Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Diese biblische Wahrheit trifft mit großer Zuverlässigkeit auf sämtliche Lebensbereiche zu. Der Freistaat Bayern wähnt sich seit Jahrzehnten als Vorstufe zum Paradies. Ein ehemaliger Ministerpräsident sagte dies sogar wortwörtlich. Dies erscheint als fatale Einladung zum Sonnen im eigenen Glanz. Im Bereich der Schulen ruhte sich die Staatsregierung lange in so mancher Hinsicht auf einem gewissen Status Quo aus. Derweil hat sich, ob man dies nun für gut oder schlecht befindet, die Gesellschaft spürbar verändert.
Familienstrukturen unterlagen zuletzt einem enormen und rasanten Wandel, manche sprechen gar von einer nie dagewesenen gesellschaftlichen Erosion. Ein ganzes Wertegefüge ist ins Schwanken geraten. Eine prekäre Situation, in welcher Kinder und Jugendliche häufig die Leidtragenden sind. Das spürt man in den Schulen. Nur haben die Verantwortlichen in der Politik die schulische Infrastruktur diesem Wandel erst spät und bisweilen viel zu zaghaft angepasst. Es fehlt an Personal, Gebäuden, technischer und pädagogischer Ausstattung. Da war man in Bayern jahrelang nicht besser als in anderen Regionen Deutschlands.
Lehrer empfinden manche Unterrichtsstunde eher als Vorhof der Hölle
Von wegen Vorstufe des Paradieses - für manch einen Lehrer gleicht der Berufsalltag inzwischen eher dem Vorhof zur Hölle, wenn es einzelne Schüler schaffen, eine Unterrichtsstunde binnen Minuten zu sprengen. Lehrer betonen daher nicht ohne Grund die Wichtigkeit von Schulbegleitern. Aber nicht nur für sozial Auffällige sind die Individualbetreuungen wichtig: Auch sozial unauffällige Kinder, die körperlich, geistig oder seelisch beeinträchtigt sind, brauchen sie.
Echte Inklusion ist indessen ein richtungsweisender und wichtiger Gedanke, ein mitmenschlicher, ja, ein christlicher. Aber Inklusion kann nur dann gut gelingen, wenn Worten auch Taten folgen, sprich: wenn die Infrastruktur dafür wirklich passt - und das heißt nicht nur die am Gebäude. Wenn der Staat richtigerweise allen Kindern die gleichen Startchancen einräumen möchte, so braucht es unter den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen einen höheren personellen Aufwand im Bildungsbereich. Und auch mehr Geld für die pädagogische und soziale Arbeit an Schulen. Andere Länder, allem voran so manch eines im Norden, machen es mitunter vor, wie es anders gehen könnte. Etwa, wenn zwei Profis in den Klassen sind: der Lehrer und zusätzlich ein Sozialarbeiter oder Erzieher.
Es ist richtig, dass man sich dies leisten können muss. Anders herum darf und muss aber auch gefragt werden: Können wir es uns leisten, dass wir uns jenen personellen und finanziellen Aufwand nicht leisten? Die Rechnung für in der Schule verloren gegangene Kinder und Jugendliche fällt für die Allgemeinheit später wahrscheinlich um ein Vielfaches höher aus. Es geht um die Zukunft junger Menschen, um die Zukunft der Gesellschaft. Kinder sind es immer wert, dass man sich um sie kümmert.
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