
Die Wirtin der Bahnhofsgaststätte in Ballmertshofen sagt Ade

Plus 13 Jahre lang hat Brigitte Finck die Bahnhofsgaststätte in Ballmertshofen betrieben. Dass sie den Abschied nicht mit ihren Stammgästen feiern konnte, schmerzt sie. Aber wie geht es nun weiter?
Wenn man mit Brigitte Finck über ihre Zeit als Wirtin der Bahnhofsgaststätte Ballmertshofen spricht, klingt in jedem Satz Zaghaftigkeit mit. Erleichterung oder Wehmut? Freude oder Abschiedstränen? Nach mehr als 13 Jahren in der Gastronomie fällt ihr die Entscheidung schwer. Das Bewirten der Gäste habe ihr immer viel Freude gemacht. „Die haben das alle gemerkt und sind gerne wiedergekommen. Es war einfach eine gute Zeit“, sagt die 69-Jährige. Am Jahresende hat sie ihr Lokal in Ballmertshofen, in das auch Gäste aus dem Landkreis Dillingen gerne eingekehrt sind, nun geschlossen.
„Ich weiß, dass mir die Umstellung schwerfallen wird. Wirtin zu sein, das fehlt mir schon jetzt“, sagt Brigitte Finck. Weitermachen wäre allerdings auch keine Option gewesen. Mangels Mitarbeitern stemmte Finck den laufenden Betrieb nahezu allein. Wer will schon in die Gastronomie, wer will abends und an den Wochenenden arbeiten? Küche, Ausschank, Bedienen – auch wenn die beiden Töchter oder die Nichte manchmal aushalfen, war ihr der Trubel fast zu viel.
Vor anderthalb Jahren beschloss sie deshalb, die Bahnhofsgaststätte zum Verkauf auszuschreiben. Ihren Gästen gab sie derweil ihr Wort, so lange die Stellung in Ballmertshofen zu halten, bis ein Käufer gefunden wäre.
Seit über 100 Jahren gibt es die Bahnhofsgaststätte in Ballmertshofen
Das zweigeschossige Gebäude wurde zusammen mit dem einst gegenüberliegenden Bahnhof der Härtsfeldbahn im Jahr 1906 eröffnet. Von Beginn an diente es Ortsansässigen wie auch Touristen als Einkehrmöglichkeit. 1981 kaufte Bauunternehmer Berthold Finck das Gasthaus und verpachtete es an die Familie Köppen. „Im Jahr 2007 ist dann überraschend die Wirtin gestorben. Ich bin eigentlich gelernte Einzelhandelskauffrau, habe mich damals aber dazu entschlossen, den Betrieb übergangsweise selbst weiterzuführen“, erinnert sich Brigitte Finck zurück.
Von da an verbrachte sie nur noch Montag und Dienstag in Uhingen bei Ulm, wo sie bis heute mit ihrer Familie wohnt. Mittwoch bis Sonntag lebte und arbeitete sie in Ballmertshofen. Besser als erwartet habe das funktioniert, mit kleiner, gutbürgerlicher Speisekarte und zahlreichen Stammgästen. Und so entwickelte sich quasi aus der Not heraus eine Leidenschaft, die die Suche nach einem neuen Pächter bald überflüssig machte.
Zur Bahnhofsgaststätte in Ballmertshofen kamen viele
Die abgeschiedene Lage des Lokals im Landkreis Heidenheim erwies sich dabei als Segen. Von Mittwoch bis Sonntag war durchgehend geöffnet. Stets konnte neben Kleinigkeiten wie Wurstsalat oder Kuchen auch warmes Essen bestellt werden. Viele Berufstätige freuten sich über ein paniertes Schnitzel mit Pommes auch außerhalb der sonst gängigen Küchenzeiten. Zahlreiche Radfahrer und Wanderer, die auf ihrer Tour hier vorbeikamen, schätzten die Einkehrmöglichkeit zwischen Dillingen und Neresheim.
Die Wirtin: „Ab dem Frühjahr strömten die Gäste von allen Seiten zu uns – aus dem Bachtal, von Göppingen oder Aalen und natürlich aus dem gesamten Landkreis Heidenheim. Mir tut es leid, dass es diese Möglichkeit nun erst mal nicht mehr geben wird.“
Nach vielen Monaten des Wartens fanden sich vor etwa zehn Wochen überraschend Käufer für die 400 Quadratmeter Nutzfläche umfassende Immobilie, die Formalitäten sind bereits erledigt. Im Obergeschoss befindet sich eine Wohnung, im Erdgeschoss gibt es zwei Gasträume, der Biergarten bietet Platz für bis zu 70 Personen, ein Spielplatz und ausreichend Parkplätze vor der Tür machten die Bahnhofsgaststätte bisher zu einem beliebten Ziel für Tagestouristen. Ob und in welcher Form die neuen Besitzer den Betrieb weiterführen werden, war am Jahresende noch offen. „Wobei sich das mit der Lage direkt am Radweg wirklich anbietet. Zumindest die Gartenwirtschaft würde ich den Sommer über aufmachen“, rät Brigitte Finck nicht ohne Eigennutz. Man merkt ihr an, dass ihr die Zukunft des Hauses am Herzen liegt. Wie gern würde sie es sehen, wenn hier auch künftig Gäste willkommen wären. Man habe sich deshalb darauf geeinigt, dass die gesamte gastronomische Einrichtung im Haus verbleibt: „So sind die Grundvoraussetzungen für eine Wiedereröffnung schon mal gegeben.“
Nicht mal Tschüss sagen kann sie jetzt
Die 69-Jährige hat die Schlüssel Anfang Januar übergeben. Brigitte Finck sagt, sie bedauere es sehr, dass sie ihren Gästen, mit denen sie sich nach vielen gemeinsamen Jahren freundschaftlich verbunden fühlt, nicht Ade sagen konnte: „Das ist blöd mit Corona. Ich dachte, ich könnte im Dezember meinen Ausstand geben.“ Nun könne sie nicht mal Tschüss sagen, das schmerze sie sehr. Umtriebig, wie sie ihr Leben lang war, hat Brigitte Finck selbstverständlich ein paar Pläne für die Zukunft. Nach dem Verkauf des Gasthauses will sie sich ein paar Wochen Ruhe gönnen. Dann soll das Wohnhaus in Uhingen vom Keller bis zum Dach hergerichtet werden. Sie freut sich außerdem auf deutlich mehr Zeit mit ihren Enkelkindern und überlegt, sich einem Verein anzuschließen. Von Ruhestand hält Brigitte Finck nach so vielen Jahren in der Gastronomie freilich nicht viel. Mann und Tochter betreiben eine kleine Firma, die Kokosöl und Butteröl herstellt: „Ich denke, ich werde da noch ein wenig mit einsteigen.“
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