Grillen wie der Profi: Ein Sterne-Koch verrät seine Geheimtipps
Carsten Höppner lernte in der Drei-Sterne-Spitzenküche seinen Beruf. Heute lehrt der Koch in Grillschulen, wie man Steaks auf fast jedem Rost zaubern kann.
Wenn Carsten Höppner zu Hause auf seiner Terrasse grillt, mag es der Koch, der in der Drei-Sterne-Gastronomie gelernt hat, gerne einfach. In seiner Grillschule grillt der ehemalige Deutsche Grillmeister mit seinen Kursteilnehmern aufwendig riesige australische Tomahawk-Steaks, serviert trocken gereiftes Côte de Bœuf mit einer Kaffee-Korianderkruste auf Portwein-Schalottensoße an Fächerkartoffeln und diverse andere Raffinessen. Alles auf dem Grill zubereitet, selbst Fladenbrot und Pommes Frites im am Drehspieß rotierenden Garkorb. Zuhause im Ries aber legt sich der Profigriller am liebsten ein paar Scheiben Schweinebauch oder fränkische Bratwürste auf den Rost – wie zigtausende Hobbygriller auch.
„Schweinebauch ist gar nicht so leicht“, sagt der 38-jährige Kölner und streicht über seinen Vollbart. „Die meisten versuchen ihn, auf einer Höllenhitze in ein paar Minuten gar zu bekommen.“ Ein typischer Irrtum, der Gedanke, je heißer desto besser. „Vermutlich steckt in jedem Mann ein kleiner Pyromane, deshalb ist Grillen eine Männerdomäne“, sagt Höppner. „Aber einen Schweinebauch habe ich noch nie unter 40 Minuten gut hingebracht“, betont er. „Bei konstant höchstens 180 Grad schmilzt das Fett weg, das Fleisch wird zart und am Schluss knackt die Schwarte.“
Höppner: Der Deckel des Grills ist kein Regenschutz
Das funktioniert sowohl auf jedem Gasgrill, Kohlegrill als auch einem modernem Elektrogrill – vorausgesetzt der Meister am Grill benutzt auch den Deckel seiner kleinen Feuerstelle. „Es gibt immer wieder Leute in meinen Kursen, die staunen, wenn ich ihnen sage, der Deckel ist kein Regen- oder Staubschutz“, erzählt Höppner. „Wenn die Kursteilnehmer dann wissen wollen, ob ich denn immer mit Deckel grille, frage ich zurück, wie sie es den zuhause in ihrer Küche machen“, erklärt er mit rheinischem Humor. „Lassen Sie da beim Backen und Garen auch die Backofentüre offenstehen oder machen Sie sie zu?“ Nein, der Deckel, das lernt jeder in Höppners „Grillfabrik“, ist ganz entscheidend, um die Hitze beim Grillen zu steuern.
Bei Gas und Strom funktioniert das mit dem Drehregler. Bei Kohle-Kugelgrills, kann man meist mit einem Schieberegler an der Unterseite und mit einem drehbaren Lufteinlass an der Deckeloberseite dosieren: Viel Luftzufuhr, das heißt viel Sauerstoff, bringt die Kohlen heißer zum Glühen und lässt die Hitze steigen. Weniger Luft senkt die Temperatur langsam, wie man am Deckelthermometer beobachten kann. Holzkohle – unter Luftabschluss verkohltes Holz – brennt heißer als Briketts, aber auch deutlich kürzer. Briketts – mit Bindemitteln gepresster Kohlestaub – brennt nicht ganz so heiß, heizt aber erheblich konstanter und länger. „Mit Briketts kann man gut vier Stunden ohne Nachlegen grillen“, sagt Höppner.
Viele Grillgeheimnisse stehen in der Gebrauchsanleitung
Vermutlich lebt der Grilllehrer auch gut davon, dass kaum je ein Mann für einen Grill die Gebrauchsanweisung gelesen hat. „Hätte mir jemand vor zehn Jahren gesagt, dass ich heute mein Geld mit Grillen verdiene, hätte ich ihn wohl für verrückt erklärt“, sagt der 38-Jährige. Ende der Neunziger machte Höppner seine Ausbildung zum Koch in seiner Geburtsstadt Bergisch Gladbach im berühmten „Schlosshotel Lerbach“ und lernte dort unter dem legendären Drei-Sterne-Koch Dieter Müller. Doch nach ein paar Jahren kehrte Höppner erschöpft der Knochenmühle der Spitzengastronomie den Rücken. Später baute er eine große Grillschule in Köln auf, wo er seine bayerische Frau kennenlernte, die ihn in ihre Heimat im Nördlinger Ries lockte.
Seit vier Jahren betreibt Höppner als Chef und Eigentümer die Kochschule „Die Grillfabrik“ in Augsburg. Vor einem Jahr gründete er in Illertissen im Allgäu mit einem Partner einen zweiten Ableger seiner Grillfabrik. Die Hälfte seiner Kurse macht er als Franchisenehmer der „Weber-Grillakademie“. Der Grillhersteller mit dem deutschen Namen ist in Wahrheit ein US-Unternehmen aus Illinois, das heute auch in Deutschland als Marktführer gilt. Weber nimmt für sich in Anspruch, Anfang der fünfziger Jahre den Kugelgrill mit seinem runden Deckel erfunden zu haben.
Die einheitlichen Weber-Kurse sind meist sehr international: Man grillt im Basic-Kurs beispielsweise Flammkuchen, ein Lachs-Camembert-Sandwich, Gemüsepasta aus dem Grillwok, schließlich auch ein Steak, Braten und ein ganzes Hähnchen. Höppner bietet in der anderen Hälfte seines Angebots eigene ausgiebige Kurse an, etwa zum Thema Steak oder Burger. Er beschäftigt sich dabei auch mit den typischen Problemen deutscher Grillpartys: „Vater steht am Grill und auf dem Tisch stehen schon alle Salate. Und bis das erste Stück Fleisch fertig ist, sind die meisten schon satt vom Nudelsalat.“ Höppner rät, lieber eine Stunde bevor die ersten Gäste kommen, einen Braten auf den Grill zu legen: „Dann haben die ersten ausgehungerten Ankömmlinge gleich ein Stück Fleisch auf dem Teller, und man kann gemütlich Gang für Gang in den Grillabend übergehen.“
Zu den wichtigsten Grundlagen, die Höppner lehrt, zählt das sogenannte direkte und indirekte Grillen. „Das direkte Grillen auf der Glut oder der offenen Flamme ist wie das Anbraten in der Pfanne“, erklärt er. Höppner brät meistens mit einem „Cross-Branding“ an: Sobald sich das Fleisch vom Rost löst, dreht er es im rechten Winkel und brät Grillstreifen in einem Rautenmuster hinein. Das ist nicht nur gut für die Optik sondern auch für den Geschmack: „Die Röstaromen machen das typische Grillaroma aus.“ Höppner salzt und pfeffert das Fleisch übrigens auf nur einer Seite vor dem Grillen: „Das Salz löst Eiweiß aus dem Fleisch, das bringt noch mehr Röstaroma und der Pfeffer verbrennt nicht, weil das Fleisch genug Feuchtigkeit hat.“
Wie sich verschiedene Grillarten unterscheiden
Höppner erlaubte sich vergangenes Jahr den Spaß, die Gäste bei der Präsentation eines neuen Weber Elektro-Hightech-Grills mit einer Blindverkostung hinters Licht zu führen. Er grillte gleiches Fleisch auf einem Gas-, Kohle- und Elektrogrill. „Das Fleisch auf dem Elektrogrill habe ich schärfer angebraten und mehr Röstaromen erzeugt: Alle haben getippt, das muss das Fleisch vom Kohlegrill sein.“ Entscheidend sei aber der Grillrost und die Temperatur. Steaks brät Höppner bei mindestens 240 Grad an. Geflügelfleisch nur bei maximal 180 Grad, sonst klebt es am Rost fest und verbrennt, weil es mehr Eiweiß enthält, wie Höppner betont. Er muss es wissen: 2007 wurde er mit einer Geflügelkreation Deutscher Meister im Grillen. Auch Bratwürsten rückt Höppner nur mit 160 bis 180 Grad zu Leibe, damit sie nicht zu trockenen Ledergestalten mutieren.
Ist der Brennstoff für den Grill also egal? Nicht ganz: „Es gibt tatsächlich einen geschmacklichen Unterschied, der Kohlegrills ausmacht, doch der wirkt erst nach 45 Minuten“, sagt Höppner. „Kohle erzeugt eine trockenere Hitze als Gas, das kann man bei Bratenstücken vom Kohlegrill herausschmecken.“
Mindestens so wichtig wie das direkte Anbraten ist danach das sogenannte indirekte Grillen. Das heißt, Steaks kommen nach dem Anbraten in eine weniger heiße Grillzone. Bei einem Gasgrill mit zwei Brennern schaltet man einen aus und legt das angebratene Fleisch auf die abgeschaltete Seite des Rosts. Oder gleich auf ein Ablagegitter über dem Rost. So zieht das Fleisch gar und muss hinterher auch nicht mehr „ruhen“. Bei Kohlegrills kommt es darauf an, wie man die Kohle im Grill positioniert: Bei der „Fifty-Fifty-Methode“ lässt man beispielsweise eine Hälfte des Grills frei.
So funktioniert indirektes Grillen
Höppner legt die im Feuerkamin 20 Minuten angezündeten Briketts in zwei Feuerkörbe des Grills und schiebt sie an die Seiten. In die Mitte stellt er eine Aluschale ohne Wasser zum Auffangen von Fett. An den Seiten könnte man Steaks anbraten und in der Mitte gar ziehen lassen, bis das elektronische Grillthermometer mit dem Spießfühler am hitzefesten Draht die gewünschte Kerntemperatur von 58 Grad Medium-Rosa zeigt. Höppner legt heute aber ein zwei Kilo schweres Entrecote, das Côte de Bœuf, auf Deutsch Hohe Rippe, über die Schale zwischen den Kohlen auf den Rost.
Eingerieben hat er es mit je drei Esslöffel gemörserten Kaffeebohnen, Koriandersamen, Meersalz, je einem Esslöffel Braunem Zucker, Pfeffer und einem Teelöffel Piment. Deckel zu und bei 150 Grad indirekter Hitze garen, bis das Kernthermometer bei 58 bis 60 Grad Alarm schlägt. Da das Fleisch 40 Tage trocken gereift („dry aged“) ist, schmeckt es nicht nur besonders intensiv, sondern wird auch auf dem Grill etwas schneller fertig. Nach gut einer Stunde serviert er es seinen Kurs-Gästen. Rosa, zart und saftig.
Die Diskussion ist geschlossen.