Steigt oder sinkt die Rente?
2019 bekommen Rentner mehr Geld. Aber wie geht es in den kommenden Jahren weiter? Und wie entwickeln sich die Beiträge für Arbeitnehmer?
Die gute Nachricht zuerst: Die Renten werden auch im kommenden Jahr deutlich steigen. Wie deutlich, darüber streiten noch die Gelehrten. Die Bundesregierung nennt in ihrem vorab bekannt gewordenen Rentenbericht die Zahl 3,18 Prozent für den Westen (3,91 Prozent im Osten). Die Deutsche Rentenversicherung ist vorsichtiger: Sie beschreibt einen Korridor von 3 bis 3,5 Prozent für den Westen, je nachdem, wie die endgültigen Zahlen für die Lohnentwicklung 2018 ausfallen. Und die gibt es erst etwa zu Frühjahresbeginn. Wer also bisher angenommen 1100 Euro Rente monatlich bekommt, hat ab dem kommenden Juli zwischen 33 und 38,50 Euro mehr auf dem Konto.
Dämpfer für Rentner
Die schlechte Nachricht für die Rentner: 2020 müssen sie einen Dämpfer hinnehmen. Schuld ist das Rentenpaket von CDU/CSU und SPD, das am Donnerstag den Bundestag passieren soll. Dieses sieht unter anderem vor, dass der Rentenbeitrag von 18,6 Prozent beibehalten wird, obwohl er wegen der üppigen Reserven der Rentenversicherung – Ende 2018 wohl 38 Milliarden Euro – auf 18,2 Prozent gesenkt werden könnte. Hintergrund: Werden die Beitragszahler entlastet, wirkt sich das im Folgejahr positiv auf die Höhe der Renten aus; umgekehrt gilt: Steigt der Beitrag, sinkt das Rentenplus. Der Grund: Die Last soll von beiden Seiten gleichmäßig getragen werden.
Wie die Rentenversicherung darlegte, geht den Rentnern durch die Berliner Beschlüsse ein Plus von rund 0,9 Punkten verloren. Beispiel: Anfang 2020 würde festgestellt, dass die Renten um 2,5 Prozent angehoben werden. Ohne die aktuellen Beschlüsse zur Beitragsstabilisierung auf zu hohem Niveau hätten es 3,4 Prozent sein können.
Für diese Maßnahme gibt es mehrere Gründe. Das Gesetz soll Leistungen der Rentenversicherung nicht nur stabilisieren, sondern auch verbessern. Bekanntlich hat die Koalition eine „doppelte Haltelinie“, wie sie es nennt, eingezogen, mit der der Beitragssatz mindestens bis 2025 nicht über 20 Prozent steigen und das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent sinken soll. Dafür sind stabile Finanzen erforderlich.
Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass dies mit einem gleichbleibenden Beitragssatz von 18,6 Prozent bis einschließlich 2023 auch funktionieren kann. Dann wären allerdings auch die Reserven bis auf 0,2 sogenannte Monatsausgaben aufgebraucht. Die aktuell 38 Milliarden Euro entsprechen übrigens dem 1,77-fachen dessen, was die Rentenversicherung monatlich aufwendet. 2024 droht dann der große Schock: Die Beiträge steigen nach den derzeitigen Prognosen auf 19,9 Prozent. Bei einem Brutto-Einkommen von 4000 Euro bedeutet das für Arbeitnehmer und -geber eine zusätzliche Belastung von jeweils 26 Euro.
Die erweiterte Erwerbsminderungsrente soll Altersarmut verhindern
Deren Vertreter in der Selbstverwaltung der Rentenversicherung sind sich allerdings darin einig, dass die kommenden Leistungsverbesserungen nicht von den Beitragszahlern sondern gesamtgesellschaftlich von den Steuerzahlern bezahlt werden müssten, was die Politik ablehnt. Es geht um die Mütterrente II und die Änderungen bei der Erwerbsminderungsrente, die jetzt beschlossen werden. Ab Januar erhalten bekanntlich Mütter (auch manche Väter) für jedes vor 1992 geborene Kind in der Regel einen halben Beitragspunkt gutgeschrieben.
Das macht pro Kind aktuell 16,02 Euro mehr im Monat aus. Dafür müssen die Beitragszahler jährlich 3,85 Milliarden Euro aufwenden. Die Mütterrente, so Arbeitgebervertreter Alexander Gunkel, bekommen auch Eltern, die niemals in die Rentenversicherung einbezahlt haben, beispielsweise Ärzte, Apotheker und Rechtsanwälte. Nicht zuletzt deshalb dringen er und die DGB-Vertreterin Annelie Buntenbach auf Kostenübernahme durch den Bund.
Eine Maßnahme gegen Altersarmut soll die erweiterte Erwerbsminderungsrente sein. Das heißt: Wer aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in Ruhestand geht, bekommt eine Rente, als hätte er bis ins Alter von 62 und drei Monaten gearbeitet. Ab Januar erhöht sich diese Grenze – im Fachjargon: Zurechnungszeit – mit einem Schlag auf 65 Jahre und acht Monate und steigt mit der Altersgrenze, was die Renten erhöht. Die Rentenversicherung rechnet mit mehr Anträgen: In Einzelfällen könnte die Erwerbsminderungsrente höher ausfallen als die vorgezogene Altersrente.
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