
Mordfall Maria Koch: Der kurze Heimweg der Zehnjährigen führte in den Tod

Plus Auf dem Friedhof in Staudheim findet sich das Grab eines Mädchens. Es fiel vor 125 Jahren einem brutalen Mörder zum Opfer. Was an jenem 22. August 1897 passierte.

Friedhöfe erzählen unendlich viele Geschichten. Wer zwischen den Grabreihen flaniert, die Inschriften studiert, kann erahnen, dass hinter jedem Gedenkstein Schicksale stehen. Mitunter gibt es es mysteriöse Geschichten, menschliche Tragik oder kriminelle Hintergründe. In einer Serie wollen wir an Verstorbene erinnern, die für solche Schicksale stehen. In Folge eins geht es um die zehnjährige Maria Koch aus Staudheim, die Opfer eines Sexualmörders wurde.
1897 erschütterte ein brutales Verbrechen an einem Kind die Region: Am Sonntag, 22. August, wurde die knapp elfjährige Maria Koch aus Staudheim von einem Sexualtäter missbraucht und grausam ermordet. Noch heute erinnert eine Inschrift auf ihrem Grabstein an das unfassbare Geschehen. Und ein Marterl am Tatort - an der Kreisstraße zwischen Rain und Staudheim - gemahnt ebenfalls an das traurige Schicksal, das das Kind an jenem Sommernachmittag ereilte.
Mord an der kleinen Maria: Ihr letzter Lebenstag begann recht unbeschwert
Der letzte Tag in Maria Kochs jungem Leben muss zunächst recht unbeschwert gewesen sein. Einzelheiten dazu und zu diesem Verbrechen überhaupt hat der Rainer Historiker Harald Mann für seine geschichtliche Reihe "Sieh auf" (Folge vom Oktober 1989) zusammengetragen. Auch im Rainer Wochenblatt vom 24. August 1897 gibt es Details dazu zu lesen. Ebenso hat der Rainer Heimatforscher Adalbert Riehl zum Mord an dem Kind recherchiert. Demnach hatte Marias Familie an diesem Sonntag Verwandte aus München bei sich zu Gast, ehe sich alle zusammen nachmittags nach Mittelstetten aufmachten, um dort Freunde oder Familie zu besuchen. Man darf wohl von fröhlichem Beisammensein ausgehen, von lebhaften Gesprächen bei geselligem Essen.
Nichts deutete darauf hin, dass dieser Tag in einer Tragödie enden sollte. Als sich der Kreis schließlich etwa kurz nach 16 Uhr auflöste, schickten die Eltern Franziska und Mathias Koch ihre Tochter Maria zu Fuß nach Hause, während sie selbst noch die Verwandtschaft zum Bahnhof nach Rain brachten - eine verhängnisvolle Entscheidung.

Über Feldwege und die heutige Kreisstraße DON39, die Maria ging, trennen nur etwa 2,8 Kilometer die Dörfer Mittelstetten und Staudheim, die heute zur Stadt Rain gehören. Auf dieser kurzen Strecke traf das wehrlose Kind auf seinen Mörder, den 32-jährigen Knecht Jakob Wegele aus Ambach (bei Ehekirchen), der damals in Niederschönefeld in Stellung war. Von dort aus war er an jenem Sonntag gegen 16 Uhr mit dem Ziel aufgebrochen, die Kirchweih in Kunding zu besuchen. Etwa 400 Meter vor dem Ortseingang Staudheim fing er dann Maria ab.
War es ein spontaner Entschluss, der das Schicksal der Zehnjährigen besiegelte? Oder hat sich der 20-fach vorbestrafte Mann, der schon wegen Körperverletzungen, Sittlichkeitsverbrechen, Diebstahls und Unterschlagung verurteilt war, gezielt nach einem Opfer umgesehen? Man weiß es nicht. Fest steht hingegen die ungeheure Brutalität, mit der Wegele das junge Leben ausgelöscht hat. Er griff sich Maria, verging sich an ihr und tötete sie. Im Rainer Anzeigenblatt ist später die Rede davon, dass das Mädchen schrecklich zugerichtet wurde. Der Täter habe ihm Kehle und Bauch aufgeschlitzt und weitere schwere Verletzungen zugefügt. Der so malträtierte Leichnam Marias wurde gegen 17 Uhr von jungen Burschen im Straßengraben gefunden.

Mit großer Kaltblütigkeit ging der Mörder nach der Tat zur Tagesordnung über. Er lief wohl über die Felder weiter Richtung Kunding, querte den Bahndamm und wusch unterwegs an einem Bach notdürftig Blut und andere Spuren ab. Laut Zeugenaussagen kam er gegen 18.30 Uhr beim Kirchweihfest an und fiel dort durch "heiterste Stimmung" auf, wie das Rainer Anzeigenblatt schreibt. Dass er nur wenige Stunden zuvor ein Kind bestialisch getötet hatte, war ihm nicht anzumerken. Dennoch gab es Auffälligkeiten, die Zeugen stutzig machten.
Wie sie später der Polizei beschrieben, sei Jakob Wegeles Kleidung sehr nass und mit Blut bespritzt gewesen. Zudem habe er Blut im Gesicht gehabt. Seine Geliebte, die ebenfalls dort beim Tanz war, versuchte, ihm des Gesicht mit einem Taschentuch abzuwaschen, das sie aus seiner Hosentasche zog. Es trug das Monogramm MK - Maria Koch. Dieses Taschentuch, sowie weitere Spuren und Zeugenbeobachtungen überführten den Täter schließlich.
Jakob Wegele wurde schon am anderen Tag als dringend tatverdächtig festgenommen und am 24. August unter strenger Bewachung in Handschellen zum Ortstermin an den Tatort gebracht. Er leugnete, das Mädchen überhaupt zu kennen, geschweige denn, ihm etwas angetan zu haben. Eine aufgebrachte Menschenmenge begleitete ihn. Bei einer Gegenüberstellung identifizierte ihn die Frau des Bahnwärterpostens 18 als denjenigen, der am Sonntagnachmittag unmittelbar nach dem Mädchen am Bahnwärterhaus vorbeigegangen war. Und auch Spuren am Leichenfundort stimmten mit seinen Stiefeln überein. Drei Tage nach der Tat wurde die ermordete Maria auf dem Friedhof ihres Heimatorts Staudheim unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt.
Am 5. Mai 1898 wurde Marias Mörder durch das Fallbeil hingerichtet
Sieben Monate später wurde Jakob Wegele der Prozess gemacht. Adalbert Riehl schreibt darüber in der Chronik zur Heimatgeschichte Staudheims und Harald Mann hat in den Archiven eine Fülle von Details gefunden. Aus deren Berichten geht hervor, dass am 4. und 5. März 1998 verhandelt wurde. Es waren 52 Zeugen und drei medizinische Gutachter geladen. Die Beweise waren so erdrückend, dass die zwölf Geschworenen Jakob Wegele des Mordes für schuldig erklärten. Erst jetzt gestand der Mörder seine Tat.
Am 5. Mai 1898 um 6.25 Uhr wurde Jakob Wegele in Augsburg durch das Fallbeil hingerichtet. An Maria Koch erinnern heute zwei Gedenkstätten: Das Familiengrab auf dem Staudheimer Friedhof und ein Marterl am Straßenrand der DON39, auf dem in Gedichtform die Ereignisse des 22. August 1897 zusammengefasst sind.
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Ob sich die Redaktion Donauwörth zu dieser Präsen-
tation des (125 Jahre Jahre zurückliegenden) Mord-
falles durch die wiederholt angebotenen Crime-Pod-
casts (wie gestern die "Episode" Vanessa) angeregt
fühlte?
Was wird da noch von 16 (?) Redaktionen ausgegra-
ben ("journalistisch exhumiert") werden?
Werden die Redaktionen auch noch Keilschrift ent-
ziffern?
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