Die stadteigene Kläranlage beschäftigt Gundelfingen seit fast zehn Jahren – besonders die jetzt anstehende Sanierung, bei der auf einen Schlag die halbe Anlage umgebaut und um besseren Hochwasserschutz erweitert werden soll. Finanziert wird das Vorhaben durch einen Mix aus höheren Abwassergebühren und sogenannten Verbesserungsbeiträgen – einer Einmalzahlung, welche die Stadt erheben wird. Denn das dafür notwendige Geld, die Kostenberechnung geht von rund 23 Millionen Euro aus, darf per Gesetz nicht aus dem Vermögen der Stadt genommen werden, sondern muss von den Nutzerinnen und Nutzern bezahlt werden. Das stellt besonders die Gundelfinger vor eine finanzielle Herausforderung, die Grundstücke und damit auch meist Häuser im Stadtgebiet, also auch in Echenbrunn und Peterswörth, besitzen.
Erste Beschlüsse seien im Stadtrat bereits 2017 gefasst worden, erklärt Bürgermeister Dieter Nägele bei einer Informationsveranstaltung zum Thema am Montagabend in der Brenzhalle. Damals noch von seinem Vor-Vorgänger. Mittlerweile steht die Planung, im Herbst sollen die Arbeiten am neuen Hochwasserschutz begonnen werden. Allerhöchste Zeit, denn die wasserrechtliche Erlaubnis für die Kläranlage ist laut dem Rathauschef bereits ausgelaufen. Ein vom Landratsamt genehmigter Übergangsbescheid gibt der Stadt bis 2027 Zeit. In Anbetracht der geplanten Bauzeit von vier bis fünf Jahren zu wenig. Nägele ist aber zuversichtlich, dass durch den Baubeginn in diesem Jahr noch eine weitere kurze Schonfrist gewährt werden könnte.
Gundelfinger Kläranlage muss modernisiert werden
Die Gundelfinger Kläranlage ist technisch veraltet, erklärt der Bürgermeister, einige Teile hätten bereits das Ende ihrer Lebensdauer erreicht. Zudem könnten im jetzigen Zustand die neuen Richtlinien für die Wasserklärung nicht mehr eingehalten werden. Deshalb muss die Klärung auf den modernen Stand gebracht werden. Alternativen, etwa der Anschluss an die Donaustadtwerke Dillingen-Lauingen, wurden geprüft, berichtet Nägele. Doch allein die Verlegung eines Anschlusses durch den Auwald würde die Stadt mindestens zehn Millionen Euro kosten. Zusammen mit anderen Faktoren, wie dem Bau einer neuen Vorklärung, die trotzdem benötigt würde, sei das nicht wirtschaftlicher als die Ertüchtigung der eigenen Kläranlage. Zu diesem Ergebnis kam der Bayerische Kommunale Prüfverband (BKPV) bereits 2019. Eine erneute Überprüfung im Jahr 2024, nachdem die neue Kostenberechnung vorgelegen war, änderte nichts an der Einschätzung. „Die Ertüchtigung unserer Kläranlage ist alternativlos“, so Nägele.
Um rechtssicher zu ermitteln, wie hoch die Verbesserungsbeiträge ausfallen werden, müssen die Geschoss- und Grundstücksflächen ermittelt werden. Dafür hat die Stadt das Planungsbüro Wipfler aus Pfaffenhofen an der Ilm angeheuert. Wie genau dieses sogenannte „Aufmaß“ ablaufen soll, erklärt Mitarbeiterin Anita Lechner. Bei der Berechnung gibt es Unterschiede zwischen Gebieten mit Bebauungsplan, dem Innenbereich und dem Außenbereich. Für die genaue Feststellung der Flächen kommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pfaffenhofener Planungsbüros unangekündigt zu den Gundelfingerinnen und Gundelfingern nach Hause, erklärt Lechner. Um Betrügern vorzubeugen, erhalten diese einen Ausweis mit Bild von der Stadt. Wer nicht anwesend ist, erhält einen blauen Zettel mit einem QR-Code, um einen Termin zu vereinbaren. Sie bittet die Bürgerinnen und Bürger, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Zutritt zum Grundstück und gegebenenfalls auch zur Wohnung und dem Wohnhaus zu gestatten. Idealerweise sollten die Eigentümerinnen und Eigentümer ihrer Aussage nach mit Bauplänen zur Hand dabei sein. Sollte ein Aufmaßtermin nicht möglich sein, wird die Fläche von außen geschätzt.
Zahlreiche Gundelfinger Bürger stellen Fragen
Zum Schluss haben die betroffenen Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, Fragen zum Thema zu stellen. Die ergreifen zahlreiche der Gäste in der etwa zur Hälfte gefüllten Brenzhalle, die lieber vor Ort als per Onlineübertragung dabei waren. Christian Seitzberger will wissen: „Was ist schiefgelaufen, dass die Kosten so aus dem Ruder geraten sind?“ Rathauschef Nägele antwortet ihm, dass bei der ersten Kostenschätzung Aspekte gefehlt hatten, welche in der aktuellen Kostenberechnung berücksichtigt wurden. Zudem seien die Baukosten in den vergangenen fünf Jahren stark angestiegen. Auch die Ermittlung der Geschossflächen kritisiert der Bürger: „Das ist ein riesengroßer Aufwand.“ Walter Lenzer möchte wissen, warum nicht die Baupläne herangezogen würden. Der Bürgermeister entgegnet: „Da kommen wir nicht umhin.“ Denn seit dem Bau der Häuser habe sich einiges verändern können. Lechner vom Planungsbüro Wipfler erklärte zuvor, dass auch etwa alte Hallen, Keller und Dachböden auf dem Grundstück begutachtet würden. Drohnenbilder als Alternative seien aufgrund des Datenschutzes nicht zulässig.
Elena Scheffler will wissen, warum die Anlage mit einer Kapazität von 25.000 Einwohnergleichwerten (EGW) ausgelegt wird, wenn nur rund 8000 Menschen in der Stadt leben: „Woher kommt der Rest?“ Auch den Gundelfinger Andreas Geßler beschäftigt diese Frage. Er merkt an, dass die Anlage beim Neubau im Jahr 1966 lediglich für 8000 EGW ausgelegt war. Die Anlage sei bereits jetzt für dieselbe Zahl ausgelegt, entgegnet ihm der Gundelfinger Tiefbauamtsleiter Harald Pröbstle. Denn die Anlage wurde in den 1980ern und Anfang der 2000er Jahre erweitert.
Gundelfinger Industrie und Gewerbe tragen ihren Kostenanteil bei
Auch Industrie und Gewerbe tragen zur Auslastung bei, erklärt Rathauschef Nägele – „und werden wirklich angemessen an den Kosten beteiligt“. Denn auch dort gelten die Grundstücks- und Geschossflächen für die Berechnung. Andreas Kottmair vom Planungsbüro Steinbacher Consult ergänzt, dass es sich dabei nicht um theoretische, sondern praktisch gemessene Werte handle: „Das sind die erfassten Daten der vergangenen Jahre.“ Die lagen laut dem Planer immer zwischen 17.000 und 23.000. „Da sind die 2000 EWG Reserve gar nicht so viel.“ Zudem müssten auch Belastungsspitzen kurzzeitig aufgefangen werden können.
Der Gundelfinger Bürger Michael Hofmann bittet darum, gerade beim Hochwasserschutz die Optik nicht zu berücksichtigen. Zudem stellt er die Frage, wie hoch das Risiko für eine weitere Kostensteigerung sei. Bürgermeister Nägele betont: „Wir bauen alles so zweckmäßig wie möglich.“ Kottmair von Steinbacher Consult erklärt: „Eine echte Risikobewertung für die Baukosten kann man nicht machen.“ Da bald mit dem Bau begonnen werden soll, sei die Wahrscheinlichkeit für gravierend höhere Baukosten aber geringer, als wenn länger gewartet würde.
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