
Powerfrau in einer Männer-Domäne

Plus Sport-Porträt: Irene Rieder hat bei den Lutzinger Fußballern in vielen Bereichen die „Hosen“ an. Die Jugendleiterin trainiert zwei Nachwuchsteams und führt den Förderverein. Sie spielt außerdem Theater und sitzt seit Mai im Gemeinderat-
An manchen Wochenenden verbringt sie an die 15 Stunden auf der schmucken Sportanlage der SG Lutzingen. Und geht es dann endlich nach Hause, macht sie sich oft noch Gedanken über die nächsten Aufgaben und Termine in ihrem Verein. Keine Frage, Irene Rieder ist in der Männer-Domäne Fußball längst zur Powerfrau bei der SG Lutzingen avanciert. Als Gesamt-Jugendleiterin sowie Trainerin bei der G- und F-Jugend ist sie vor allem beim Nachwuchs ganz nah dran. Aber auch das Geschehen bei den erwachsenen Kickern verfolgt sie als Zuschauerin mit großem Interesse.
Keine "Gefahr" für die Herren
Auf die Frage, ob sie es sich zutrauen würde, eines Tages gar die erste Mannschaft zu trainieren, winkt die 52-Jährige sofort lächelnd ab: „Bei mir hört es mit der Trainingskompetenz bei der F-Jugend auf“, weiß Irene Rieder ihre Fähigkeiten als Übungsleiterin durchaus einschätzen. Somit müssen die A-Klassenkicker unterhalb der Goldbergalm also nicht „befürchten“, dass es ihnen eines Tages so ergeht wie derzeit dem Viertligisten Sportfreunde Lotte: Dort gibt tatsächlich mit Imke Wübbenhorst eine Frau seit wenigen Monaten auf der Trainerbank die Kommandos. Doch ganz allgemein glaubt Irene Rieder, dass die Männer in Sachen Fußball einfach etwas mehr Ahnung haben als das weibliche Geschlecht.
Voll des Lobes über die Aktivitäten der Mutter eines 16-jährigen Sohnes ist der Erste Vorsitzende der SG Lutzingen: „Sie macht fast alles – Irene ist einfach genial“, schwärmt Peter Hitzler. Nicht nur die Kinder und die Jugendlichen schätzen die Arbeit der Kundenberaterin einer regionalen Bank, auch die Eltern der Spieler sowie die Akteure der ersten und zweiten Mannschaft wissen, was Irene Rieder für den Verein und speziell für die Fußballer leistet. So organisiert sie für die Großen jedes Jahr unter anderem Skifahrten, einen Faschingsball, die Saisonabschlussfeier sowie eine gemeinsame Weihnachtsfeier für die Jugend und die Senioren. Und stehen auf dem Vereinsgelände Reparaturarbeiten an, läuft ebenfalls nichts ohne die 52-Jährige. Aktuell muss die Tribüne saniert werden. Irene Rieder organisiert die ehrenamtlichen Helfer, und fast alle packen mit an. Selbst sieht sich die Lutzingerin Lutzingerin jemand, der gerne und gut organisiert. „Das liegt mir einfach“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Wichtig ist ihr dabei vor allem, die Leute im Verein zu motivieren und Begeisterung auszulösen. Dies gelingt ihr nun schon seit neun Jahren. Stolz ist die Jugendleiterin vor allem darauf, dass auch junge Mitglieder immer wieder mithelfen. „In einem funktionierenden Vereinsleben ist jede Generation unverzichtbar“, ist Irene Rieder überzeugt.
Der Nachwuchs liegt ihr am Herzen
Am meisten sind ihr die Nachwuchsspieler ans Herz gewachsen. Bei den Bambini der G-Jugend und bei der F-Jugend steht sie bei jedem Training als Chefin selbst auf dem Platz und macht vor, welche Übungen zu absolvieren sind. Und wenn Spiele anstehen, dann dirigiert sie von der Außenlinie. Eltern, die während einer Begegnung versuchen, ihren Sprösslingen beim Anfeuern zusätzlich taktische Anweisungen zu geben, denen macht sie sofort klar, dass dies nicht geht. „Denen sage ich dann, dass sie das nur machen dürfen, wenn sie den Job als Trainer übernehmen.“.
Irene Rieders Umgang mit all den Talenten bezieht sich nicht nur auf Trainingsübungen und Spiele, sie organisiert und führt mit Unterstützung der Eltern gemeinsame Ausflüge in eine Westernstadt, in den Kletterpark, ins Kino, ins Schwimmbad oder zum Fußballgolf durch. Auch Wanderungen in der Umgebung Lutzingens gehören dazu. Und natürlich auch Stadionbesuche. So durften Kinder der SGL schon mit den Profis des FC Augsburg, FC Heidenheim und FC Ingolstadt gemeinsam einlaufen.
Auch ein jährlicher Trainer-Ausflug gehört zum Programm der Lutzinger Jugendabteilung. Als im Coronavirus-Shutdown an Fußball und Training nicht zu denken war, animierte Irene Rieder die Buben und Mädchen mit viel Erfolg, Vogelhäuser zu basteln und ein Malbuch zu fertigen. Formelle Dinge wie Mitgliedsanträge verteilen, Passanträge zu stellen oder die Schlüsselverwaltung zu organisieren, gehören ebenfalls zu Rieders Tätigkeiten.
Mutter und Trainerin
Viel Verständnis für ihr Engagement habe ihr Lebenspartner und natürlich Sohnemann Lukas. Er, so Irene Rieder, sei einfach ein begeisterter Fußballer. Als er im Kindesalter angefangen habe, dem runden Leder nachzujagen, sei sie als Mutter immer dabei gewesen und dann relativ schnell als Betreuerin/Trainerin engagiert worden. Als ob all die Arbeit im Hauptverein nicht schon genug wäre, führt Irene Rieder als Vorsitzende auch noch den Förderverein der SG Lutzingen. Vor wenigen Tagen wurde sie bei den Neuwahlen in ihrem Amt bestätigt. Außerdem gehört sie der örtlichen Sommer-Theatergruppe an. Am vergangenen Freitag gab es mit dem Stück „Tschitscheringrün“ die Premiere, weitere Aufführung folgen noch am 22. und 23. August, jeweils ab 19.30 Uhr.
Mitgestalten und mitreden kann Irene Rieder seit 1. Mai dieses Jahres auch in der Kommunalpolitik. Sie wurde gleich bei ihrer ersten Kandidatur in den Lutzinger Gemeinderat gewählt. Zum Glück tagt das Gremium nicht an den Wochenenden. Sonst gäbe es wohl terminliche Probleme, bei mitunter 15 Stunden Aufenthalt für die Powerfrau. Lediglich Corona hat zuletzt dafür gesorgt, dass es von Freitagabend bis Sonntagnachmittag auf den Fußballplätzen in Lutzingen und Umgebung etwas ruhiger geworden ist.
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