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Aichach-Friedberg: Rettungsgasse: Ist der Kampf gegen Ignoranz endlich gewonnen?

Aichach-Friedberg

Rettungsgasse: Ist der Kampf gegen Ignoranz endlich gewonnen?

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    Kommt es zum Stau, müssen Verkehrsteilnehmer die Rettungsgasse immer im Hinterkopf haben. Klappt das inzwischen im Wittelsbacher Land?
    Kommt es zum Stau, müssen Verkehrsteilnehmer die Rettungsgasse immer im Hinterkopf haben. Klappt das inzwischen im Wittelsbacher Land? Foto: Bernhard Weizenegger (Symbolbild)

    Die Aufklärungskampagnen sind seit Jahren offensiv und die Strafen für Nicht-Einhalten inzwischen hoch: Sind Rettungsgassen im Landkreis Aichach-Friedberg endlich zur Selbstverständlichkeit geworden oder herrscht weiterhin Nachholbedarf? Teils, teils, sagen Feuerwehr, Bayerisches Rotes Kreuz (BRK) und Polizei aus dem Wittelsbacher Land. Doch die gute Nachricht ist: Es zeichnet sich eine Verbesserung ab.

    Grundsätzlich will die Autobahnpolizei in Gersthofen nicht davon sprechen, dass sich das Fahrverhalten in solchen Situationen in den vergangenen Jahren deutlich verbessert hat. „Es ist eher einzelfallabhängig“, sagt Martina Guß, Leiterin der Autobahnpolizei-Station Gersthofen. Wichtig sei vor allem die Vorbildfunktion: So würden Pkw-Fahrer, die das Verhalten richtig vormachen, andere dazu bringen, es nachzumachen. Dennoch gebe es weiterhin Einzelfälle, in denen Autos den Einsatzkräften direkt hinterherfahren. Ein verbreiteter Irrtum: Viele Autofahrer denken fälschlicherweise, sie müssten sich erst links und rechts einordnen, wenn sie im Rückspiegel das Blaulicht sehen oder ein Martinshorn hören. „Wenn es bereits eng wird, wird es ganz schwer, dass Fahrzeuge – vor allem Lkws – noch rechtzeitig auf die Seite kommen“, so die Leiterin der Autobahnpolizei in Gersthofen. Richtig dagegen ist es, sich bereits einzuordnen, sobald der Verkehr ins Stocken gerät.

    Rettungsdienstmitarbeiter: „Ist in Summe besser geworden“

    Dennoch ist eine positive Tendenz zu erkennen. Der Friedberger Georg Lehmacher arbeitet seit 42 Jahren im Rettungsdienst. Über seinen Alltag als Rettungsdienstmitarbeiter hat er bereits mehrere Bücher geschrieben. „Das Bilden einer Rettungsgasse ist in Summe besser geworden, weil sich herumgesprochen hat, wie man es richtig macht“, sagt der 62-Jährige. Es gibt jedoch ein einschränkendes „aber“. Die Marotte, dass sich manche Fahrzeuge, einfach durch die Rettungsgasse durchschlängeln, beobachtet er vermehrt. „Die Unverschämten werden noch unverschämter“, findet Lehmacher. Zudem sei die Situation „extrem tagesabhängig“. An einem Sonntagnachmittag, wo alle den Stress hinter sich haben, sei das Fahrverhalten hinsichtlich der Rettungsgasse vorbildlicher als beispielsweise am Freitagnachmittag, so seine Beobachtung.

    Eine weitere Herausforderung, mit der sich die Einsatzkräfte konfrontiert sehen: „Kaum ist das erste Rettungsfahrzeug durch, wird wieder zugemacht“, sagt Andreas Steber, stellvertretender Kommandant der Feuerwehr Friedberg. „Dieses Verhalten ist unser größtes Problem.“ Denn oft folgen zeitverzögert weitere Einsatzfahrzeuge. Diese geraten so in Zeitnot. Korrekt wäre, die Rettungsgasse unabhängig von sichtbaren Einsatzfahrzeugen aufrechtzuerhalten, bis der Verkehr wieder fließt. „Wir haben hinsichtlich der Rettungsgasse gute Tage und Tage, an denen wir uns schwertun, aber meistens könnte es noch besser sein“, beurteilt Steber die allgemeine Situation.

    „Spur-Hopper“ machen dem Rettungsdienst das Leben schwer

    Ähnlich sieht es Robert Treffler, Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr Adelzhausen: „Die Rettungsgasse funktioniert besser als früher.“ Ein großes Problem gebe es aber nach wie vor, nämlich die Ungeduld der anderen Verkehrsteilnehmer: „Niemand hat Zeit für einen Stau. Menschlich ist das verständlich, aber wenn schon einer nicht mitmacht, wird es eng für die Fahrzeuge.“ Häufig führe das dazu, dass die Rettungsgasse schon wieder geschlossen ist, sobald das erste Rettungsfahrzeug hindurchgefahren ist. „Aber da kommen ja noch viele Fahrzeuge mehr, von der Polizei bis zum Abschleppdienst“, sagt Treffler.

    „Ich glaube, es ist geringfügig besser geworden“, sagt auch sein Kollege Brandrat Friedhelm Bechtel von der Feuerwehr Augsburg. Kein Grund jedoch, sich darauf auszuruhen: „In Österreich klappt das noch besser, da ist das Bilden der Rettungsgasse besser angelernt und die Bußgelder sind höher.“ Deshalb setzt das Bayerische Rote Kreuz auch weiterhin auf Aufklärung. „Wir haben beispielsweise Aufkleber verschenkt und es gibt immer wieder Aktionen wie Info-Banner zur Rettungsgasse auf Autobahnbrücken“, berichtet Henning Edeler, Wachleiter und Einsatzleiter Rettungsdienst beim BRK Friedberg. Zudem wären viele Einsatzfahrzeuge mit Aufklebern zur Thematik versehen.

    Ihm sind besonders sogenannte „Spur-Hopper“ ein Dorn im Auge, also Autofahrer, die von links nach rechts und andersherum ziehen, um schneller voranzukommen. Auch innerorts sieht Henning Edeler Verbesserungsbedarf: „Manche achten nicht darauf, was hinter ihnen kommt oder überhören wegen lauter Musik das Martinshorn“, sagt Edeler. „Andere vermindern die Geschwindigkeit, ohne rechts ranzufahren oder sie bleiben vor oder in einer Kurve stehen oder blockieren die Einfahrt in eine Verkehrsinsel.“ Sein Fazit: Das Verhalten im Hinblick auf die Rettungsgasse sei „allgemein nicht schlechter geworden, eher gleichbleibend mit Tendenz nach oben“.

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