Wall Street 2: Michael Douglas als Finanzhai
Oliver Stones Fortführung seines Börsenkrimis von 1987 - wieder mit Michael Douglas - kommt in Zeiten der Finanzkrise scheinbar gerade recht.
Lange bevor die Zeitgeistparole "Geiz ist geil" ausgegeben wurde, hieß es "Gier ist gut". Der Finanzjongleur Gordon Gekko in Oliver Stones "Wall Street" vertrat 1987 diese Haltung, die das persönliche Profitstreben als Antriebsfeder der kapitalistischen Gesellschaft propagierte.
Dass in Stones Film Gekkos Gier zu groß wurde und er wegen Insidergeschäften ins Gefängnis ging, änderte nichts daran, dass er in den 90ern zur Kultfigur der Yuppie-Szene und der New Economy wurde. Aber die Zeiten haben sich bekanntlich geändert: Aus dem Aktienboom ist eine Blase geworden, und die ist geplatzt.
Die Wirtschaftskrise wird in Hollywood nur sehr vorsichtig zum Thema gemacht, weshalb man auf Oliver Stones Nachfolgewerk von "Wall Street" gespannt sein durfte. Acht Jahre hat Gekko (erneut: Michael Douglas) im Knast gesessen, als er im Jahr 2000 entlassen wird. Eine goldene Geldklammer ohne Geld und ein riesiges Mobiltelefon bekommt er vom Wärter ausgehändigt. Während ein Mitgefangener mit einer Stretchlimousine abgeholt wird, wartet auf den Börsenbetrüger niemand vor dem Gefängnistor. Dennoch kommt er wenige Jahre später mit seinem systemkritischen Buch "Ist Gier gut?" ganz groß raus. Gerade rechtzeitig, denn am Finanzhimmel braut sich die größte Krise seit den 1930er Jahren zusammen.
Der junge Aktienhändler Jake Moore (Shia LaBeouf) steckt mittendrin. Seine Pläne, mit Spekulationsgewinnen ein Unternehmen aufzubauen, das eine neuartige umweltfreundliche Energiegewinnung erforscht, geraten ins Schwanken. Da erscheint ihm Gordon Gekko mit seinen profunden Kenntnissen über die Funktionsmechanismen der Börse schon fast wie ein Messias. Dass Gekko der Vater seiner Lebensgefährtin Winnie (Carey Mulligan) ist, die mit ihrem kriminellen Dad nichts mehr zu tun haben will, erschwert jedoch die Beziehung zu dem undurchsichtigen Mentor. Derweil steigt Jake in die große Investmentfirma ein, die aus der Krise kräftig Kapital schlägt.
Indem Oliver Stone den jungen Börsianer, der idealistische Ziele verfolgt, aber auch von eigener Profitgier angetrieben wird, ins Zentrum stellt, versucht er einen frischen Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse zu werfen. Aber die interessantere Figur bleibt weiterhin Gekko, dessen nicht ganz uneigennützigen Absichten an der Wiederaufnahme familiärer Beziehungen und öffentlicher Systemkritik lange im Dunkeln bleiben.
Zu wirklich neuen Erkenntnissen oder einer radikalen Analyse der gegenwärtigen Wirtschaftskrise findet Stone in seinem Börsenkrimi jedoch nicht. Da zeichnet sich der Aktienindex ironisch über der Skyline von Manhattan ab, Seifenblasen fliegen metaphorisch über den Central Park in den Himmel. Aber die schmerzhaften Folgen der Krise bleiben verborgen, weil der Film komplett in der Sphäre des Geldes und in den holzgetäfelten Wohnzimmern der Millionäre angesiedelt ist. Stone flüchtet sich lieber ins Familiäre, sucht in der verkorksten Vater-Tochter-Beziehung eine emotionale Tiefe, weil er mit der politischen Analyse selbst nicht vom Fleck kommt. Da hätte man von einem der kritischsten Geister des amerikanischen Mainstream-Kinos mehr erwartet.
Die Diskussion ist geschlossen.