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Foto: Marcel Kusch, dpa
Foto: Marcel Kusch, dpa

 Der insolvente deutsche Reiseveranstalter Thomas Cook hat schon gebuchte Reisen für das kommende Jahr abgesagt.

Reisebranche
21.11.2019

Pleite: Was Thomas-Cook-Kunden jetzt wissen müssen

Von Lilo Solcher

Der Ausverkauf des insolventen Reisekonzerns Thomas Cook geht weiter. Aber was bedeutet das für die Kunden? Reiserechtsexperte Ernst Führich klärt auf.

Die größte Pleite in der Tourismusgeschichte könnte für viele Mitarbeiter noch glimpflich ausgehen. Klar ist inzwischen, dass der insolvente deutsche Reisekonzern Thomas Cook in Einzelteilen verkauft wird. Der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof übernimmt 106 der 126 Thomas-Cook-Reisebüros, und der türkische Reiseveranstalter Anex Tour übernimmt den Türkeispezialisten Öger Tours und den Best Deal Anbieter Bucher Reisen. Was aber bedeutet das für die bisherigen Thomas- Cook-Kunden? Wir sprachen darüber mit dem renommierten Kemptener Reiserechtler Prof. Ernst Führich.

Hat denn die Übernahme von Thomas Cook Reisebüros Auswirkungen auf bestehende Kundenbuchungen?

Ernst Führich: Nein. Diese Reisebüros sind reine Reisevermittler. Sie verkaufen nur die Produkte von Thomas Cook wie Baustein- oder Pauschalreisen. Vertragspartner im Sinn des Reiserechts ist immer der jeweilige Veranstalter, aber nicht das Reisebüro. Der Vertragspartner garantiert die Durchführung der Reise, an ihn hat der Kunde den Reisepreis zu zahlen. Das Reisebüro leitet die Zahlungen als Vermittler nur weiter.

Das Geld für die Übernahme fließt ja wohl in die Insolvenzmasse von Thomas Cook ebenso wie die Einnahmen für den Verkauf von Bucher und Öger, die möglichen Gelder für die Übernahme von Thomas-Cook-Exklusivitäten durch die Wettbewerber und die zwölf Millionen, die der chinesische Mischkonzern Fosun für die Markenrechte bezahlt hat. Kommt denn ein Teil dieser Gelder auch den Kunden zugute?

Führich: In erster Linie hat der Kunde als Ansprechpartner für etwaige Rückforderungen die Zurich Versicherung als Kundengeldabsicherer, der für die Abwicklung die Kaera AG beauftragt hat. Die Versicherung ist zuständig, und nicht der Insolvenzverwalter der Insolvenzmasse. Wenn aber der Kunde auf einem Teil seiner Forderungen sitzen bleibt, hat er einen Anspruch gegen die Insolvenzmasse seines Thomas-Cook-Reiseveranstalters. Und dort ist der Kunde nur normaler Insolvenzgläubiger, ohne die Vorrechte zum Beispiel eines Arbeitnehmers. In der Regel bekommt er nichts. Die Erfahrung hat gezeigt, dass diese Ansprüche nichts wert sind und nur im Gesetz stehen.

Und was ist mit Bucher und Öger, die auch einen neuen Besitzer haben?

Führich: Die türkische Gruppe Anex übernimmt – wie ich weiß – nur die Mitarbeiter und das Reisegeschäft in der Zukunft. Dass die neuen Besitzer die Reiseverträge der alten Kunden übernehmen, die auf ihren Buchungen sitzen geblieben sind, ist unwahrscheinlich. Betroffene Kunden sollten sich an Bucher oder Öger beziehungsweise an ihr Reisebüro wenden und Auskunft verlangen.

Nun hat eine Anwaltskanzlei im Namen einer Reisenden beim Landgericht Berlin Klage wegen Staatshaftung gegen die Bundesrepublik eingereicht. Bringt das was für die Kunden?

Führich: Das ist reine Publicity der Anwälte. Eine Staatshaftung greift erst, wenn alle anderen Wege ausgeschöpft sind, also eine Direktklage gegen Zurich. Bei einer Klage gegen Deutschland kommt wohl auch nichts raus, weil die neue Pauschalreiserichtlinie ausdrücklich eine Haftungsbegrenzung der Erstattung von Kundengeldern bei der gleichzeitigen Pleite mehrerer der größten Veranstalter zulässt. Sonst würde der Sicherungsschein für den Kunden zu teuer.

Was können Kunden jetzt noch tun?

Führich: Am besten abwarten, bis Zurich offenlegt, welche Quote ausbezahlt wird. Und dann warten wir auf den Verbraucherschutzverband in Berlin. Er könnte eine Musterfeststellungsklage gegen die Bundesrepublik in die Wege leiten, der sich dann Betroffene kostenlos anschließen können. Man kann die Urlauber schließlich nicht im Regen stehen lassen.

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