Manchmal betritt man einen Raum – und spürt, dass hier anders gesehen wird. Nicht lauter, nicht greller, sondern präziser. Emmeran Achter ist ein Künstler des konzentrierten Blicks. Seine Arbeiten verlangen keine Erklärungen, sie stellen Fragen – leise, aber eindringlich. „Ich will mit meinen Arbeiten Rätsel schaffen“, sagt der Künstler. Bei jeder Arbeit geht es ihm um die Zwischentöne, um das, was zwischen den Linien schwingt.

Emmeran Achter will Stimmungen erzeugen
Es sind keine klaren Botschaften, keine plakativen Aussagen, die er mit seinen Bildern tätigt. Vielmehr interessiert ihn das Ambivalente, das Uneindeutige, das, was sich der schnellen Deutung entzieht. In seinen Bildern gibt es kein reines Schwarz oder Weiß, keine einfachen Kontraste, sondern nur feine Übergänge, Verwischungen, Überlagerungen. „Ich will kein Motiv illustrieren, sondern eine Stimmung erzeugen“, sagt der Künstler.“

Die Basis seiner meist mittel- bis großformatigen Malereien in Öl bilden Fotografien. Flüchtige Aufnahmen, häufig mit Unschärfen, Verwacklungen oder digitalen Störungen. Was anderen als Ausschuss gelten würde, wird für Achter zur Inspirationsquelle. Er bearbeitet die Bilder, kombiniert Ausschnitte, fügt Elemente hinzu, lässt andere verschwinden. Am Ende steht eine neue Komposition. Es ist keine Nacherzählung, sondern eine Transformation.
In seinem lichtdurchfluteten Atelier ist der Übergang zwischen digitaler Vorlage und malerischer Geste kaum spürbar. Farbe fließt über Strukturen, Flächen flimmern, als bewegten sie sich, obwohl sie still sind. Man sieht: Hier geht es nicht um das Abbilden, sondern um das Empfinden. Um das, was zwischen den Bildern liegt – die Andeutung, der Nachhall, das Ungesagte.
Der Künstler wurde auf einem Bauernhof in Aichach geboren
„Mich interessiert nicht das Offensichtliche“, sagt Achter, „sondern das, was bleibt, wenn man zweimal hinschaut.“ Neben der abgebildeten Wirklichkeit führt Achter neben der Fläche und dem gemalten Bildraum als weitere Dimension die Zeit in seine Malerei ein. Aus einer Momentaufnahme wird eine Bewegung, die Idee eines Vorgangs oder gar eine Geschichte.

Achter fand spät zur Malerei. Auf einem Bauernhof in Aichach geboren, besuchte er die dortige Realschule. Erst im künstlerischen Zweig entdeckte er sein Talent für die Malerei. „Ich absolvierte die Fachoberschule und wollte ursprünglich Grafikdesign studieren“, erinnert sich Achter. Doch dieser Plan zerschlug sich. Die Werbebranche lag ihm nicht, sie war ihm zu plakativ. Stattdessen entschied er sich für eine Laufbahn als Fachlehrer für Werken, Technisches Zeichnen, Kunsterziehung und IT.

Doch die Malerei ließ ihn nicht los. Zwischen 2001 und 2007 studierte Achter Freie Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg und wurde Meisterschüler bei Professor Ottmar Hörl. Ein Zufallsfund sollte richtungsweisend für seinen künstlerischen Weg werden: Auf seinem Rechner entdeckte er verwackelte Digitalfotos von einem Open Air. „Warum nicht die Kunst von heute – digitale Fotografie – mit der Kunst von damals – Ölmalerei – verbinden?“, fragte er sich. Diese Idee markierte den Beginn seiner künstlerischen Laufbahn.

Der Weg des 53-Jährigen ist geprägt von zahlreichen Ausstellungen sowie öffentlichen Ankäufen, unter anderem durch die Bayerische Staatsgemäldesammlung München. Sein Gemälde „Baltimore“, hat den „Meckatzer Kunstpreis 2016“ gewonnen. Hier inszeniert der Künstler einen einzigen Männerkörper, der auf einem Selfie basiert. „Das Werk entstand zu der Zeit, als der Schwarze Freddie Gray in Baltimore nach einer Festnahme gestorben ist. Danach begannen die Unruhen in der Stadt an der Ostküste. So hat der Künstler sein Werk „Baltimore“ genannt.
Derzeit erschließt sich der Künstler neue Ausdrucksformen. Zum einen widmet er sich der Aktzeichnung, zum anderen entstehen Werke, bei denen Spachtelmasse zum Einsatz kommt – Materialien, die das Zufällige bewusst einbeziehen. „Meine ersten digitalen Schnappschüsse lassen sich heute auch mithilfe von KI erzeugen“, erklärt Achter die neue Richtung. Genau dieses Zusammenspiel von Zeichnung und generiertem Zufall markiert für ihn den Beginn eines neuen künstlerischen Zyklus.
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