste OP. Bei Schief- oder Höckerlangnasen ist nämlich auch meist die Atmung mit beeinträchtigt. Das ist immer auch ein medizinischer Eingriff. Man muss Schleimhaut, Knorpel, Knochenhaut rekonstruieren. Uns ist es wichtig, dass eine natürliche Nasenform entsteht. Ich sage immer, wenn ein Patient nach zwei Wochen durch die Stadt geht, sollte keiner bemerken, dass die Nase operiert ist. Das heißt auch hier: nicht zu viel machen. Los ging das alles so richtig, als ich dem Götz George 1985 die zertrümmerte Nase operiert hatte, weil er sich als Schimanski beim Tatort hat nicht doubeln lassen.
Wie sicher ist denn das, wenn man sich so eine OP zumutet?
MANG: Wir geben wirklich unser Bestes, um alles möglichst sicher zu machen. Aber auch der beste Schönheitschirurg hat auch unzufriedene Patienten. Das sind bei uns ein bis drei Prozent. Aber nicht, weil irgendetwas passiert ist, sondern, weil sie eine zu hohe Erwartung haben. Man muss die Patienten beispielsweise aufklären, dass bei einer Brust-OP Narben entstehen können. Oder die gebrochenen Knochen bei einer Nasen-OP nicht ganz optimal heilen. Aber im Großen und Ganzen haben wir hier keine Probleme.
Warum ist vielen Menschen die Schönheit ihrer Seele oft relativ egal, aber die äußere Schönheit so immens wichtig?
MANG: Bis 1945 war das Schönheitsideal immer gleich: David von Michelangelo oder die Venus von Milo. Aber durch das Internet oder Fernsehen wird den Leuten heute suggeriert, dass die Menschen, wie schon erwähnt, erfolgreicher, besser und glücklicher sind, wenn sie schön sind. In den 1960er Jahren war die Brigitte Bardot mit großen Brüsten und vollen Lippen das Schönheitsideal, dann die Twiggy, die alle zum Dünnsein anregte. Heute ist es Kim Kardashian. Alle wollen deren Nase und deren Po, wobei ich meine, dass man auf einem Hintern nicht unbedingt ein Sektglas abstellen können muss. Aber heute wird ja schon den jungen Mädchen eingebläut, dass sie allein mit gutem Aussehen erfolgreich werden. Da müssen wir als Gesellschaft gegensteuern, denn Schönheit ist in der Tat nicht alles.
Man kann festhalten, dass der Drang zur Selbstoptimierung wächst?
MANG: Ja, man verzichtet heute lieber auf den Urlaub als auf eine plastische OP.
Haben Sie sich eigentlich selbst auch schon operieren lassen?
MANG: Nein. Ich habe Schlupflider, eine schiefe Nase und ein paar Haare. Aber ich fühle mich wohl und würde mich freuen, wenn ich wie meine Mama mit 94 daheim am Frühstückstisch einschlafen würde. Das ist meine Hoffnung und mein Ziel. Ich bin ja auch nicht der Prototyp eines Schönheitschirurgen. In den USA, wo ich gerade auf einem Kongress war, sind die alle operiert oder mit Botox aufgespritzt und laufen in Designerklamotten gekleidet – das ist nicht meine Welt!
Sie sind im vergangenen Jahr 75 geworden und könnten sich längst zur Ruhe setzen und Golf spielen, segeln oder sich auf Kreuzfahrt begeben. Was treibt Sie weiterhin in den OP-Saal?
MANG: Meine Frau, die hat schon mit 50 gesagt: Lass uns doch aufhören. Aber ich stehe lieber im OP und meine Frau reist lieber. Klar hat man ab einem gewissen Alter das eine oder andere Zipperlein und die Enkelkinder fahren einem beim Skifahren davon, aber solange ich gesund bleibe, mache ich weiter. Meine Lebensaufgabe: Die Bodenseeklinik bleibt auch die nächsten 30 Jahre erhalten. Ich habe inzwischen ein Top Ärzteteam ausgebildet mit Dr. Jens Altmann als leitender Arzt. Die Mang Schule wird perfekt weitergeführt. Hier sind sie auch in den nächsten Jahren in guten Händen für plastische Chirurgie.
Sie haben angekündigt, Elon Musk anrufen zu wollen, um sich einen Platz für einen Weltraumflug zu sichern. Würden Sie das aktuell immer noch tun?
MANG: Ja, ich habe mich per Mail angemeldet, aber da muss man vor einem Flug gewisse Gesundheitstests bestehen. Den Musk sehe ich differenziert. Ich hoffe, dass er sich nicht zu sehr in die US-Politik einmischt. Denn ich sehe, dass da einiges auf uns zukommt. Darum ist es das Wichtigste, dass wir ein starkes Europa hinbekommen. Denn das, was Trump macht, kann Europa Angst machen. Wir leben auf einem politischen Pulverfass, wie wir es noch nie hatten.
Als wer möchten Sie selbst der Nachwelt einmal in Erinnerung bleiben - oder ist Ihnen das eher egal?
MANG: Ich habe hier ja schon viele Ehrungen und den Professor-Mang-Platz in Lindau. Ansonsten wäre es schön, wenn meine Familie, meine Freunde und die Leute in Lindau einmal sagen: Der Mang, der war ein Guter!
Info
Prof. Werner Mang kommt am Samstag, 8. März, auf die Gesundheitsmesse „Intersana“ nach Augsburg. Unter dem Titel „Schönheit ist nicht alles“ wird er von 11 bis circa 11.30 Uhr dort sprechen.
Zur Person
Der Schönheitschirurg Prof. Werner Mang, 75, ist ursprünglich Hals-Nasen-Ohrenarzt. Er hat die Bodenseeklinik gegründet und wird oft auch als „Nasenpapst“ bezeichnet, da er schon häufig Prominente unterm seinem Skalpell hatte.
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