SPD-Aufbruchstimmung? Das sagen Sozialdemokraten aus Aichach-Friedberg
Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken sollen die SPD in eine erfolgreiche Zukunft führen. Sozialdemokraten aus dem Landkreis mahnen zum Ende der Diskussionen.
Gut 53 Prozent der Mitglieder, die sich an der Urwahl beteiligten, haben entschieden: Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken sollen künftig an der Spitze der SPD stehen. Fast genauso viele waren allerdings für das Duo aus Vizekanzler Olaf Scholz und Klara Geywitz. Kann eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Parteichefs und dem Finanzminister überhaupt funktionieren? Und muss die SPD jetzt raus aus der Regierung? Das haben wir Sozialdemokraten aus Aichach-Friedberg gefragt.
Friedbergs Bürgermeister Eichmann: "Favoriten waren nicht dabei"
- Roland Eichmann „Meine Favoriten waren in der Entscheidung jetzt gar nicht mehr dabei“, sagt der Friedberger Bürgermeister. Spannend werde sein, ob es Walter-Borjans und Esken gelingt, die SPD auch innerhalb der Großen Koalition inhaltlich neu aufzustellen. Inhaltlich sehe er keinen Grund, vorzeitig einen Ausstieg anzustreben. Für die Sozialdemokraten müsse das Ziel sein, von den eigenen Erfolgen mehr in der Gunst der Menschen zu profitieren. Eichmann hofft, dass dies nicht an internen Streitigkeiten scheitert: „Vielleicht haben manche Leute in der Partei kapiert, dass diese Diskussionen nicht zielführend waren.“ Zur Konstellation mit dem unterlegenen Scholz als Finanzminister sagt er: „Scholz ist das Risiko bewusst eingegangen und muss damit nun leben.“
Aichachs Bürgermeister Habermann: "Eine Chance geben"
- Klaus Habermann Aichachs Bürgermeister hat für Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gestimmt. Ein Grund für diese Entscheidung war, dass er es nicht gerne sieht, wenn jemand Regierungsamt und Parteivorsitz innehat. Die beiden designierten Vorsitzenden hat Habermann noch nicht getroffen. Esken kannte er nicht, Walter-Borjans aus seiner Zeit als Finanzminister von Nordrhein-Westfalen von 2010 bis 2017 aber schon. „Man muss ihnen eine Chance geben“, sagt Habermann. Dass das neue Spitzen-Duo die SPD aus der Großen Koalition führt, kann er sich nicht vorstellen. Dazu, dass die SPD eine geschlechtergerechte Doppelspitze wie die Grünen einsetzt, sagt Habermann: „Da muss man reinwachsen, das muss sich bewähren.“
Hummel von SPD in Mering: "Stehen für Neuanfang"
- Stefan Hummel Merings SPD-Bürgermeisterkandidat freut sich über das neue Führungsteam. Er meint: „Die beiden stehen für einen Neuanfang.“ Hummel plädiert dafür, die Sozialdemokraten müssten in der Koalition bleiben, weil sie dort gute Arbeit machten. Auch für die Zukunft hält er die staatspolitische Verantwortung der Partei für enorm wichtig. „Ich würde nicht ausschließen, nach der nächsten Wahl auch eine Zusammenarbeit mit der Union und den Grünen einzugehen“, sagt Hummel.
Aichachs Juso-Chef Holzhauser: Groko beenden
- Wolfgang Holzhauser Der Vorsitzende der Jungsozialisten Aichach hat seine Stimme für die Gewinner Esken und Walter-Borjans abgegeben. Er würde die Große Koalition beenden. Der 31-jährige Marketing-Manager gehört dem linken Flügel der SPD an. Deutschland sollte nicht zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben, meint er etwa. Auf dem Parteitag, der von Freitag an in Berlin stattfindet, müssten sich die Mitglieder kritisch mit der Rolle der Partei in der Regierung auseinandersetzen. „Wir müssen wieder wissen, wer wir sind“, sagt Holzhauser.
Friedbergs SPD-Vorsitzende: "Konstruktiv regieren"
- Ulrike Sasse-Feile Die Ortsvereinsvorsitzende aus Friedberg formuliert einen Drei-Punkte-Plan, was jetzt zu tun sei. „Erstens sind alle angehalten, das Ergebnis akzeptieren“, sagt sie. „Darüber hinaus steht eine Neupositionierung an. Das dauert aber. Es wirkte, als seien Walter-Borjans und Esken selbst etwas überrascht von ihrem Sieg gewesen.“ Zuletzt appelliert Sasse-Feile an die künftigen Vorsitzenden: „Bringt Euch konstruktiv, aber auch mit eigenen Duftmarken, in die Regierungsarbeit ein.“
Kissinger Bürgermeisterkandidat Kraus: "Hinter Entscheidung stehen"
- Ronald Kraus Der im Frühjahr unterlegene Kissinger Bürgermeisterkandidat zeigt sich froh, dass das lange Verfahren zur Suche eines Vorsitzenden nun abgeschlossen ist. „Ich will jetzt aber auch, dass alle hinter dieser Entscheidung stehen“, sagt er. „Die Diskussionen müssen ein Ende haben.“ Kraus warnt vor einem vorzeitigen Ausscheiden aus der Koalition: „Ich fand es immer gut, dass wir im Gegensatz zu einigen anderen Ländern immer stabile Regierungen haben.“ Die Große Koalition sei von den Bürgern gewählt und habe einen eindeutigen Auftrag für vier Jahre erhalten – auch von der SPD-Basis.
Aindlinger SPD-Gemeinderätin Holland: "Bekommen Doppelspitze hin"
- Helga Holland Die Aindlinger SPD-Gemeinderätin hat Esken und Walter-Borjans ihre Stimme gegeben. Die Sozialpädagogin freut sich, dass das Ergebnis knapp war und hofft, dass sich die neuen Vorsitzenden zu charismatischen Persönlichkeiten entwickeln. Bisher kenne sie das Duo noch nicht gut. Wichtig sei, die soziale Absicherung der Bürger zu stärken und das Gute-Kita-Gesetz umzusetzen. Dass eine Doppelspitze der SPD vorsitzt, begrüßt Holland. „Wir sind die Einzigen, die das hinbekommen“, sagt sie.
Landratskandidat Santa aus Kissing: "Bürger wollen Groko nicht mehr"
- Andreas Santa Der Kissinger kandidiert bei der Kommunalwahl 2020 als Landrat für Aichach-Friedberg. Seine Favoriten haben das Rennen gemacht. „Ich finde es wichtig, dass damit Personen die Partei führen, die nicht in Regierungsverantwortung sind. Nur so kann eine glaubwürdige Neuaufstellung gelingen“, ist Santa überzeugt. In Berlin habe die SPD gute Sachen angepackt und müsse deshalb nicht sofort aus der Großen Koalition raus. Perspektivisch strebt er jedoch ein linkes Bündnis auf Bundesebene an: „Die Zusammenarbeit mit der Union sollte ursprünglich eine Übergangslösung sein, besteht allerdings seit 2005 bereits zehn Jahre. Die Bürger wollen das nicht mehr.“
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