Von der Primiz des Höchstädters Alois Zeller an jenem 13. Juli 1975 schwärmen Zeitzeugen noch immer. Auf dem ganzen Schulgelände standen damals bei brütender Hitze tausende Menschen. Unsere Zeitung berichtete, dass 7000 Menschen bei der ersten Messfeier, die Zeller zelebrierte, dabei gewesen sein sollen. Der Höchstädter zweifelt selbst ein wenig an dieser biblischen Zahl. „Aber ich hatte 10.000 Primizbildchen, und da war hinterher nur noch ein Häuflein da“, sagt der katholische Seelsorger. Nach Zeller wurde bisher kein Theologe aus der Höchstädter Kernstadt mehr zum Priester geweiht. An diesem Sonntag, 29. Juni, um 10 Uhr feiert der 75-Jährige in der Höchstädter Stadtpfarrkirche nun sein Goldenes Priesterjubiläum.
Dabei wollte Alois Zeller ursprünglich gar nicht Pfarrer werden. Der begabte Höchstädter besucht zwar das Gymnasium in Dillingen und ist in den bischöflichen Internaten St. Stanislaus und St. Ulrich untergebracht. Als ein Seminarist ihn aber anspricht, dass er bestimmt Pfarrer werde, sagt der Jugendliche: „Pfarrer werde ich sicher nicht, ich werde Eisenbahner.“ Das ist der Beruf seines Vaters. Die Dinge entwickeln sich aber anders. Alois Zeller macht 1969 Abitur und studiert zunächst an der damaligen Hochschule in Dillingen Theologie. „Da wurde mir klar, dass das der richtige Weg für mich ist“, sagt der 75-Jährige im Rückblick.
Er hat die Aufbruchstimmung nach dem Konzil erlebt
Alois Zeller hat am Anfang Hoch-Zeiten erlebt, als die Kirchen angesichts der Aufbruchstimmung des Zweiten Vatikanischen Konzils noch gut besucht waren. Und er bekommt die ganze Bandbreite des priesterlichen Wirkens mit. Von der reinen Seelsorge und Jugendarbeit in Marktoberdorf bis zu seinem Wirken als Präses (geistlicher Leiter) des Kolping-Diözesanverbands Augsburg, das Reisen bis nach Indien und Südafrika zur Folge hat. Bischof Josef Stimpfle, der Zeller zum Priester geweiht hat, macht den Höchstädter 1987 zum Gundelfinger Stadtpfarrer (bis 1999). In dieser Zeit leitet Zeller auch sechs Jahre lang das Dekanat Dillingen. Als er danach Stadtpfarrer in St. Nikolaus in Immenstadt wird, trauern viele Gundelfinger Pfarreimitglieder über den Weggang des beliebten Seelsorgers.
„Wer Menschen gewinnen will, muss sein Herz zum Pfand geben“
Als Kolping-Diözesanpräses (2004 bis 2019) muss Zeller mitunter die Belastungsgrenze überschreiten, die Anforderungen seien „gewaltig“ gewesen. Mehr als 40.000 Kilometer legt er jährlich mit dem Auto zurück, obwohl er auch viel mit der Bahn reist. Der Augsburger Diözesanverband unterstützt auch das Kolpingwerk in Südafrika, Indien und Ungarn. „Ich habe die Internationalität der Weltkirche erfahren“, sagt Zeller und nennt ein Wort des Pfarrers Adolph Kolping: „Wer Menschen gewinnen will, muss sein Herz zum Pfand geben.“
Alois Zeller lamentiert nicht über den gesellschaftlichen Bedeutungsverlust der Kirche. Der Seelsorger ist überzeugt davon, dass die Kirche Zukunft hat. Der Glaube an Gott könne den Menschen Halt geben. „Ein Verschwinden der Kirche wäre ein großer Verlust für die Gesellschaft“, sagt Zeller. Dazu werde es aber nicht kommen. Der Theologe erinnert an die Zeiten der Reformation und Säkularisation, als die katholische Kirche am Ende schien. Sie sei aber immer wieder neu erblüht.
Der Glaube biete Antworten auf die Grundfragen der Menschen. Seinen Dienst aufzugeben, daran habe er in den vergangenen 50 Jahren nie gedacht, sagt Zeller. Natürlich habe es immer wieder auch Tiefschläge und Prüfungen gegeben. Der Priester erinnert sich an seine Kaplanzeit in Manching, als ein junger Mensch bei einem Verkehrsunfall getötet wurde. „Es war so schrecklich, ich wusste nicht, was ich sagen sollte“, so Zeller. Heute weiß der Höchstädter, dass diese Sprachlosigkeit kein Versagen ist. „Es geht darum, einfach da zu sein für die Menschen, Verständnis zu haben, vielleicht einen Rat zu geben und auf den Glauben an Jesus Christus zu verweisen.“ So versteht Zeller seine Aufgabe als Seelsorger.
Zeller führte bereits etwa 175 Mal Besuchergruppen in Rom
Ein eigenes Kapitel ist die Beziehung des 75-Jährigen zu der Ewigen Stadt Rom. Als Theologie-Student hat Zeller dort 1970 erstmals eine Führung gegeben. Inzwischen war er schätzungsweise 175 Mal mit Besuchergruppen in Rom. Johannes Paul II. gewährte ihm einst eine private Privataudienz, und Zeller lud den Papst zu einer Bergwanderung in die Allgäuer Alpen ein, die der Pontifex freilich nicht wahrnehmen konnte. Den neuen Papst Leo XIV. hat der Höchstädter, der in Augsburg lebt, noch nicht in Rom gesehen. „Und im Juli, wenn ich das nächste Mal in Rom bin, wird es keine Audienz auf dem Petersplatz geben.“
Nach einem halben Jahrhundert seines Wirkens als Priester will Zeller am Sonntag mit allen, die sich ihm verbunden fühlen, feiern. „Ich empfinde eine tiefe Dankbarkeit“, sagt der Höchstädter. Eine zweite Messfeier gibt es am Samstag, 12. Juli, um 10 Uhr im Hof des Kolpinghauses Augsburg. Seinen Primizspruch hatte Zeller, der auch im Ruhestand immer wieder in Höchstädt als Pfarrer aushilft, aus dem Römerbrief des Apostels Paulus gewählt. „Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und mit allem Frieden im Glauben, damit ihr reich werdet an Hoffnung in der Kraft des Heiligen Geistes“, heißt es dort. Zeller will auch künftig „mit den Menschen unterwegs sein, Mut machen und Hoffnung geben für das Leben“.
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