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Donauwörth
30.05.2019

Missbrauch im Kinderheim: Marsha kann nie mehr vertrauen

Vermeintliche Idylle: Hinter den Mauern von Heilig Kreuz mussten Schüler körperliche und seelische Gewalt erleiden.

Plus "Marsha" heißt in Wirklichkeit anders, will aber anonym bleiben. Denn die heute 59-Jährige war Opfer des Missbrauchs im Donauwörther Kinderheim Heilig Kreuz.

"Schlussbericht" steht über dem Dokument der unabhängigen Arbeitsgruppe. Einberufen vor über einem Jahr vom Augsburger Bischof, sollte sie die Fälle sexuellen Missbrauchs und körperlicher Gewalt im katholischen Donauwörther Kinderheim Heilig Kreuz aufarbeiten (wir berichteten). "Schlussbericht" - nach rund zwölf Monaten Recherche und nach der Bewertung jener monströsen Vorfälle im Heim zwischen 1952 und 1975.

Im "Schlussbericht" geht es um 14 Missbrauchsopfer

Doch kann jener "Schlussbericht", datiert vom 15. Februar, nichts anderes sein als ein Etappenziel. Am Mittwoch trifft sich die Arbeitsgruppe, um weitere Schritte zu diskutieren. Denn - so das Versprechen des mitbeteiligten Leiters der Pädagogischen Stiftung Cassianeum, Peter Kosak - "der Prozess der Aufarbeitung darf sicher nicht mit der Veröffentlichung eines Dokuments enden".

Auf die Erfüllung dieses Versprechens hofft auch Marsha. Mehr noch: Sie fordert sie mit Nachdruck ein. Marsha ist eines von 14 Missbrauchsopfern, um die es im "Schlussbericht" geht. Unter diesem Pseudonym tritt ein 59-jähriges Opfer auf, um sich und anderen eine Stimme zu geben. Denn sie gibt sich nicht mit jenem "Schlussbericht" zufrieden.

"Ich bin froh und dankbar, dass es diesen Bericht gibt, weil ich so lange dafür gekämpft habe, dass alles an die Öffentlichkeit kommt", sagt Marsha. "Aber in mir brodelt es, denn mein Leben ist durch das Heim in völlig anderen Bahnen verlaufen. Dieses erlittene Unrecht hat lebenslange Folgen für mich. Seit 45 Jahren ist lückenlos dokumentiert und nachgewiesen, dass ich durch dieses Kinderheim geschädigt bin."

Der Direktor des Kinderheims, Max Auer, war die Personifizierung des Leids

Marsha als Kind. Das Foto entstand 1967 in ihrer Zeit im Donauwörther Kinderheim Heilig Kreuz.
Foto: privat

Ein staatliches Gutachten im Zuge des Opferentschädigungsgesetzes bescheinigt ihr, dass sie durch die Gewalttaten zu 80 Prozent geschädigt ist. Marsha fühlt sich in allen Bereichen des Lebens ohne eigene Schuld benachteiligt. Psychische Leiden, Angstzustände, Panikattacken, Suizidversuche, Magersucht, Depressionen, Angst im Dunkeln, Klaustrophobie, Unfähigkeit, anderen zu vertrauen ... all diese Symptome begleiten sie ihr Leben lang. Seit zehn Jahren ist sie gegen ihren Willen frühverrentet, muss mit 45 Prozent ihres letzten Gehalts auskommen. Sie hat existenzielle Sorgen, vor allem mit Blick auf eine mögliche Pflegebedürftigkeit im Alter.

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Rückblick: Marsha war fünf Jahre alt, als sie und ihre drei Geschwister 1965 ins Kinderheim Donauwörth - eine Einrichtung der Pädagogischen Stiftung Cassianeum - kamen. Unterstellt war und ist diese Stiftung der Aufsicht des Bischöflichen Ordinariats Augsburg. In Marshas Familie hatte es Missstände gegeben und das Jugendamt veranlasste daher die Unterbringung. Doch anstatt in ein behütetes Umfeld zu kommen, begann in staatlicher und kirchlicher Obhut für Marsha und ihre Geschwister - wie auch für viele andere Zöglinge - die Hölle. Leiter des Heims und Personifizierung all ihres Leids war Direktor Monsignore Max Auer, Pädagoge und Priester mit zwei Gesichtern: einerseits öffentlich hoch angesehen, mitunter auch als gutmütig beschrieben, andererseits ein schrecklicher Despot.

Sein rigider Erziehungsstil - und damit generell der Stil des Hauses - war von Gewalt geprägt. Jedes noch so geringe Fehlverhalten der Kinder wurde mit Körperstrafen sanktioniert: starkes Ziehen an den Ohren, Ohrfeigen und Kopfnüsse mit den Fingerknöcheln, Schläge mit der Rute oder dem Holzstock auf den blanken Hintern. Die Züchtigungen waren oft so heftig, dass die Kinder blutige Striemen hatten und oft tagelang nicht sitzen konnten.

Gewalt gehörte im Kinderheim Heilig Kreuz zum Alltag

Marsha erinnert sich an einen Vorfall, als ihr dreijähriger Bruder diese Methoden zu spüren bekam: "Er hatte Heimweh, war deshalb bockig und wurde zur Strafe von drei Jugendlichen festgehalten und geschlagen. Max Auer führte bei den Prügeln Regie. Ich musste mit anderen Kindern zusammen zuschauen. Mein Bruder schrie nach mir - aber ich durfte ihm nicht helfen." Bis heute haben sich diese Bilder in ihr Gehirn eingebrannt. "Die Stiftung und das Bistum hätten uns schützen müssen. Das ist aber nicht passiert."

Gewalt in jeder Form gehörte zur Tagesordnung. Auer selbst machte sich sexueller Übergriffe bis hin zur Vergewaltigung schuldig. Bei der Beichte fragte er Kinder detailliert über intime Körperstellen aus. Als Marsha fünf Jahre alt war, wurde sie das erste Mal vergewaltigt - von einem älteren Buben. Er hörte sie nachts weinen und holte sie - unter dem Vorwand, sie zu trösten - in sein Bett. Dort verging er sich an dem Kind. "Sei still, oder ich bring dich um", so schüchterte er das Mädchen ein. Und es blieb nicht bei diesem einen Mal. Als Marsha neun war, wurde sie zudem von einer Erzieherin missbraucht, später dann noch ein Mal von einem weiteren älteren Buben und wurde auch von drei gleichaltrigen Mädchen im Alter von 13 Jahren im Schlaf sexuell belästigt.

"Wir wurden auf vielfältige Weise traumatisiert und für unser Leben schwer beschädigt", sagt Marsha. "Das waren fortwährende Verstöße gegen die Menschenrechte und die Menschenwürde."

Sie fühlte sich in den zehn Jahren ihres Kinderheim-Aufenthalts ständig ausgeliefert. "Gewalt gab es mehr, als man bei vollem Verstand ertragen konnte", sagt sie. "Und das alles unter dem Deckmantel christlicher Nächstenliebe." Schon als Kind litt sie immer wieder unter unerklärlichen Kopf- und Bauchschmerzen - Symptome ihrer zerbrochenen Seele.

Marsha beschreibt psychische, physische, sexuelle und soziale Gewalt in allen möglichen Formen. Ekelerregende Speisen seien den Kindern gewaltsam eingeflößt worden. Wenn sie sich dann übergeben mussten, wurden sie gezwungen, das Erbrochene zu essen. Als Sanktion gab es auch stundenlangen Freiheitsentzug in einem unheimlichen Kellerloch. Dort schlug dann ein Mann mit Jutesack über dem Kopf mit einem Kochlöffel auf einen Topf und rief: "Ich bin der Teufel, ich hol dich."

Das Leid der Kinder von Heilig Kreuz in Donauwörth soll öffentlich wahrnehmbar sein

Und Marsha beschreibt die Ausbeutung der Kinder als Arbeitskräfte: "Wir waren ein Wirtschaftsfaktor. Auer hat für uns Gelder kassiert und uns gleichzeitig für hauswirtschaftliche Tätigkeiten und als Bedienungen bei pädagogischen Tagungen eingesetzt. Trinkgeld von diesen Tagungen musste an Auer abgegeben werden. Möglicherweise haben wir dazu beigetragen, die Stiftung aufrechtzuerhalten. Es erhärtet sich für uns alle der Verdacht, dass sich Auer durch uns bereichert hat."

Die Verbrechen an den Kindern sind juristisch verjährt. Aber Marsha hat lebenslänglich bekommen. Das Bistum Augsburg hat den Opfern von Heilig Kreuz Geld als einmalige "Anerkennung des Leids" zugesprochen. In unterschiedlichen Höhen, und teils über den Betrag von 5000 Euro hinaus, den die Deutsche Bischofskonferenz für solche Fälle festgelegt hat. Einige - unter ihnen auch Marsha - haben sogar deutlich mehr bekommen, "etwa zwei bis zweieinhalb monatliche Bischofsgehälter", wie Marsha sagt. Ein Bischof verdient - je nach Bundesland und Besoldungsgruppe mindestens 8000 Euro. Marsha aber sagt: "Was fang’ ich mit einer Anerkennung an? Ich will einen Ausgleich für 17 Jahre Verlust an Einkommen."

Genau mit diesem Punkt aber hat der "Schlussbericht" tatsächlich abgeschlossen. Wenn die Arbeitsgruppe nun tagt, geht es nicht mehr um finanzielle Fragen, sondern darum, das Leid der Kinder öffentlich wahrnehmbar zu machen - etwa durch ein Denkmal. "Ich denke, wir haben viel geleistet, weit über das übliche Maß hinaus", sagt Stiftungsleiter Kosak.

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