Facebook-Dienstleister Arvato: Wer hält Facebook "sauber"?
Jeden Tag landen auf Facebook Inhalte, die dort nicht hingehören. In Berlin löschen 600 Menschen unerlaubte Inhalte - oft Grausamkeiten. Ein Bericht gibt nun Einblick in ihre Arbeit.
Bilder von Tierquälerei und sexueller Gewalt, Videos von Hinrichtungen und Kindesmissbrauch, Hassbotschaften und Morddrohungen landen täglich millionenfach in dem sozialen Netzwerk Facebook. Jeder Nutzer kann einen solchen Beitrag melden und erhält wenig später eine Benachrichtigung, ob er gelöscht wurde oder nicht. Aber wer entscheidet eigentlich darüber? Das haben Reporter des SZ-Magazins jetzt öffentlich gemacht.
Die sogenannten „Content-Moderatoren“ sitzen nicht etwa in indischen Callcentern, sondern mitten in Berlin. Der Dienstleister Arvato, übernimmt für Facebook die schmutzige Arbeit. „Sie stellen in Ihrer täglichen Arbeit sicher, dass die Standards im sozialen Netzwerk unseres Auftraggebers eingehalten werden“, so beschreibt Arvato die Arbeit in einer Stellenanzeige. 600 Mitarbeiter hat das Unternehmen in der Hauptstadt. Sie entscheiden mit darüber, was die 1,8 Milliarden Facebook-Nutzer weltweit zu sehen bekommen und was nicht.
Facebook-Moderatoren: Die psychologischer Betreuung fehlt
Hinter der verantwortungsvollen Aufgabe steckt ein grausamer Job. Das SZ-Magazin hat Menschen aus verschiedenen Ländern gefragt, die ihn gemacht haben und immer noch machen. Eigentlich sind sie zur Geheimhaltung verpflichtet. Sie berichten von kaum vorhandener Vorbereitung auf die Aufgabe, ständigem Leistungsdruck und fehlender psychologischer Betreuung.
Viele können die grausamen Bilder, die sie ständig sehen müssen, nicht ertragen. Sie kommen immer wieder hoch, verursachen Albträume bis hin zu Zusammenbrüchen, lassen die Mitarbeiter emotional abstumpfen. Mediziner kennen diese Symptome von posttraumatischer Belastungsstörung, einer Krankheit, an der auch Soldaten nach Kriegseinsätzen häufig leiden.
#InsideFacebook: Facebook nimmt zu vielen Fragen nicht Stellung
Das deutsche Arbeitsrecht fordert in solchen Fällen eigentlich, dass der Arbeitgeber umfassende Betreuung gewährleistet. Das scheint aber nicht der Fall zu sein. Es ist nicht das erste Mal, dass Facebooks Praktiken mit deutschem Recht kollidieren. Erst vor kurzem hatte Justizminister Heiko Maas den US-Konzern wegen seines nach wie vor laxen Umgangs mit Hass-Inhalten kritisiert. Außerdem bemängelte der SPD-Politiker in einem Interview mit dem Medienmagazin „Zapp“ im NDR die anhaltende Intransparenz des Unternehmens. Nach welchen Standards Inhalte gelöscht werden, darum macht Facebook ein Geheimnis. Der Konzern entscheidet so selbst über wichtige Fragen der Meinungsfreiheit.
Zu den meisten Fragen nahm Facebook laut SZ-Magazin keine Stellung. Eines steht aber fest: Die Arbeit muss erledigt werden. Bis Maschinen so weit sind, den Menschen abzulösen, vergeht laut Facebook noch einige Zeit.
Dienstleister Arvato weißt Vorwürfe zurück
Arvato wies die Vorwürfe zurück: Es gebe Betreuungsangebote durch Betriebsärzte, Psychologen und den Betriebssozialdienst, teilte das Unternehmen mit. Zudem sei die Fluktuation in dem kritisierten Bereich gering.
Facebook geht nach Kritik härter gegen erfundene Nachrichten vor
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