"Kraus Hugo war der erste Vorsitzende, dann kam ich." Daran, und an die Aufbruchstimmung erinnert sich Karl Hurler noch gut. Dokumentiert sei aus den Zeiten wenig, sagt der 75-jährige Gärtnermeister. "Dafür hatten wir keine Zeit." An Zeit mangelt es den Mitgliedern der Wertinger Wirtschaftsvereinigung auch heute noch. Dennoch stehen sie zusammen und feiern jetzt gemeinsam mit der Stadt ihr 50-jähriges Bestehen. Für die Menschen der Zusamstadt und Umgebung gibt es zum Jubiläum erstmals eine Wertinger Broschüre – nach dem Vorbild Buttenwiesens und doch "noch viel schöner", wie der heutige Vorsitzende Hans Moraw mit einem blinzelnden Auge bemerkt.
Eine knallbunte Broschüre der Wertinger Unternehmer
"Experten in Wertingen" steht in weißen Lettern auf knallbuntem Hintergrund auf dem kleinen Heftchen. Darin stellen sich knapp 30 Wertinger Unternehmen in ansprechender Weise vor. In deren Geschäften wird die Broschüre auch ausliegen.
Doch zurück zu den Anfängen. Von den sieben Gründungsmitgliedern des Jahres 1974 lebt einzig noch Siegfried Denzel. Dazu kamen bald weitere Mitglieder, irgendwann auch Karl Hurler, der 1980 den Vorsitz von Hugo Kraus übernimmt und acht Jahre später an Peter Schneider weitergibt. Alle drei fungierten ebenso als Stadträte, setzten sich parallel auf politischem und wirtschaftlichem Weg für Wertingen ein, initiierten einen Christkindlemarkt, Jahrmärkte und das Stadtfest. Und sie diskutierten heiß über die Ansiedlung eines ersten Supermarktes – den Südmarkt in der Äußeren Kanalstraße. "Ich als junger Hupfer war dagegen", erzählt Karl Hurler. Er befürchtete "zu starke Konkurrenz für Frau Wanka mit ihrem neuen kleinen Lebensmittelladen" gleich neben seinem eigenen Blumen- und Gemüseladen am Beginn der Augsburger Straße.
Ein Fokus liegt auf einer lebendigen Wertinger Innenstadt
Heute, 50 Jahre später, liegt ein Fokus der Wertinger Wirtschaftsvereinigung weiterhin auf dem Beibehalten einer lebendigen Innenstadt. Auch wenn sich einige Einzelhändler mittlerweile in Außenbereichen angesiedelt haben. So wie der Getränkehändler Hans Moraw, der seit acht Jahren die Wertinger Organisation anführt und den Vorsitz von Michael Buhl – davor war von 2003 bis 2009 noch Simon Zillober an der Spitze – übernommen hat. "Ich bin in große Fußstapfen getreten", sagt Moraw, "habe es nie bereut und bin sehr motiviert." Motiviert, neue Mitglieder aufzunehmen und denen, die da sind, etwas zu bieten. "Es bringt auf jeden Fall Vorteile für die Geschäftsleute, bei uns Mitglied zu sein." Dabei erinnert Moraw an die Zeiten von Corona, als es darum ging, "die Kunden bei Laune zu halten". Mit "Click and Collect" – bestellen übers Internet und Abholen vor Ort – warb die Wirtschaftsvereinigung damals auf ihrer Homepage ebenso wie mit zahlreichen kleinen Filmchen.
Aktiv ging Moraw mit Unterstützung seines Teams immer wieder auf Unternehmen zu, auf seiner Liste sind heute 104 Mitglieder registriert. Angeworben wurde auf diese Weise einst auch Claudia Reining-Hopp, als sie sich 1991 mit ihrem Glasatelier selbstständig gemacht hat. Seit 15 Jahren ist die 64-Jährige im Vorstand, seit 2013 Schriftführerin. Jetzt organisiert sie gemeinsam mit Hans Moraw federführend die Jubiläumsfeier im Schloss. Sie könne sich ihre Zeit im Vergleich zu vielen anderen relativ flexibel einteilen, sagt Reining-Hopp, und sieht gleichzeitig, um viel komplizierter vieles heute im Einzelhandel geworden ist. "Wir schauen in der Wirtschaftsvereinigung, wie wir unsere Geschäftsleute unterstützen können bei dem, was sie brauchen."
Das Wertinger Stadtfest und die Märkte organisiert die Stadt
Sowohl die Organisation der Märkte als auch des Stadtfestes hat nach und nach federführend die Stadt übernommen. Dafür hat die Wertinger Wirtschaftsvereinigung vor einigen Jahren die "Wertinger Nacht" ins Leben gerufen. "Wir sind die Einzigen, die diese jeden Herbst nach einem Motto ausrichten." Laut Reining-Hopp mit entsprechendem Erfolg, allerdings auch mit großen Erwartungen vonseiten der Besucher und Besucherinnen.
"Gemeinsam" ist für Hans Moraw das Schlüsselwort bei den einzelnen Festen. "Wir sind froh um die Unterstützung der Stadt, das bringt Vorteile für die Geschäftsleute." So wird jetzt auch gemeinsam am Freitag gefeiert. "Mit Essen, Trinken und Ratschen", fasst Claudia Reining-Hopp kurz die Tagesordnung zusammen und fügt an: "Einen Vortrag über die Historie und Ehrungen wird es ebenso geben." Rund 60 Leute werden gemeinsam feiern, darunter Menschen, die bereits in der zweiten oder dritten Generation ein Geschäft führen und stets Mitglied der Wertinger Wirtschaftsvereinigung geblieben sind.