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Prozess gegen PV-Anlagen-Betrüger beginnt erneut: Angeklagter endlich vor Gericht

Landkreis Dillingen/Augsburg

Beim dritten Anlauf soll es klappen: Verfahren wegen PV-Anlagen-Betrugs startet erneut

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    Containerweise Photovoltaikmodule hatte ein Unternehmer aus dem Landkreis Dillingen seinen Kunden versprochen. Doch die Ware kam nie an. Jetzt steht er vor Gericht.
    Containerweise Photovoltaikmodule hatte ein Unternehmer aus dem Landkreis Dillingen seinen Kunden versprochen. Doch die Ware kam nie an. Jetzt steht er vor Gericht. Foto: Alexander Kaya (Archivbild)

    Nun sitzen sie wieder hier. Zwei Richterinnen, zwei Schöffen, die Staatsanwältin, der Rechtsanwalt, ein Gutachter, die Rechtspflegerin. Alle sind sie da, zum nunmehr dritten Anlauf, um den Prozess gegen einen – ehemaligen – Firmeninhaber aus dem Landkreis Dillingen endlich zu Ende zu bringen. Die ersten beiden Anläufe waren gescheitert, weil sich der Angeklagte wenig kooperativ gezeigt hatte. Beim ersten Mal war er gar nicht erst vor dem Landgericht erschienen, beim zweiten Mal konnte der Prozess nicht abgeschlossen werden, weil der 58-Jährige zur Urteilsverkündung nicht auftauchte. Diesmal aber hat er keine andere Wahl, als sich dem Gericht zu stellen. Denn diesmal kommt er in Begleitung von zwei Männern in Blau.

    Nachdem der 58-jährige Gas-Wasser-Installateur die Justiz nämlich zwei Mal vorgeführt hatte, erließ das Augsburger Landgericht Haftbefehl gegen den Mann. Seit April ist seine neue Anschrift nicht mehr im Landkreis Dillingen, sondern die JVA Gablingen. Der Vorteil: Jetzt hat er Beamte, die dafür sorgen, dass er keinen Termin mehr verpasst.

    Der Angeklagte versprach seinen Kunden containerweise PV-Module

    Als es am Donnerstag vor der siebten Strafkammer des Landgerichts wieder von vorne losgeht, wird der Mann in Fußfesseln von zwei Justizbeamten vorgeführt, die ihn nicht aus den Augen lassen. Ihm wird vorgeworfen, zwei Elektrofirmen um insgesamt fast 540.000 Euro betrogen zu haben. Der 58-Jährige soll ihnen containerweise Photovoltaik-Module versprochen haben. Das Geld dafür hat er erhalten, seine „Kunden“ aber keine Ware.

    Weil der Prozess neu starten muss, hört das Gericht am Donnerstag viele Aussagen zum zweiten oder dritten Mal an. Beginnend beim Angeklagten selbst. Der hatte beim letzten Mal zunächst alle Vorwürfe bestritten, dann aber eingelenkt und alles zugegeben. Diesmal fährt er eine andere Strategie: Über seinen Pflichtverteidiger Klaus Rödl räumt er gleich alle Vorwürfe ein. Finanziell sei es in der Zeit etwas schwierig gewesen, sagt sein Verteidiger. Er tastet zunächst die Chancen auf einen Deal mit der Staatsanwaltschaft und dem Gericht ab. Das sieht zunächst auch vielversprechend aus, scheitert schließlich aber am 58-Jährigen selbst, der verkünden lässt, dass er sich auch ohne schriftlichen Deal „voll und ganz in die Hände des Gerichts gibt“ – so formuliert es Rödl.

    Eines seiner Opfer stand kurz vor dem finanziellen Ruin

    Ausschweifende Zeugenaussagen gibt es an diesem Tag nicht, man kennt sich ja inzwischen und weiß eigentlich alles. Da ist der Geschäftsführer einer kleinen Elektrofirma aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, der schildert, dass er den Kontakt zum Angeklagten über einen Dritten erhalten habe. „Zur damaligen Zeit war es schwer, an Solarmodule zu kommen“, erzählt er über die Vorfälle 2022. Dieser Dritte habe ihn geradezu gedrängt, beim Angeklagten zu bestellen. Also tat er das. 100 Prozent Vorkasse seien in der Branche normal. Also bezahlte er. Die ersten Bestellungen wurden geliefert. Also bestellte er weiter. Bis dann plötzlich nichts mehr ankam. Die Betrugsmasche des Angeklagten habe seinen Ruf bei Kundinnen und Kunden zerstört. Für sein Unternehmen sah es wegen des verlorenen Gelds zwischenzeitlich nicht gut aus. „Alles, was man sich aufgebaut hat, stand kurz vor dem K. o.“ Und er sagt: „Das Bitterste ist für mich bei dieser Beweislage, dass mit meinem Geld einen Tag später ein Porsche gekauft wurde.“ Allein dem kleinen Unternehmen entstanden 386.000 Euro Schaden. Nur der Nachsicht der Banken sei es zu verdanken, dass er überhaupt weitermachen konnte, sagt der Chef.

    Auch die Geschäftsführer einer anderen, größeren Firma aus Nürnberg sagen aus. Einer von ihnen, sichtlich genervt, meint irgendwann nur noch: „Sperren Sie ihn einfach ein.“ So etwas habe er noch nie erlebt. Für ihr Unternehmen sei der Schaden nicht existenzgefährdend gewesen, sagt der Co-Geschäftsführer.

    Der ältlich wirkende Angeklagte selbst äußert sich während der Verhandlung so gut wie gar nicht. Er schaut den Zeugen ins Gesicht, macht sich hin und wieder Notizen, antwortet auf Fragen des Gerichts nur einsilbig oder mit Schulterzucken. Zu Beginn der Verhandlung hatte der Sachverständige Prof. Dr. Albrecht Stein zunächst seine Verhandlungsfähigkeit bestätigt. Der 58-Jährige klage seit Längerem über Nierenprobleme. Er bekomme Schmerzmittel. Ein Ultraschall habe keine Nierensteine gezeigt, zur Vorsicht veranlasst das Gericht aber, dass der Mann bald zu einem Urologen darf.

    So endet dieser dritte erste Verhandlungstag nach einigen Stunden. Kommende Woche, kündigt die Vorsitzende Richterin Cornelia Seidl an, könnte bereits ein Urteil fallen. Diesmal wirklich.

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