Der Verwaltungsrat drängte den zweifachen Familienvater daraufhin zum Rückzug. Hurd legte mit sofortiger Wirkung alle seinen Ämter nieder.
Der anfangs im Raum gestandene Vorwurf der sexuellen Belästigung habe sich allerdings nicht bestätigt, teilte HP ausdrücklich mit. Auf eine Klage habe die Frau verzichtet, sagte Chefjustiziar Michael Holston. Hurd hat sich nach Informationen des "Wall Street Journals" vom Sonntag mit ihr geeinigt. Zumindest firmenseitig fließt demnach kein Geld. Weitere Details blieben unklar.
"Das ist eine schmerzhafte Entscheidung für mich nach fünf Jahren bei HP", sagte Hurd am Freitag in einer Mitteilung, "aber ich glaube, dass es schwierig für mich würde, als Chef bei HP erfolgreich weiterzuarbeiten." Er habe seine und die Prinzipien des Unternehmens verletzt: Vertrauen, Glaubwürdigkeit und gegenseitige Achtung. Der Rücktritt sei die einzige Entscheidung gewesen, die er und der Verwaltungsrat zu dieser Zeit hätten treffen können.
Der Vorwurf der sexuellen Belästigung hatte den Fall vor gut einem Monat ins Rollen gebracht. Ende Juni hatte sich der Anwalt der Frau an das Unternehmen gewandt. Die Vorwürfe stellten sich nach einer Überprüfung zwar als haltlos heraus, doch es kamen andere Ungereimtheiten ans Licht.
Die Frau arbeitete nach Angaben von HP zwei Jahre lang als externe Beraterin im Marketing des Konzerns. Hurd habe eine "enge persönliche Beziehung" zu ihr aufgebaut, sagte Chefjustiziar Holston in einer Telefonkonferenz. Nach außen hin habe er dies verheimlicht. Bei den Ermittlungen seien dann fragwürdige Abrechnungen aufgetaucht.
Nach Informationen der "New York Times" hatte Hurd die Frau mehrfach zu Veranstaltungen im In- und Ausland mitgenommen. Sie sei dafür nicht nur gut bezahlt worden, sondern der 53-Jährige hätte mit ihr auch häufiger auf Firmenkosten zu Abend gegessen, ohne dies später anzugeben. Hurd, so schreibt die Zeitung unter Berufung auf sein Umfeld, habe eine sexuelle Beziehung aber abgestritten. Auch die Anwältin der Frau bestritt sexuelle Kontakte.
Der als kühler Rechner und harter Sanierer bekannte Manager habe es in diesem Fall "deutlich an Urteilsvermögen mangeln lassen", sagte Chefjustiziar Holston. Seine Leistungen als Chef würdigte er dagegen. "Das war eine schmerzhafte Entscheidung für alle Beteiligten, angesichts der starken Führung von Mark in den vergangenen Jahren", kommentierte Verwaltungsratsmitglied und Netscape-Mitgründer Marc Andreessen den Abgang. Hurd bekommt eine Abfindung von 12,2 Millionen Dollar in bar.
Finanzchefin Cathie Lesjak übernimmt für eine Übergangszeit die Unternehmensführung. Sie wolle den Posten aber nicht dauerhaft ausfüllen, sagte sie. Dennoch zählt die HP-Veteranin mit ihren 24 Dienstjahren zu den heißesten Anwärtern. "Wir schauen uns interne und externe Kandidaten an", sagte Verwaltungsratsmitglied Andreessen. Es kursieren bereits Namen von Managern der Technologiekonzerne Microsoft, Cisco, Oracle und Motorola.
Die Börsianer reagierten verunsichert auf die überraschende Nachricht von Hurds Rücktritt, zumal eine erste Firmenmitteilung mehr Fragen aufwarf, als sie Antworten gab. Erst eine nachfolgende Telefonkonferenz brachte etwas Licht ins Dunkel. Die Aktie verlor im nachbörslichen Handel bis zu 10 Prozent an Wert.
Hurd hatte HP ohne größeren Schaden durch die Wirtschaftskrise gesteuert. Er hatte das Unternehmen in seinen fünf Jahren als Chef breiter aufgestellt. Er baute das hochprofitable Servicegeschäft aus und verringerte damit die Abhängigkeit von der margenschwachen Hardware. HP überholte sowohl den Rivalen Dell als größten Computerhersteller als auch IBM als größten IT-Konzern.
Innerhalb des Unternehmens schuf er sich durch seinen rigiden Sparkurs aber nicht nur Freunde. Er habe die Schrauben zu stark angezogen, murren Mitarbeiter. Als eine seiner ersten Amtshandlungen hatte Hurd vor fünf Jahren die Streichung von 14 500 Stellen verkündet - etwa ein Zehntel der damaligen Belegschaft. HP hat durch eigenes Wachstum und diverse milliardenschwere Zukäufe mittlerweile rund 300 000 Mitarbeiter.
Gute vorläufige Zahlen für das gerade abgelaufene dritte Geschäftsquartal und eine Erhöhung der Prognose gingen in dem Trubel unter. Interimschefin Lesjak versuchte vergeblich, die Börsianer zu beruhigen: "Mark war ein starker Kopf, aber er hat die Initiativen am Ende nicht alleine gefahren, es war die ganze Organisation."