Herr Ohrner, wie spricht man Sie heute an: Tommi oder Thomas?
THOMAS OHRNER: Alles erlaubt. Meine Freunde, Verwandten und Bekannten nennen mich Tommi. Nach „Timm Thaler“ habe ich gesagt: „Im Pass steht Thomas.“ Ich musste mich ja irgendwo abgrenzen zwischen Timmi, Tommi und Tami, außerdem wurde der Name oft falsch geschrieben. Darum bin ich offiziell „der Thomas“.
Sie starten als Moderator bei „Klassik Radio“ in Augsburg um sechs Uhr im Studio. Das heißt vermutlich, Sie müssen abends diszipliniert zu Bett gehen.
OHRNER: Nein, ich beginne erst um sieben. Das war schon schlimmer, als wir um fünf Uhr gestartet sind. Aber sieben Uhr ist für mich okay. Ich habe kein Problem, früh aufzustehen, und bin gleich wach. Ich bin also sofort auf Touren und muss mich nicht aus dem Bett quälen. Mein Wecker klingelt um fünf Uhr. Und sechs Stunden Schlaf reichen mir, ich treffe mich abends auch mit anderen Menschen und bin noch nicht asozial.

Sie waren Kinder-Filmstar. Als Timm Thaler waren Sie der Held der Boomer-Generation. Welcher Teil des fiktiven Jungen ist Ihnen geblieben? Der mit dem strahlenden Lachen – oder haben Sie selbiges im Laufe Ihres Lebens verkauft?
OHRNER: Ich habe nie das Gefühl gehabt, das Lachen wie Timm Thaler verkauft zu haben. Allerdings gehört bei mir im Job das Lachen dazu, denn niemand will morgens einen schlecht gelaunten Moderator hören. Mir fällt das aber nicht schwer, denn ich bin ein optimistischer Mensch. Ich glaube auch heute noch an die Menschheit! Bei mir ist das Glas halb voll. Und wenn du ein Lächeln schenkst, bekommst du in der Regel ein Lächeln zurück. Aber ich habe natürlich auch Niederlagen eingesteckt und die konnte ich nicht immer weglächeln.

Über Ihre Zeit als Kinderstar sagten Sie: „Für mich war das ein Abenteuerspielplatz.“ War das nur in Ihrer Wahrnehmung eine coole Kindheit oder doch eher stressig?
OHRNER: Der Stress begann erst mit „Timm Thaler“. Davor war es ein Spielplatz. Für mich war das Filmen Spielerei. Ich habe nie übers Berühmt werden nachgedacht. Ein Drehort war für mich wie ein Zirkus. Erst nach „Timm Thaler“ fing der Stress an, weil keiner ahnte, dass das so ein Erfolg wird.
Da schauten Ihnen in der Spitze 20 Millionen Zuschauer zu. Wahnsinn, oder?
OHRNER: Das ist wahr. Da waren Winterferien, es wurde früh dunkel. Auch die Erwachsenen haben die nette Geschichte gerne geschaut. Nach 13 Tagen war der Käse gegessen.
Und bei Ihnen fing der Trubel an.
OHRNER: Oh ja, es wurde echt anstrengend. Der Name meiner Familie stand damals im Telefonbuch. Ohrner, Paula-Breitenbach-Weg 6 – alles klar! Da standen dann vor allem die Mädels vor der Hütte und riefen: „Tommi, komm raus – wir lieben dich!“ Da sind Eltern mit ihren Töchtern bis aus Hamburg gekommen. Dieser Hype hat mich schon ein wenig eingeschüchtert. Da musste ich mich dann erst neu finden und positionieren. Denn keiner hat mir beigebracht, wie man mit so etwas umgeht.
Ja, wie macht man das?
OHRNER: Da bin ich wie das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden. Ich durfte beispielsweise in der Schule nicht mit auf Ausflüge, weil die anderen gesagt haben: „Der wird ja nur verfolgt.“ Im Laufe der Zeit habe ich aber gelernt, damit umzugehen.
Und nun werden Sie 60 Jahre alt. Überwiegt die Freude, eine gute Etappe des Lebens erfolgreich überstanden zu haben – oder schauen Sie etwas skeptisch auf das, was noch kommt?
OHRNER: Ich weiß noch gar nicht, wie ich mich fühlen werde, weil ich genug damit zu tun habe, herauszufinden, wie ich feiern werde. Ich war ja noch nie der große Geburtstagsfeierer, habe weder den 40. noch den 50. groß begangen. Jetzt kommt aber so eine Erwartungshaltung in meiner Umgebung auf. Noch weiß ich nicht, was passieren wird. Persönlich würde ich die Party lieber klein halten, und vielleicht gelingt mir das auch.
Und grundsätzlich so?
OHRNER: Ich bin kein Mensch, der gerne in den Rückspiegel schaut und auch keiner, der weit nach vorne schaut. Ich mag die Gegenwart und kann sagen: „Ich bin ein glücklicher Mensch.“ Ich habe tolle Kinder und mir geht es gut. Mich quält keine Krankheit, auch wenn der Rücken ein bisschen zwickt. Ansonsten bin ich gespannt, was das Leben noch zu bieten hat. Ich bin seit drei Jahren mit einer neuen Partnerin zusammen, mit der ich neue Ziele definiere. Das Einzige, was mich ein wenig beschäftigt, ist die Statistik der Lebenserwartung.
Wie meinen Sie das?
OHRNER: Ein Beispiel: Der Papst ist jetzt 69 und ich frage mich plötzlich: Ob ich den überlebe oder er mich? So eine Frage hat sich für mich noch bei keiner Papstwahl gestellt. Das macht, was die Zukunftsplanung angeht, ein bisschen ein mulmiges Gefühl.
Das Alter, so heißt es, sei kein Ponyhof.
OHRNER: Ich glaube schon, dass man tapfer sein muss. Ich habe aber ein sehr abwechslungsreiches Leben geführt. Eigentlich habe ich für drei gelebt, nur Drogen habe ich ausgelassen. Ich habe also keinen Zugzwang, etwas nachholen zu müssen. Aber ich bin ziemlich neugierig.
Zur Person
Thomas Ohrner, am 3. Juni 1965 in München geboren, ist unter anderem Schauspieler, Radio- und Fernsehmoderator. Seit 2016 arbeitet er für den Sender Klassik Radio in Augsburg. Der frühere Kinderstar wurde Ende 1979 mit der ZDF-Weihnachtsserie „Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen“ berühmt. Der vierfache Vater lebt mit seiner Partnerin in München.
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