Wer sich zu Schulzeiten für Latein entschieden hat, für endlos lange Schachtelsätze, fürs Auswendiglernen von Deklinations- und Konjugationstabellen, für komplizierte Versmaße, für die im Deutsche unbekannten Fälle Ablativ und Vokativ, der musste sich schon vor 20 Jahren nicht selten fragen lassen, warum man sich denn mit einer toten Sprache herumschlägt, die einem im Rom-Urlaub nicht einmal bei der Bestellung eines Abendessens nützlich ist. Heute ist das mehr denn je so, in einer hochdigitalisierten Welt, in der dem Alten das Stigma der Rückwärtsgewandtheit und somit der Modernitätsverweigerung anhaftet.
Dabei kann - und sollte - man aus der Zurückschau lernen. Humanistische Bildung ist nicht nur Selbstzweck, nicht bloße bildungsbürgerliche Spielerei, nicht nur Statussymbol, sondern dient, abgesehen von der immensen kulturhistorischen Bedeutung, dazu, eine ästhetische, ethische und moralische Geisteshaltung zu entwickeln - schließlich geht es im Kern um eine der entscheidenden Fragen überhaupt: Was eigentlich macht den Menschen aus? Also uns alle und damit im Grunde die Welt, das ganze Gesellschaftsgefüge.
Eigene Denkmuster hinterfragen
Freilich, diese Frage wird man auch mit einem Latinum in der Tasche nicht beantworten können, das wäre vermessen. Aber man nähert sich an Denkmuster, hinterfragt eigene, revidiert, vergleicht Vorstellungen von einst mit denen von heute. Die Sprache mag ausgestorben sein, doch selbst nach 2000 Jahren kann dem, der sich mit ihr beschäftigt, der Brückenschlag in die Moderne gelingen.
Latein tot ? Sagen doch nur Leute, die es nie gelernt haben. Ich bin heilfroh, dass ich es lernen durfte. Das Angebot in den Schulen ist leider sehr geschrumpft. Zu meiner Zeit begannen alle 3 Klassen mit Latein. Schon vor 20 Jahren keine mehr. Nota bene: wenn Latein, dann gleich von von Anfang an !
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