Hondas Jüngster im ersten Test: Jetzt swingt der Jazz!
Honda frischt seinen praktischen Kleinwagen auf. Er bekommt einen neuen Motor - und verblüfft gleich in mehrerlei Hinsicht.
Verzerrtes Bass-Gezupfe und Saxophon-Dudelei sind nicht jedermanns Sache; auch der Autor dieser Zeilen verlässt selbst die coolste Bar fluchtartig, wenn eine Jazz-Combo zu spielen beginnt. Ganz anders verhält es sich mit dem frisch überarbeiteten Honda Jazz: der japanische Kleinwagen ist von schrägen Tönen weit entfernt und lädt zum Einsteigen und Wohlfühlen ein. Vor allem, wenn der neue 1,5-Liter-Motor unter der Haube steckt.
Kein Retro-Chick, kein knuffiges Kleinwagen-Gesicht: Honda verzichtet auch beim Facelift auf die gängige erfolgversprechende Kleinwagen-Formensprache und bleibt seiner leicht exzentrischen Optik treu; Front und Heck wurden sogar ein wenig markanter gestaltet.
Das Aussehen allerdings spielt im Honda-Jazz-Orchester ohnehin nur die zweite Geige. Die Kunden schlagen vor allem wegen des großzügigen Platzangebots und der einzigartigen Praktikabilität zu. Obwohl nur 4,05 Meter lang und damit sogar etwas kürzer als ein VW Polo, sitzen selbst Fast-zwei-Meter-Hünen auf nahezu allen Plätzen kommod; einzig der Beifahrerfußraum ist ob des ausladenden Armaturenbretts ein wenig eingeschränkt. Wünschenswert wäre ein etwas größerer Verstellbereich des Lenkrads. Ob man gut hinter das Volant passt hängt aber ja bekanntlich weniger von der Länge als vom persönlichen Konstitutionstyp ab.
Sind vier Leute an Bord, stehen noch 354 dank der niedrigen Ladekante gut zu bepackende Liter Stauraum parat, verzichtet man auf die Fondplätze, wächst das Gepäckabteil um mehr als 500 Liter.
So weit, so üblich. Richtig clever aber sind die Magic Seats des Honda Jazz: Die Sitzfläche der Rückbank lässt sich wie bei einem Kinosessel hocklappen. So können große Koffer, Weinkisten oder der Wochenendeinkauf problemlos hinter den Vordersitzen verstaut werden. Möglich macht’s der beim Jazz unter den Vordersitzen montierte Kraftstofftank, der sich sonst unter der Rückbank breit macht.
Apropos Kraftstoff: 40 Liter Benzin passen in den Honda Jazz, und damit geht er recht sparsam um. Zumindest der neue 1,5er-Motor hat uns bei der ersten Ausfahrt mit seinem gezügelten Durst überrascht. Das ist umso erstaunlicher, als dass der Vierzylinder schließlich das neue Top-Modell ist. Bislang war der Jazz nur mit einem 102 PS starken 1,3-Liter-Motor zu haben, sein etwas größerer Bruder hebt die Leistungsspitze auf 130 PS an. Die machen sich in merklich gesteigertem Fahrspaß bemerkbar: Der frei atmende Saug-Motor nimmt artig Gas an und bringt den 1,1 Tonnen schweren Jazz in 8,7 Sekunden auf Tempo 100 – zweieinhalb Sekunden schneller als das Basis-Aggregat.
Mit dem 1,5er sind also spontane Überholmanöver auf der Autobahn kein Problem, und auf der Landstraße rechtfertig sich endlich die für den Stadtverkehr etwas zu straffe Fahrwerksabstimmung. Beherzt lässt sich der Jazz in die Kurve werfen – was man ihm in Anbetracht seines hohen Aufbaus gar nicht zutraut. Und trotzdem: Am Ende unserer flotten Ausfahrt zeigte der Bordcomputer 5,7 Liter Durchschnittsverbrauch an, und damit zwei Zehntel weniger (!) als im Normzyklus ermittelt. Das ist kein super-sparsamer, aber dafür ehrlicher Wert. Die meisten seiner im Katalog mit 4-Komma-X-Litern angegeben Turbo-Mitbewerber brauchen in der Praxis nämlich auch nicht weniger.
Stichwort weniger: Das trifft beim Jazz 1,5 i-VTEC leider auf die Ausstattung zu. Der neue Motor ist nur in der eigens kreierten Dynamic-Version zu haben. Die kostet mit 19990 Euro genau so viel wie das schwächere 1,3er-Top-Modell, allerdings erkauft man sich das Plus an Leistung in diesem Fall durch den Verzicht auf Klimaautomatik, Rückfahrkamera und das schlüssellose Zugangs- und Startsystem – und diese Komfort-Extras sind nicht mal gegen Aufpreis zu haben.
Ankreuzen kann man neben dem Metallic-Lack das CVT-Getriebe (1300 Euro) sowie das Touchscreen-Navi. Das hinterlässt einen ordentlichen Eindruck, arbeitet aber nur per Mirror-Link mit Smartphones zusammen und nicht über Apple CarPlay oder Android Auto.
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