Banken drehen bei Kontogebühren an Stellschrauben
In der Zinsflaute drehen Kreditinstitute an den Gebühren. Einzelposten werden teurer, oder kostenlose Konten werden an Bedingungen geknüpft.
Die Suche nach einem kostenlosen Girokonto ohne Bedingungen wird nach Einschätzung der Stiftung Warentest zunehmend schwieriger. "Auffällig ist, dass Gebühren erhöht werden, eingeführt werden oder kostenlose Konten mit Bedingungen verknüpft werden, beispielsweise einem monatlichen Geldeingang", sagte "Finanztest"-Expertin Heike Nicodemus.
Bei einer Auswertung von 380 Modellen von 152 Banken und Sparkassen fanden die Tester 14 Konten, die ohne Bedingungen kostenlos waren. Vor einem Jahr waren es noch 20. Den Angaben zufolge sind zehn der kostenlosen Modelle bei Kreditinstituten mit Filialen, die anderen bei Direktbanken.
Ohne Grundgebühr und ohne Bedingungen
Als kostenlos definiert die Stiftung Warentest: keine Grundgebühr, keine Gebühr für Kontoauszug, Buchungen, Girocard und beim Geldabheben am Automaten im eigenen Bankenpool sowie keine Bedingungen wie regelmäßiger Geld- und Gehaltseingang in einer bestimmten Höhe. Zugrundegelegt für die Auswertung in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Finanztest" (9/2021) wurde eine Modellkundin. Sie bekommt ein regelmäßiges Gehalt, führt das Konto online und nutzt es durchschnittlich.
Weitere 90 Konten, die einschließlich Girocard und allen Buchungen nicht mehr als 60 Euro im Jahr kosten, sind aus Sicht der Experten günstig. "Denn die Bank wickelt Buchungen ab, stellt Geldautomaten und sichere Technik für das Onlinebanking bereit. Wir stellen dabei allerdings fest, dass immer weniger Konten deutlich unter 60 Euro liegen", berichtete Nicodemus.
Papier-Überweisungen und Kreditkarten werden teurer
"Generell drehen die Kreditinstitute an verschiedenen Stellschrauben, so dass die Erhöhungen nicht so auffallen", sagte die Expertin. "So werden tendenziell Überweisungen in Papierform teurer, ebenso Kreditkarten." Problematisch sei, dass die Entgeltinformationen auf Webseiten der Institute oft sehr versteckt seien.
Gebührenerhöhungen hatte der Bundesgerichtshof zuletzt insofern Grenzen gesetzt, als Banken bei Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen. Die Klausel, wonach Geldhäuser von einer stillschweigenden Zustimmung ausgehen können, wenn Kunden einer Änderung nicht binnen zwei Monaten widersprechen, benachteilige Kunden unangemessen, hatte das Gericht im April entschieden.
Zustimmung der Kunden erforderlich
Kreditinstitute müssen Kunden nun im Nachhinein um Zustimmung zu den aktuellen Gebühren bitten. Zudem können Bankkunden Gebühren, die Institute ohne explizite Einwilligung erhoben hatten, zurückfordern - nach erster Einschätzung der Stiftung Warentest rückwirkend bis mindestens zum 1. Januar 2018. Allerdings rechnet sie damit, dass die meisten Institute die Kontogebühren nicht freiwillig zurückzahlen dürften.
Verbraucherschützer haben für diesen Fall bereits mit einer Klage gedroht. "Wenn wir jetzt nicht sehen, dass die unzulässigen Kontogebühren erstattet werden, dann werden wir in eine zweite Runde vor Gericht ziehen", sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), Klaus Müller, jüngst im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Finanzhäuser drehen seit Jahren an der Gebührenschraube. Niedrigzinsen setzen die Institute unter Druck. Zudem müssen die Geldhäuser 0,5 Prozent Negativzinsen zahlen, wenn sie bei der Europäischen Zentralbank Geld parken. Auch wenn es inzwischen Freibeträge für bestimmte Summen gibt, klagt die Branche über Milliardenbelastungen.
Immer mehr Bankfilialen schließen
Auch wegen der fortschreitenden Digitalisierung werden in Deutschland zudem immer mehr Bankfilialen geschlossen. Im vergangenen Jahr sank die Zahl nach Angaben der Bundesbank um 9,6 Prozent auf 24 100. Insgesamt wurden 2567 Zweigstellen geschlossen, nach 1772 im Jahr 2019.
Die Stiftung Warentest, die in staatlichem Auftrag eine kostenlose Webseite zum Girokontenvergleich betreibt, wertete die Konditionen von Girokonten mit Gültigkeit bis 31. August aus. Untersucht wurden alle bundesweiten Finanzhäuser sowie Direkt- und Kirchenbanken, alle Sparda- und PSD-Banken sowie die größten Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken je Bundesland. Sie decken den Angaben zufolge etwa 70 Prozent des Marktes ab. (tmn)
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