
Landkreis Dillingen
Corona und Mathematik: Die Macht der Zahlen in unserem Alltag

Der NS-Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer hat sich mit Optimismus beschäftigt und zwei Arten entdeckt. In einer steckt die Kraft der Hoffnung, sagt Pfarrer Friedrich Martin.
Liebe Leserinnen und Leser,
Mathe habe ich in der Schule geliebt. Der Umgang mit Zahlen hatte für mich etwas Spielerisches. Wäre mein Vater Bankier oder an der Börse gewesen, hätte ich schon früh kapiert, dass Zahlen Macht haben.
Wie Zahlen seit Corona unser Leben dominieren
Seit Monaten haben die Zahlen Macht über uns, die Inzidenzzahlen und die der Neuerkrankten. Das ist das Erste, was in den Nachrichten kommt, und das Letzte, was die Handlungsweise der Entscheidungsträger am Ende eines Tages bestimmt: Wann gehen die Zahlen wieder runter? Wann kommen wir unter die 50?

Die Hilfen, die der Staat bereitstellt, sind enorm. Die Verluste, mit denen in vielen Branchen gerechnet wird, sind unglaublich. Und für viele mag die Ausweitung des Lockdowns nicht nur bitter, sondern wirklich existenzbedrohend sein. Zahlen haben eine Macht und mehr denn je, muss der Einzelne genau rechnen können, wie lange er das noch mitmachen kann.
Optimismus ist eine Lebenskraft den Kopf hochzuhalten
Doch womit sollten wir auch rechnen? Ich weiß: Selbst wenn es keinen Anlass zum Hoffen gibt, gibt es doch einen Grund dazu: Da, wo man jede Hoffnung fahren lässt, wird die Welt zur Hölle. Ich will damit in keiner Weise kleinreden, dass Unternehmer und Einzelne in ihrer Existenz bedroht sind.
Doch die Kraft der Hoffnung, mit der wir immer noch rechnen können, steckt nicht im billigen und blinden Optimismus. Dietrich Bonhoeffer (Theologe) unterschied zwischen zwei Arten von Optimismus: „Optimismus ist in seinem Wesen keine Ansicht über die gegenwärtige Situation, sondern er ist eine Lebenskraft, wo andere resignieren, eine Kraft, den Kopf hochzuhalten, wenn alles fehlzuschlagen scheint, eine Kraft, die die Zukunft niemals dem Gegner lässt, sondern sie für sich in Anspruch nimmt. Es gibt gewiss auch einen dummen Optimismus, der verpönt werden muss. Aber der Optimismus als Willen zur Zukunft soll niemand verächtlich machen, auch wenn er hundertmal irrt.“
Die Kraft der Hoffnung verweigert sich dem Zugriff und dem Korsett der Zahlen. Gerade in Zeiten, wo bereits die ersten geimpft sind, darf man die Sprache der Hoffnung und des Glaubens nicht verlernen, auch wenn sie von Seufzern begleitet ist.
Ihr
Friedrich Martin, Pfarrer in Dillingen und Haunsheim
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