
So läuft es auf der Riesen-Baustelle bei Märker in Harburg

Plus Die Arbeiten für den neuen Ofen der Firma Märker in Harburg sind weit fortgeschritten. Was auf dem Gelände passiert und welcher wichtige Schritt bald ansteht.

Die eigens planierte Fläche am Rand des Märker-Werks in Harburg gleicht einem Ausstellungsgelände. Dutzende große und noch viel mehr kleinere Metallbauteile sind dort gelagert. Manche sind so hoch wie ein Haus, an anderen schweißen Arbeiter. Im Pendelverkehr schaffen Männer, die in Teleskopladern sitzen, die oft tonnenschweren Stücke zur wenige hundert Meter entfernten Baustelle, die in ihrer Dimension in der Region derzeit einmalig sein dürfte: Der Zement- und Kalkproduzent baut einen neuen Drehrohrofen – und alles, was dazu gehört. Das ist eine ganze Menge. In der Fabrik entstehen einige große Bauwerke. Die Investitionen belaufen sich auf rund 100 Millionen Euro und sollen den Bestand der Firma in den kommenden Jahrzehnten sichern.
Werksleiter Hans-Jürgen Leitner muss nach eigenen Angaben selber manchmal staunen, wie auf der Riesen-Baustelle ein Rädchen in das andere greift. Jahrelang hat das Unternehmen das Projekt vorbereitet. Um den Baustellenverkehr vernünftig abwickeln zu können, erhielt die Fabrik eigens eine Anschlussstelle an die B25. Die Teile, die seit dem Start der Bauarbeiten im Jahr 2020 benötigt werden, werden mit Hunderten von Lastwagen herangeschafft. Im Idealfall geschieht dies zum richtigen Zeitpunkt. Ein Logistiker kümmert sich darum, dass alles rechtzeitig da ist, vor Ort weiter vorbereitet wird und zum richtigen Zeitpunkt an die richtige Stelle gebracht wird. Manchmal sind dazu auch Spezialgefährte nötig – wenn ein Teil bis zu 20 Meter lang und viele Tonnen schwer ist.

Bislang läuft auf der Märker-Baustelle in Harburg alles wie geplant
Bislang laufe es wie geplant, zeigt sich Leitner zufrieden: „Die Logistik klappt gut.“ So können die Tausenden von Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, die täglich auf der Bundesstraße direkt an der Baustelle vorbeifahren, förmlich zuschauen, wie die Bauwerke wachsen.
Dies trifft vor allem auf den sogenannten Wärmetauscherturm zu. Der nimmt bei der Zementproduktion eine zentrale Rolle ein. Über eine Förderanlage wird das Gesteinsmehl nach oben geschafft, von unten kommt heißes Abgas, das das Mehl auf bis zu 900 Grad erhitzt, ehe es in den Drehrohrofen gelangt und dort bei 1450 Grad endgültig zu Klinker gebrannt wird. Das ist der Grundstoff für Zement.

Der bisherige Turm ist 80 Meter hoch, der neue misst inzwischen fast 100 Meter und soll bis Mitte November auf seine Endhöhe von 118 Metern wachsen. Abgesehen von den Fernsehtürmen dürfte kein Bauwerk im Donau-Ries-Kreis höher sein. Um die Bauteile nach oben zu hieven, wird ein Kran benötigt, der an der Spitze mittlerweile 135 Meter hoch ist. Bereits installiert ist der eigentliche Drehrohrofen. Der ist im Vergleich zum bisherigen „Ofen 7“ – der siebte seit der Gründung der Firma im Jahr 1889 ein ganzes Stück kürzer: 61 statt 90 Meter. Die neue Röhre besteht aus bis zu sechs Zentimeter dickem Stahl, hat einen Durchmesser von 4,20 Metern, liegt auf drei Stützen und wiegt ungefähr 200 Tonnen. Die veränderten Maße von Turm und Ofen zeigen auch den veränderten Produktionsprozess auf. Während dieser bisher zum größeren Teil im Drehrohrofen stattfindet, geschieht dies dem Werksleiter zufolge künftig zu 80 Prozent im Wärmetauscherturm.

Über allem stehe das Ziel, die Abläufe effektiver zu gestalten und Energie einzusparen, so die Märker-Verantwortlichen. Energieverbrauch und der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß – dieser entsteht auch durch die Verarbeitung des Gesteins an sich, in dem CO2 gespeichert ist – sind die Faktoren schlechthin bei der Zementproduktion.

Etliche der neuen Gebäude haben beachtliche Ausmaße
Auf der Baustelle fallen weitere Gebäude ins Auge, deren Ausmaße inzwischen sichtbar sind. In der 28 Meter hohen Abgasreinigungsanlage werden nach Auskunft von Leitner die Stickoxide minimiert: „Das funktioniert wie der Katalysator beim Auto.“ Um die Schadstoffe zu reduzieren, werde Ammoniakwasser „eingedüst“.
Vom Drehrohrofen kommt der heiße Klinker in ein Kühlergebäude und wird dort auf einem großen Rost abgekühlt. Die Abwärme wiederum fließt in den Wärmetauscherturm.

Quer durch das Werksgelände schlängelt sich eine etwa 700 Meter lange Förderanlage, über welche die Brennstoffe aus einer Halle, die derzeit im alten Steinbruch hochgezogen wird, zu der Produktionsanlage transportiert werden. Das Heizmaterial – unter anderem nicht mehr recycelbarer Kunststoffabfall – wird in dem Gebäude angeliefert, gemischt und zum Ofen geschafft. Das Förderband steht teilweise auf hohen Stützen und wird die Bahnstrecke Donauwörth – Nördlingen überqueren. Ein Vorteil der Anlage sei, dass der Lkw-Verkehr in der Fabrik wegfalle, erklärt Leitner.
Zwar habe es zu Beginn der Bauarbeiten, als es um die Gründung – dafür wurden etwa 250 Betonpfähle bis zu 20 Meter in den Boden getrieben – und die Statik ging, etwa Verzögerungen gegeben, seitdem liege man jedoch gut im Zeitplan. Glücklicherweise habe der allgemeine Roh- und Baustoffmangel in den vergangenen Monaten das Vorhaben nur teilweise getroffen, berichtet der Werkleiter. Der Stahl sei schon vorher bestellt und gefertigt gewesen. Wenn es doch hakte, seien es oft kleinere Teile gewesen, die fehlten, wie zum Beispiel Schrauben.

Bis zu 200 Arbeiter sind laut Hans-Jürgen Leitner auf der Märker-Baustelle tätig. Die Firmen kämen aus der Region, aber auch von weither. Die Monteure seien auf Unterkünfte im ganzen Landkreis verteilt. So wolle man auch das Corona-Infektionsrisiko gering halten.
In den kommenden Tagen stehen bei den Bauarbeiten spannende Schritte an. Vom 15. November an soll Ofen 7 über den neuen Kamin laufen. Der entscheidende Moment kommt dann voraussichtlich Ende Mai 2022, wenn Ofen 8 fertig sein soll.
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