

Fünf Frauen über ihre Scheidung: "Ich habe mich auch gefühlt, als hätte ich versagt"
Kein gemeinsamer Nenner mehr oder gar ein Seitensprung: Etwa jede dritte Ehe geht in die Brüche. Fünf Menschen haben uns ihre Scheidungsgeschichten erzählt.
Fast jede dritte Ehe ist kein Bund fürs Leben. Auch wenn oft zu hören ist, dass Paare sich eben auseinander gelebt hätten, ist das doch ein recht abstrakter Grund. Welche Konflikte stecken im Einzelnen dahinter? Wann waren die ersten Brüche sichtbar? Wie lange hat es gedauert, bis es zur Trennung kam? Wer sich konkrete Fälle anschaut, merkt, dass die Gründe für eine Scheidung und ihr Ablauf sehr unterschiedlich sind. Wir haben mit fünf Frauen aus der Region gesprochen, die hier ihre Scheidungsgeschichte erzählen. Einige von ihnen wollen anonym bleiben, ihr Name wurde deswegen geändert. Männer haben sich auf unsere Aufrufe hin leider nicht gemeldet.
Simone Faber (Name geändert), 45, wohnt im Allgäu
Gleich nach meinem Schulabschluss wurden wir ein Paar – einige Jahre später haben wir geheiratet. Ich bin direkt aus dem Kinderzimmer mit ihm zusammengezogen. Er war intelligent und interessiert, kein Hohlkopf wie die anderen aus meiner Klasse und damit auch attraktiv. Damals war ich unreif und konnte mir einfach nicht vorstellen, dass ich allein etwas reißen kann. So wurde ich finanziell und emotional abhängig von ihm. Ich bin da immer weiter reingerutscht – Kinder, Haus, Bausparvertrag, eine klassische Hausfrauenehe. Wir haben uns zwar verstanden und im Alltag gut funktioniert, doch emotional war es, als würden wir unterschiedliche Sprachen sprechen. Da war keine Verbundenheit. Ich war ständig traurig, hatte Depressionen und war in therapeutischer Behandlung. Schon früh habe ich mir gedacht "Oh Gott ich sitze in der Falle" – doch statt den Fehler rückgängig zu machen, habe ich ihn bei mir selbst gesucht.
Dieses Grundgefühl blieb und jahrelang haben wir einfach nebeneinanderher gelebt. Doch irgendwann ist das gekippt und wir haben viel gestritten, aber nicht konstruktiv. Gemeinsam mit Mediatoren haben wir dann vor kurzem entschieden, uns nach fast 20 Jahren Ehe scheiden zu lassen. Die Kinder sind mit mir ausgezogen und merken, dass es mir jetzt viel besser geht. Für meinen Ex-Mann kam das überraschend, für ihn war immer alles okay. Doch ich frage mich, wieso ich das nicht schon viel früher gemacht habe. So viele Jahre verschwendete Lebenszeit. Ich habe zwar wieder eine Beziehung, aber heiraten würde ich im Leben nicht mehr. Bindung und Nähe sind mir wichtig, aber ich brauche eine Exit-Strategie.
Claudia Fiedler (Name geändert), 35, wohnt in Augsburg
Bereits am Tag unserer Verlobung 2015 hatte ich eine kleine Panikattacke. Aber ich habe die Zweifel einfach beiseite geschoben und ein Jahr später haben wir geheiratet. Gleichzeitig habe ich eine neue Arbeitsstelle bekommen und dort einen befristeten Vertrag unterschrieben. Ich wollte deshalb vorerst keine Kinder, er wollte sofort welche. Seine Eltern haben großen Druck gemacht, sie wünschten sich Enkelkinder. In seinen Augen war ich einfach egoistisch. Rückblickend war das größte Problem die mangelnde Kommunikation. Wir haben einfach nicht über diesen Konflikt gesprochen. Stattdessen hat er wochenlang seinen Ring nicht getragen, vor Freunden aggressive und auch sehr intime Kommentare über mich gemacht und ständig Seitenhiebe ausgeteilt. Aber wir haben nie gestritten oder konstruktiv über Probleme gesprochen.
Wegen einer Operation war ich während unserer Ehe einmal eine Woche im Krankenhaus, er hat mich kein einziges Mal besucht. Auf einmal meinte er dann, ich solle ausziehen. Das habe ich dann auch getan. Ich wollte unsere Ehe aber nicht aufgeben und stattdessen gemeinsam zu einer Paartherapie, weil ich der Überzeugung war, dass unsere Probleme lösbar sind. Aber er hat sich verschlossen. Als ich dann mit einer Anwältin den Trennungsunterhalt beantragt habe, ist er auch zum Anwalt und hat nach dem Trennungsjahr die Scheidung eingereicht. Das war 2020. Nach der Trennung wurde er aggressiv, später hat er mich dann einmal gefragt, ob wir es nicht noch einmal versuchen wollen. Aber es war gut, dass wir uns getrennt haben. Nach der Scheidung war da einerseits eine große Erleichterung, ich konnte wieder aufatmen. Andererseits habe ich mich aber auch gefühlt, als hätte ich versagt. Vielleicht wäre es nicht dazu gekommen, wenn ich versucht hätte, Dinge besser zu erklären. Ich habe jetzt wieder einen Freund und versuche, bei Missverständnissen sofort Dinge offen anzusprechen.
Kathrin Wartenberg, 44, wohnt im Landkreis Augsburg
Wir haben 2002 geheiratet, zwei Jahre später kam unsere Tochter auf die Welt. Doch während ich im siebten Monat schwanger war, kam eines Tages eine Nachricht auf sein Handy. Dort stand: "Danke für das Geschenk". Über einen längeren Zeitraum hatte er mich mit dieser Frau betrogen, die die Nachricht schrieb. Als Trockenbauer war er zu dem Zeitpunkt oft auf Montage unterwegs. Das alles kam für mich damals aus heiterem Himmel. Unsere Ehe lief eigentlich gut, die Hochzeit war richtig schön. Aber ich glaube, er hat immer etwas Anderes gesucht. Doch ich habe ihm verziehen, irgendwie hält man doch an der Ehe fest. Dann ging es einige Jahre gut. Aber eines Tages 2006 klingelte wieder sein Handy, als Hintergrundbild hatte er eine andere Frau eingestellt. Das habe ich zufällig gesehen. Auch mit ihr hat er mich betrogen. Ich habe ihre Nummer herausgesucht und mit ihr telefoniert. Sie wusste nicht, dass er verheiratet ist.
Zeitgleich haben wir ein gemeinsames Haus gebaut und sind dort 2007 eingezogen. Das war der schlimmste Fehler. Ich habe mich innerlich einfach ohnmächtig gefühlt. Heute würde ich sofort gehen. Aber damals war ich naiv und habe ihm verziehen, wollte es noch mal von vorne probieren. Ich hatte auch Versagensängste: Dass ich als Ehefrau versagt habe, wenn sich der Partner eine Neue sucht. Wahnsinn, was da alles kaputtgegangen ist. Er hat alles mit einer Lüge begonnen.
Ende 2008 kam dann heraus, dass er mich noch mal betrogen hat. An dem Tag habe ich meinen Ehering abgenommen. Später habe ich dann erfahren, dass es wohl mehrere Frauen gleichzeitig waren. Ein Jahr später habe ich die Scheidung eingereicht, nachdem ich zu meinem jetzigen Ehemann gezogen bin. Von allen anderen fühlte ich mich alleingelassen, es gab kaum Unterstützung von der Familie und ich musste in psychische Behandlung. Mein Ex-Mann hat währenddessen mehrmals mit Selbstmord gedroht. Bis heute ist er nicht wieder verheiratet.
Viktoria Probst (Name geändert), 25, wohnt in Dillingen
Die Geschichte begann 2015, da habe ich ihn in einer Diskothek kennengelernt. Zu dem Zeitpunkt war ich fast 18 Jahre alt. Von klein auf habe ich von einer eigenen Familie geträumt und so kam es, dass ich vier Monate später im ersten Lehrjahr als medizinische Fachangestellte schwanger wurde. Ich komme aus einer sehr konservativen Familie und mir wurde immer eingeredet, man müsse heiraten, wenn Kinder da sind. Aber mein damaliger Partner wollte zu diesem Zeitpunkt nicht heiraten. Im November 2016 kam unser Sohn zur Welt und wir lebten zu dritt mit dem Bruder meines damaligen Partners in einer Wohnung. Ich war zutiefst unglücklich und wollte endlich allein mit meinem Sohn und ihm leben, doch sein Bruder zog einfach nicht aus. Unsere Beziehung war damals schon ein Alptraum. Mein Ex-Partner wollte immer streiten und hat mich vor meinem Sohn angeschrien und als "Schlampe" oder "Hure" beleidigt.
Die Situation war aussichtslos, denn zum einen hatte ich den Druck meiner Familie, die der Meinung war, dass man sich nicht trennt, wenn man gemeinsame Kinder hat. Zum anderen dachte ich, dass ich meine Ausbildung nicht schaffe, wenn ich keine Unterstützung habe, falls mein Kind krank ist. Dennoch meinte ich: Wenn wir heiraten, wird alles besser. Und so entschlossen wir uns, das im Juli 2019 zu tun. Doch mit der Zeit wurde alles nur noch schlimmer. Anfang 2020 konnte ich nicht mehr, ich wollte nicht, dass mein Sohn das alles miterleben muss. Deshalb habe ich mich zur Trennung entschlossen, wollte aber noch bei ihm wohnen, bis ich im Sommer meine Ausbildung beendet habe. Im Juli 2020 habe ich meine erste eigene Wohnung bekommen. Ich hatte kaum Möbel, kein Geld, habe meine Ausbildung aber gut bestanden. Zu diesem Zeitpunkt war ich so glücklich wie noch nie, ich hatte endlich nicht mehr jeden Tag Streit und konnte in Ruhe leben. Die Scheidung folgte dann ein Jahr später. Im August 2021 kam dann mein zweiter Sohn von meinem jetzigen Lebensgefährten zur Welt. Ich könnte glücklicher nicht sein.
Jana Finkel (Name geändert), 36, wohnt in Augsburg
Wir haben 2011 geheiratet und waren davor schon vier Jahre zusammen. Ich war zu dem Zeitpunkt total glücklich. 2014 kam unser erstes Kind auf die Welt, durch eine Kinderwunschbehandlung. Noch während der Schwangerschaft habe ich erfahren, dass er mich mit einer Arbeitskollegin betrogen hat. Als ich ihn damit konfrontiert habe, hat er geheult und sich entschuldigt. Ich habe mir gedacht, dass jeder einen Fehler machen kann. Aber wenn ich nicht schwanger gewesen wäre, wäre ich da schon weg gewesen. Als ich dann 2017 erneut nach einer Kinderwunschbehandlung schwanger war, hat er plötzlich gemeint, dass er mich nicht mehr liebt und unsere zweite Tochter nicht will. Daraufhin habe ich ihn rausgeworfen, er ist direkt zu seiner Arbeitskollegin gezogen. 2018 habe ich dann die Scheidung eingereicht. An den Kindern hat er absolut kein Interesse. Jetzt bin ich alleinerziehend. Natürlich ist das anstrengend, aber uns geht es so viel besser.
