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Der AK Schule gegen Rassismus am Sailer-Gymnasium Dillingen kämpft gegen Rechtsextremismus

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„Mensch ist Mensch“: So kämpft ein Wahlkurs am Sailer-Gymnasium Dillingen gegen Rassismus

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    Der Arbeitskreis „Schule ohne Rassismus“ (Hinten, von links) Julian Rößner, Darius Dorneanu, Caio Monschein, Nina Gubisch, Julia Heider, Rebecca Kreuzer, Leni Seiler, (vorne) Sophie Lichtblau und Marie Mayer
    Der Arbeitskreis „Schule ohne Rassismus“ (Hinten, von links) Julian Rößner, Darius Dorneanu, Caio Monschein, Nina Gubisch, Julia Heider, Rebecca Kreuzer, Leni Seiler, (vorne) Sophie Lichtblau und Marie Mayer Foto: Julia Motschmann

    Antisemitische Abimotto-Vorschläge wie in Gießen zeigen, wie schnell sich rechtsextreme Parolen in Schulen einschleichen können. Auch am Sailer-Gymnasium in Dillingen kam das schon vor. Bilder von Hitlergrüßen oder Sätze wie „Juden raus“ und „Ausländer raus“ wurden in Klassenchats geschickt. Schülerinnen und Schüler oder besorgte Eltern hätten Schulleiterin Beate Merkel-Nagy in den vergangenen Jahren immer wieder Nachrichten wie diese gezeigt.

    Bei der Juniorwahl 2023 wurde die AfD zweitstärkste Kraft

    Auch in Diskussionen mit den Kindern und Jugendlichen seien Vorurteile gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund spürbar gewesen. Zu den Landtagswahlen 2023 zeigte sich diese Stimmung in Zahlen. Damals nahmen 186 Jugendliche an der Juniorwahl teil. Für die AfD stimmten 18,3 Prozent. Das machte die Partei zur zweitstärksten Kraft nach der CSU.

    Daraufhin hätten sie als Schule beschlossen, „Demokratieerziehung zur Chefsache zu machen und auf mehreren Schultern zu verteilen“, sagt Merkel-Nagy. Eine Staatsanwältin habe zum Beispiel mit Schülerinnen und Schülern darüber gesprochen, welche rechtlichen Konsequenzen das Teilen von rechtsextremen Inhalten habe.

    Die Fachschaft Politik und Gesellschaft am Sailer entwickelt jedes Schuljahr ein Projekt oder eine Exkursion zum Thema politische Bildung und Demokratieerziehung. Dieses Jahr zähle ein Ausflug zu den Synagogen sowie dem jüdischen Friedhof in Buttenwiesen und Binswangen dazu. Merkel-Nagy findet, man könne dort viel über die jüdische Kultur und Religion lernen.

    Bildung als Schlüssel gegen Rassismus

    In diesem Schuljahr gründete der Lehrer Julian Rößner zudem den Arbeitskreis (AK) „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, den Kinder und Jugendliche freiwillig belegen können. Es sei ihm wichtig, dass das Thema Rassismus neben dem normalen Unterrichtsgeschehen präsent bleibe. Er wolle daran erinnern, dass Rassismus am Sailer keinen Platz habe.

    Aktuell nehmen jeden Dienstag acht Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren an dem Wahlfach teil. Der 17-jährige Caio Monschein ist ein Mitglied. Er findet, die weltweiten Wahlergebnisse zeigten, dass Rassismus ein großes Problem sei. Bildung sei der Schlüssel dagegen, sagt der Schüler.

    „Mensch ist Mensch“

    Auf dem Instagram-Account des Arbeitskreises teilen die Mitglieder unter anderem Inhalte zum „Black History Month“, also dem Monat zu Schwarzer Geschichte, oder zum Tag der Pressefreiheit, erzählt die 13-jährige Sophie Lichtblau. Außerdem hätten sie dieses Jahr ein Videointerview darüber geführt, was man gegen Rassismus tun könne und einen Kunstwettbewerb veranstaltet. Zu dem Motto „Wir sind bunt: Unsere Schule für alle“ haben Schülerinnen und Schüler Bilder einsenden können. Die letzte Aktion war ein Pausenverkauf mit Speisen aus verschiedenen Ländern und Kulturen.

    Wahlkurs-Mitglied Darius Dorneanu steuerte hierfür rumänisches Börek bei. Er glaubt, der AK könne etwas verändern, wenn die Jugendlichen damit weitermachten. Er habe bereits erlebt, dass ein Freund ihn von rassistischen Theorien überzeugen wollte. Für ihn sei jedoch klar gewesen, dass alle das gleiche Blut hätten. „Mensch ist Mensch“, sagt der 18-Jährige.

    Eines der Bilder, die zum Kunstwettbewerb des AKs eingesendet wurden.
    Eines der Bilder, die zum Kunstwettbewerb des AKs eingesendet wurden. Foto: Julia Motschmann

    „Was nutzt es mir, wenn ich hier einen 1,0er-Schüler rauslasse, der Demokratie nicht versteht?“

    Auch jüngere Arbeitskreis-Teilnehmende kamen bereits mit Rassismus in Kontakt. Die 14-jährige Rebecca Kreuzer erzählt, dass ein Junge in ihrem Religionsunterricht eine Mitschülerin rassistisch beleidigt hätte. „Es sind nicht nur die Wahlergebnisse“, sagt Merkel-Nagy. Die Schülerinnen und Schüler, die noch nicht mitwählen, machten ihr Sorgen. Auf Social-Media-Plattformen wie TikTok nähmen einige Kinder und Jugendliche unkritisch die Inhalte von rechtsextremistischen Parteien auf. Rassistische und antisemitische Symbole oder Sprache würden bei jungen Kindern „hoffähig“ gemacht. Diese verstünden teilweise noch gar nicht, „welche schrecklichen Dinge in unserer Geschichte“ dahintersteckten. „Auf hinterhältige Art und Weise wird die Unbedarftheit der Kinder ausgenutzt.“

    Durch den AK habe sich die Aufmerksamkeit für das Thema verändert, sagt Rebecca. Caio findet, der Wahlkurs setze ein Zeichen. Rechtsextreme Einstellungen würden in der Gesellschaft immer akzeptierter. „Es wird immer mehr zu einem Witz gemacht.“ Deshalb sei es ihm wichtig, etwas dagegen zu sagen und „Konter“ zu zeigen. „In dieser Weltlage müssen wir handeln“, sagt Merkel-Nagy. „Was nutzt es mir, wenn ich hier einen 1,0er-Schüler rauslasse, der Demokratie nicht versteht?“

    Kinder und Jugendliche machten bei Aktionen des Arbeitskreises mit oder engagierten sich freiwillig im AK. Das zeigt laut Merkel-Nagy, dass sich in den vergangenen Jahren etwas bei den Schülerinnen und Schülern getan hat. Als 2025 zur Bundestagswahl wieder eine Juniorwahl anstand, erhielt die AfD mit der Erststimme nur noch 11,6 und mit der Zweitstimme 10,8 Prozent. Damit ist sie die dritt- beziehungsweise viertstärkste Kraft am Sailer-Gymnasium.

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    1 Kommentar
    Jens Wagner

    Super. Die Realität wird auch hier bei vermutlich jedem einzelnen Schüler früher oder später nicht halt machen.

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