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Weniger kostenloses Bio-Obst für Schulen in Bayern

Ernährung

Bayern reduziert Gelder für Schulobst – weniger Lieferungen für Schulen und Kitas

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    In Bayerns Schulen und Kindergärten gibt es künftiger weniger Obst und Gemüselieferungen. Das führt zu Ärger.
    In Bayerns Schulen und Kindergärten gibt es künftiger weniger Obst und Gemüselieferungen. Das führt zu Ärger. Foto: Jens Büttner, dpa

    Jeden Dienstag gibt es am Montessori Campus in Wertingen eine gesunde Pause. Für die Grundschüler bis zur dritten Klasse. Und für die Kleinen in der Kita, die lernen, Karotten und Gurken, Äpfel und Bananen zu schnippeln. „Gesund, bio, regional – das ist uns wichtig“, sagt Markus Müller, stellvertretender Geschäftsführer von Montessori in Wertingen (Kreis Dillingen). Schließlich sei das Teil der Philosophie der Schule, wo die Kinder ab der 7. Klasse selbst Obst, Gemüse und Kräuter züchten.

    Die Bio-Kiste, die bisher Montagnachmittag in der Wertinger Montessori-Schule ankam, ist Teil des EU-Schulprogramms. Seit 2010 erhalten Schüler bis zehn Jahre kostenlos Obst, Gemüse und Milch, in Bayern zudem auch Kindergärten. Im vergangenen Schuljahr haben davon mehr als 800.000 Kinder in gut 9000 Einrichtungen im Freistaat profitiert.

    Doch seit Neuestem wird in Bayern am Schulobst gespart – und das ohne große Vorankündigung. An der Wertinger Montessori-Schule hat man sich gewundert, dass die Öko-Kiste jetzt nicht mehr jede Woche geliefert wird. „Das ist falsch, wenn man ein so sinnvolles Programm reduziert“, sagt Müller. Denn während Schulen und Kindergärten bislang 34 Lieferungen Bio-Obst und -Gemüse pro Jahr bekommen haben, sollen es jetzt nur noch 23 sein, teilt das bayerische Landwirtschaftsministerium mit.

    46 Cent pro Kind und Portion Bio-Ware

    Beim Verband Ökokiste hat man dafür kein Verständnis. Schließlich bedeute das rund 30 Prozent weniger frische Bio-Produkte für Bayerns Kinder. Vorstand Jochen Saacke sagt: „Mit den Kürzungen wird dieses erfolgreiche Projekt geschwächt – und das in einer Zeit, in der gesunde Ernährung und Umweltbewusstsein schon bei den Kleinsten wichtiger sind denn je.“ Die Kürzungen träfen vor allem Kinder aus Familien, in denen gesunde Ernährung nicht selbstverständlich ist. Gleichzeitig verlieren regionale Bio-Erzeuger einen wichtigen Absatzmarkt. 

    Im Augsburger Norden packt Hermann Haas-Hübsch mit seinem Team die Kisten für Schulen und Kitas. 30.000 Kinder in 400 Einrichtungen beliefert seine „Rollende Gemüsekiste“ über das EU-Schulprogramm – vom Donau-Ries bis Landsberg, von Neu-Ulm bis Aichach-Friedberg. Sein Unternehmen muss knapp kalkulieren, um die Vorgaben zu erfüllen. 46 Cent erhält Haas-Hübsch pro Kind und Portion Obst und Gemüse. „Das ist für Bio-Ware ohnehin ein niedriger Preis.“ Deswegen enthalten die Öko-Kisten Karotten, Äpfel, Bananen, Gurken und Tomaten. Erdbeeren im Sommer etwa sind zu teuer.

    Dass er weniger Ware über das EU-Schulprogramm liefern darf, hat Haas-Hübsch erst kurz vor dem neuen Lieferquartal erfahren. Zeit, bei seinen Lieferanten weniger zu bestellen, blieb nicht. Auch für die Mitarbeiter, die die Kisten packen, hat Haas-Hübsch jetzt weniger Arbeit, Touren müssen umgeplant werden. „Für uns ist das ein Ertragsausfall“, sagt der Unternehmer. Vor allem aber ist er frustriert, dass dieses sinnvolle Programm eingeschränkt wird. Zumal das Ministerium Schulen und Kindergärten gar nicht informiert habe, dass es künftig weniger Obst und Gemüse gibt. Manche Einrichtung hat sich darüber beschwert, dass Lieferungen ausbleiben.

    Der Freistaat weist Kürzungen beim Schulobst zurück

    Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) sieht hier kein Versäumnis. Und sie will die reduzierte Menge an Schulobst auch nicht als Kürzung verstanden wissen. Schließlich habe sich die bayerische Fördersumme für das EU-Schulprogramm nicht verändert. Allerdings seien die Mittel, die die EU zur Verfügung stellt, sukzessive zurückgegangen – von 7,2 Millionen im Schuljahr 2018/19 auf nun 5,2 Millionen Euro. Bislang habe Bayern das durch zusätzliche Haushaltsmittel ausgeglichen. Doch das sei angesichts knapper werdender Kassen nicht mehr möglich.

    Der Verband Ökokiste hat eine Petition aufgesetzt. Ziel: Schulen und Kindergärten sollen ab September wieder in allen 38 Schulwochen mit frischem Obst und Gemüse beliefert werden. Bis Ende Februar haben diese fast 15.000 Personen unterzeichnet. Die Grünen im bayerischen Landtag wollen über den Nachtragshaushalt erreichen, dass die Staatsregierung wenigstens die inflationsbedingte Mengenkürzung ausgleicht. Schließlich sei aufgrund der gestiegenen Obst- und Gemüsepreise die Portion, die jedes Kind erhält, geringer geworden. Laura Weber, Sprecherin für Verbraucherschutz der Landtags-Grünen, betont: „Eine Kürzung der Maßnahmen ist das absolut falsche Signal in schwierigen Zeiten. Wir müssen mehr anstatt weniger Anstrengungen für eine gesunde Ernährung unserer Kinder und Jugendlichen unternehmen.“ Zudem widerspreche die Kürzung dem Ziel der Staatsregierung, 30 Prozent Ökolandbau bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Man entziehe genau den Betrieben die Grundlage, die ökologisch und regional Lebensmittel erzeugen.

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    15 Kommentare
    Peter Zimmermann

    Ist ja alles sehr sinnvoll, aber Bananen regional? Welche Sorte lässt sich denn bei uns pflanzen die hätte ich auch gerne.

    Franz Xanter

    "Kostenlos geliefert" bedeutet für den Empfänge keine Kosten aber für den Absender einen Aufwand. Wenn nun der Absender Reduzierungen vornimmt, ist dies naturgemäß mit Einschränkungen verbunden. Indirekt kann man aus obigem Artikel nur wieder herauslesen, wie sehr kostenlose Lieferungen willkommen sind. Fragt man sich natürlich, was noch alles kostenlos sein sollte.

    Klaus Axmacher

    Warum muß das denn Bio sein? Unsere konventionelle Landwirtschaft produziert sehr gute Produkte und das ohne die hohen Kosten für die Bio-Zertifizierung.

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    Franz Xanter

    Weil leider heute viel zu viele irrational denken. Nur was "hochzertifiziert" ist, erscheint für diese Klientel als gesund.

    Maria Reichenauer

    Wenn Sie lieber Obst und Gemüse essen, das mit Spritzmitteln kontaminiert ist – just do it. Aber vielleicht sollten einem die Kinder eine gesunde und giftfreie Kost wert sein.

    Martin Dünzl

    ...und auch eine möglichst giftfreie bzw. giftreduzierte Umwelt samt Artenvielfalt für unsere nachfolgenden Generationen!

    Thomas Keller

    Mir mutet es seltsam an, die Verköstigung der Kinder hat daheim stattzufinden, die Pausenbrotbox wird daheim bestückt. Milch gab es am Schulkiosk. Manch Handyvertrag und Hautbilder dürften teurer sein als eine Schale Obst zu kaufen.

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    Franz Xanter

    Wie wahr, wie wahr. Aber es scheint heute Usus zu sein, dass Kinder nicht mehr zuhause durch die Eltern entsprechend erzogen und begleitet werden. Scheint einfacher, alles anderen insbesondere dem Staat zu überlassen.

    Maria Reichenauer

    Leider bekommen viele Kinder keine oder nicht mit Sinnvollem efüllte Box mit und Obst fehlt auch in vielen Brotzeitpaketen. Die Kinder sollen aber an gesundes Essen herangeführt werden – deshab das EU-Programm. Wenn alle Eltern ihrem Auftrag entsprechend nachkommen würden, gäbe es diese Lücken nicht und das EU-Programm bräuchte es auch nicht. Als ich in die Schule ging, war das Pausenbrot ganz normal, und es war immer ein Apfel dabei. Heute bekommen viele Kinder zuhause nicht mal ein Frühstüclk.

    Thomas Faßnacht

    1. @Hr. Zimmermann: Ja, Bananen wachsen auch in Deutschland - im Gewächshaus (z.B. in Franken) oder im Garten (z.B. Sachsen) 2. @Hr. Xanter: *Direkt* kann man aus dem Artikel herauslesen dass es die Regierung versäumt hat / es nicht für nötig empfunden hat die Zulieferer und EMpfänger zeitnah zu informieren. 3: @Hr. Axmacher: Nein, es *muss* nicht Bio sein. Aber durch Aktionen wie das Schulobst liegt in Bayern die Bio-Quote beim Lebensmitteleinkauf der öffentlichen Hand zumindest etwas über einem Prozent... und der Ökoanbau unterstützt schlichtweg eher kleinbäuerliche Strukturen.

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    Peter Zimmermann

    Herr Faßnacht stellen sie sich vor ich weiß, dass auch hier Bananen wachsen nur nicht welche Sorte essbare Früchte trägt sowie den Winter ohne Gewächshaus übersteht. Mir geht es eher darum selbst zu ziehen und die angesprochenen für die Kinder sind garantiert nicht von hier, allein die Menge ist nicht möglich.

    Thomas Faßnacht

    5: @Hr. Keller: Es ist ein EU-Programm von dem auch das vergleichsweise reiche Deutschland/Bayern profitiert. Ziele für das Programm sind "(...) dass wieder mehr Kinder die im Rahmen des Programms geförderten Lebensmittel verzehren. Durch das regelmäßige Angebot soll die Akzeptanz der Kinder für Gemüse, Obst und Milch erhöht und eine Vorliebe für diese Produkte werden. Die begleitenden pädagogischen Maßnahmen " - welche für die Teinahme am Programm verpflichtend sind - "wie Unterrichtseinheiten oder Bauernhofbesuche sollen den Kindern zudem landwirtschaftliche Erzeugung und eine Vielfalt an landwirtschaftlichen Erzeugnissen nahebringen. Darüber hinaus sollen Kinder in diesem Zusammenhang auch auf die Themen gesunde Essgewohnheiten, Vermeidung von Lebensmittelabfällen, lokale Nahrungsmittelproduktionsketten oder ökologischen Landbau aufmerksam gemacht werden." (Quelle: BMEL) Plus: So werden auch Kinder mit gesundem Obst versorgt bei denen die Eltern *schludern" oder das Geld knapp ist

    Martin Goller

    So viele Realitätsverweigerer hier unterwegs. Wäre es besser wenn das gesunde Essen von daheim kommt? Na klar! Tut es aber nicht, und deshalb wird der Staat tätig um das zu unterstützen. Wäre es sinnvoll wenn jeder selbst fürs Alter vorsorgt? Klar! Trotzdem gibt es die gesetzliche Rente. Wäre es schön wenn jeder Rücksicht auf den Nachbarn nimmt? Ja! Trotzdem gibt es Ruhezeiten. Meine Meinung: weg mit dem Kindergeld und das Geld (50 Mrd pro Jahr) komplett in direkte Kinderförderung stecken. Zwei Essen in Schule und Kindergarten, Hefte, Stifte und anderes Material. Ausbau von Ganztagesschule und Hort.

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    Maria Reichenauer

    Ja, Herr Goller, das würde ich auch befürworten. Zusätzlich zur Versorgung mit Mahlzeiten bin ich dafür, geschützte Räume mit Betreuung für Kinder einzurichten, wo sie wirklich noch Kind sein dürfen, wo man auch erkennt, ob es Probleme und Schwachstellen gibt. Viele Kinder haben kein Zuhause, wo Bildung und Miteinander gefördert werden können. Das Kindergeld dafür herzunehmen, dass Kinder begleitet aufwachsen können, das fände ich sinnvoll. Das wäre im weitesten Sinn auch ein Beitrag zur Gewaltprävention. Die Schule kann schließlich nicht alles leisten, und viele Eltern fallen aus unterschiedlichen Gründen ebenfalls aus.

    Martin Dünzl

    Für alle, die es schon wieder vergessen haben (darauf setzt natürlich auch ein Populist wie Söder): Seit dem erfolgreichen Volksbegehren „Rettet die Bienen“ steht im bayerischen Naturschutzgesetz: Bis 2030 sollen 30% der landwirtschaftlichen Fläche im Freistaat ökologisch bewirtschaftet werden....und dazu hat sich die Bayerische Staatsregierung das Ziel gesetzt, im Rahmen des Maßnahmenpakets zum Volksbegehren Artenvielfalt mindestens 50 Prozent regionale und ökologische Lebensmittel in Bayerns staatlichen Kantinen einzusetzen. "Wir unterstützen die bayerische Gemeinschaftsverpflegung darin, mehr regionale und ökologische Produkte in ihr Angebot zu integrieren." - behauptet diese beispielsweise hier: https://www.stmelf.bayern.de/ernaehrung/gem_verpflegung/oekologische-und-regionale-lebensmitteln-in-der/index.html

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