Komplettes Humboldt Forum mit Publikum gestartet
In Deutschlands aktuell wichtigstem Kulturprojekt sind erstmals alle Türen der Ausstellungsbereiche für das Publikum aufgesperrt. Im Humboldt Forum in Berlin sind nun auch die als koloniales Raubgut geltenden Benin-Bronzen zu sehen.
Nach vier Öffnungsschritten in den vergangenen zwei Jahren sind im Berliner Humboldt Forum seit dem Wochenende erstmals alle Ausstellungsbereiche für das Publikum zugänglich. In dem 680 Millionen Euro teuren Projekt hinter der umstrittenen rekonstruierten Schlossfassade werden Exponate aus Asien, Afrika, Amerika, Ozeanien und Berlin gezeigt.
Am Samstag startete ein als "24h offen" angekündigtes Programm mit Festival, Konferenz und Thinktank. Allerdings gab es bei vielen Interessierten am Abend enttäuschte Gesichter, weil die Türen zu den Sammlungen um 22.00 Uhr geschlossen wurden. Als Trost wurde auf eine Führung von Generalintendant Hartmut Dorgerloh zu nächtlicher Stunde verwiesen. Im auch sonst nachts geöffneten Schlüter-Hof lockte ein Open-Air-Club vor allem ein jüngeres Publikum.
Der Eintritt auf den Ausstellungsflächen des rund 40.000 Quadratmeter großen Baus war überall kostenlos, sonst gelten in dem Koloss im Herzen Berlins gegenüber der Museumsinsel unterschiedliche Regelungen. Das Kultur- und Ausstellungszentrum teilen sich die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das Land Berlin, die Humboldt-Universität und die Stiftung Humboldt Forum. Für die Bereiche der staatlichen Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz läuft ein zweijähriges Pilotprojekt mit freiem Eintritt. Der Berlin-Teil und Sonderausstellungen sind kostenpflichtig.
"Der freie Eintritt sorgt dafür, dass sich alle leisten können, Orte wie das Humboldt Forum zu nutzen", sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth der dpa. "Ich würde mir wünschen, dass das so bleibt. Im Humboldt Forum ist eine zusätzliche Herausforderung, dass die verschiedenen Bereiche als ein Gesamtkomplex wahrgenommen werden, unübersichtliche Eintrittspreise helfen da nicht."
Dies ist auch eine Frage der Finanzausstattung, die Dorgerloh gefährdet sieht. Er verwies zur Eröffnung darauf, dass mit einem 14 Millionen Euro umfassenden Programm die Basis geschaffen worden sei für vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Herkunftsgesellschaften, mit denen gemeinsam Ausstellungen kuratiert wurden. Nun sei eine Fortsetzung notwendig. "Wir brauchen eine langfristige finanzielle Garantie", sagte Dorgerloh.
Roth sagte zur Finanzausstattung: "Natürlich müssen wir gucken, wie sieht die Haushaltsplanung für ein Humboldt Forum aus, damit ein gutes Programm gemacht werden kann und nicht Betriebs-, Neben- und Energiekosten die Mittel für die Kulturangebote auffressen." Gleichzeitig wies sie auf die aktuelle Lage hin. "Damit haben alle Museen, alle Einrichtungen jetzt zu kämpfen."
Im aktuell wichtigsten Kulturprojekt Deutschlands sind nun auch die als koloniales Raubgut geltenden Benin-Bronzen zu sehen. Deutschland und Nigeria haben einen Rahmen für Eigentumsübertragungen der 1130 Objekte in rund 20 deutschen Museen vereinbart. Die größte Sammlung des Ethnologischen Museums in Berlin ist bereits übertragen, im Humboldt Forum werden noch etwa 40 Stücke als Leihgaben gezeigt.
Auch bei den anderen bedeutenden Sammlungen von Linden-Museum Stuttgart, Museum am Rothenbaum (Hamburg), Rautenstrauch-Joest-Museum (Köln) und Völkerkundemuseum Dresden/Leipzig wird über Eigentumsübertragungen und Rückgaben gesprochen.
- Infos
- Zur Geschichte des Ortes
- Architektur des Humboldt Forums
- Stadtmuseum zum Humboldt Forum
- Stiftung Preußischer Kulturbesitz zum Humboldt Forum
- Humboldt Labor im Humboldt Forum
(dpa)
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