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Kommentar: Vorratsdatenspeicherung gekippt: Warum dieses Urteil so wichtig ist

Kommentar

Vorratsdatenspeicherung gekippt: Warum dieses Urteil so wichtig ist

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    Die europäische Vorratsdatenspeicherung ist in ihrer jetzigen Form illegal. Das hat der europäische Gerichtshof entschieden. Und das ist gut und richtig so.
    Die europäische Vorratsdatenspeicherung ist in ihrer jetzigen Form illegal. Das hat der europäische Gerichtshof entschieden. Und das ist gut und richtig so. Foto: Matthias Balk (dpa)

    Die europäische Vorratsdatenspeicherung ist in ihrer jetzigen Form illegal. Das hat der Europäische Gerichtshof heute entschieden. Und das ist gut und richtig so. Jetzt muss die Politik die richtigen Schlüsse daraus ziehen.

    Seit 2006 wurden – und werden - die meisten Bürger Europas von ihren Regierungen unter den Generalverdacht gestellt, möglicherweise Verbrecher zu sein. Deshalb wird ihre gesamte Kommunikation protokolliert und bis zu zwei Jahre lang gespeichert.

    Kein Patient kann bei seinem Arzt anrufen, ohne dass diese Verbindung gespeichert wird. Kein Journalist kann einem Informanten eine Mail schicken, ohne, dass dies nicht irgendwo vermerkt wird. Und wenn sich Freunde SMS-Nachrichten schicken, können staatliche Ermittler auch nach Monaten noch genau nachvollziehen, wo die Handybesitzer in jenem Moment waren.

    Das ist die schöne, neue Überwachungswelt. Sicherheitspolitiker und Ermittlungsbehörden begründen sie damit, dass schwere und schwerste Straftaten oft nur dann aufgeklärt werden können, wenn sie auf Daten aus der Vorratsdatenspeicherung zugreifen können. Das ist in einigen Fällen sicher richtig. Gerade wenn es um Terrorismus, um Betrug im Internet, um Stalking, oder um Identitätsmissbrauch geht, scheitern Ermittlungen bisweilen daran, dass Verbindungsdaten bereits gelöscht sind, wenn sie von den Fahndern dringend benötigen werden.    

    Dieses Problem hat auch der europäische Gerichtshof in seinem Urteil anerkannt. Aber er ist eben auch zum Schluss gekommen, dass beim verständlichen Wunsch nach einem Mehr an Sicherheit die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein muss. Und das ist sie nicht mehr, wenn wir alle unter Generalverdacht gestellt werden. Wenn wir insgeheim immer damit rechnen müssen, dass der Staat über unsere Lebensgewohnheiten, unser Privatleben und unsere sozialen Kontakte bestens Bescheid weiß. Und wenn all diese Daten Monate und Jahre ohne konkreten Anlass gespeichert werden – ohne dass wir eine Kontrolle darüber haben, was mit ihnen geschieht.

    Die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung ist gekippt. Das gibt der Politik die Chance, neu nachzudenken, Sicherheitsbedürfnis und Privatsphäre endlich in eine Balance zu bringen.

    Das maßlose Speichern von Daten ohne Anlass muss ein Ende haben. Stattdessen ist die Aufgabe klar formuliert: Ermittlungsbehörden müssen zwar die Möglichkeiten haben, Verbrecher mit allen nötigen technischen Mitteln zu überführen. Aber unbescholtene Bürger haben auch das Recht zu leben, ohne dass der Staat ihnen ständig nachspioniert.

    Gut, dass der Europäische Gerichtshof das so deutlich klargestellt hat.

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