Bürgerinitiative
14.07.2022

Volksbegehren für mehr Klimaschutz in Berlin startet

Berlin hat ehrgeizige Ziele beim Klimaschutz. Doch eine Bürgerinitiative will mehr - und macht nun mit einem Volksbegehren mehr Druck.

In Berlin startet am Freitag ein Volksbegehren für mehr Klimaschutz. Ein aus verschiedenen Initiativen bestehendes Bündnis will auf diesem Wege erreichen, die Stadt bereits bis 2030 und nicht wie bislang vorgesehen bis 2045 klimaneutral zu machen. Dazu soll das Energiewendegesetz des Landes geändert werden.

Die Bürgerinitiative Klimaneustart hatte im Vorjahr bereits rund 40.000 Unterschriften gesammelt, um das Volksbegehren zu beantragen. Da sowohl der Senat als auch das Abgeordnetenhaus das klimapolitische Anliegen als zu ambitioniert ablehnten, folgt nun das eigentliche Begehren mit der zweiten Sammelphase.

Unterschreiben innerhalb von vier Monaten bis Mitte November mindestens sieben Prozent der Wahlberechtigten für das Abgeordnetenhaus auf den Sammellisten, also rund 170.000 Menschen, käme es zu einem Volksentscheid. Der läuft dann wie eine Wahl ab. Die Initiative will dafür mit sogenannten Kiezteams überall in der Stadt Unterschriften sammeln, auch im Rahmen von Veranstaltungen, wie Sprecherin Jessamine Davis am Donnerstag ankündigte.

Die geforderte Klimaneutralität bis 2030 bedeutet, dass dann kaum noch klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) und andere Treibhausgase ausgestoßen werden, etwa durch Verbrennerautos, Kraftwerke oder Industriebetriebe. Dies sei ein fairer Beitrag Berlins, um das im Pariser Klimaschutzabkommen verankerte Ziel zu erreichen, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf 1,5 Grad zu begrenzen, sagte Davis. Berlin werde so auch lebenswerter und sozial gerechter.

Aktuell ist Berliner Energiewendegesetz das Ziel festgeschrieben, die klimaschädlichen CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 70 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken - und bis 2040 um mindestens 90 Prozent sowie spätestens bis 2045 um mindestens 95 Prozent. Dann wäre Klimaneutralität erreicht.

Den Initiatoren des Volksbegehrens reicht das aber nicht aus. Sie wollen deutlich mehr Tempo und mehr Verbindlichkeit bei der Energie- und Verkehrswende. Als konkrete Maßnahmen, um Klimaneutralität bereits 2030 zu erreichen, nannten Bündnisvertreter den rascheren Ausbau erneuerbarer Energien und der Radinfrastruktur oder ein Verbot von Verbrennerautos in der Stadt bis 2030.

Zwar tue sich in Sachen Klimaschutz in Berlin einiges, konstatierte Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und Vertrauensperson des Volksbegehrens. Um den 1,5-Grad-Pfad einzuhalten, sei jedoch ein schnelleres Umsteuern bei der Reduzierung der CO2-Emissionen nötig. "Wer das nicht macht, hat sich vom Pariser Klimaschutzabkommen verschiedet", sagte der Wissenschaftler.

Berlin könne es nicht allein schaffen, bis 2030 klimaneutral zu werden, ergänzte er. Nötig sei eine Energiepartnerschaft mit dem Nachbarn Brandenburg. Gelinge dies, könne Berlin zu einem europaweiten Leuchtturmprojekt werden. Nach Angaben der Initiative German Zero soll Berlin kein Einzelfall bleiben. In rund 80 deutschen Städten gebe es Bestrebungen, rascher klimaneutral zu werden. 25 Städte hätten bereits Klimaaktionspläne erstellt.

Damit laufen in Berlin nun zwei Volksbegehren. Denn bereits seit Mai sammelt eine Initiative Unterschriften für einen Modellversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen. Sie hat nach Angaben eines Sprechers bislang etwa 60.000 zusammen und noch bis 5. September Zeit, die restlichen zu sammeln. In den kommenden Wochen wollen die Initiatoren beider Volksbegehren gemeinsam um Unterstützer werben, wie sie ankündigten.

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