Heizöl im Internet bestellen, die Preisentwicklung beobachten – und den Vertrag dann stornieren, falls der Preis fällt: Das ging früher und hat den Kunden mitunter deutliche Kostenvorteile gebracht, weil sie zum günstigen Zeitpunkt neu ordern konnten. Doch der Gesetzgeber hat dem einen Riegel vorgeschoben: Heizölkäufe können nicht mehr widerrufen werden.
„Der Verlust des Widerrufsrechtes bei Heizöl-Lieferungen ist für Verbraucher bitter“, sagt Matthias Bauer, Abteilungsleiter Energie der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Nach Angaben des Verbraucherschützers betrifft die gesetzliche Neuregelung auch andere nicht leitungsgebundene Energieträger, neben Heizöl etwa auch Pellets, Scheitholz und Kohle.
Was heißt das für Verbraucher? Seit Heizenergie immer teurer wird, denken die Haushalte noch genauer darüber nach, wann sie am besten ihre Tanks für den Winter füllen. Den richtigen Bestell-Zeitpunkt zu erwischen, spart viel Geld. Preisprognosen sind aber schwierig. So ist Heizöl in jüngster Zeit deutlich teurer geworden, aber niemand weiß, ob sich die Entwicklung fortsetzt oder möglicherweise auch umkehrt und der Preis wieder sinkt. Dann wäre es lohnend, mit dem Kauf noch zu warten.
Widerrufsrecht bei Fernabsatzgeschäften ist außer Kraft gesetzt
Gegen dieses Preis-Risiko gab es bis vor zwei Jahren einen Trick: Viele Kunden bestellten online, telefonisch oder per E-Mail – und stornierten die Bestellung bei sinkenden Preisen, um dann beim selben Lieferanten oder woanders billiger einkaufen zu können. Das gesetzliche Widerrufsrecht bei sogenannten Fernabsatzgeschäften gab ihnen dazu 14 Tage lang Gelegenheit. Wenn das Unternehmen nicht ordnungsgemäß über das Recht informierte, verlängerte sich die Frist sogar auf ein Jahr und 14 Tage. Gründe für den Rücktritt vom Kauf mussten nicht genannt werden.
Ausnahmen vom Widerrufsrecht galten bislang nur für wenige Produkte, wie etwa Maßanzüge und versiegelte oder schnell verderbliche Waren. Was sind also die Hintergründe? Mit der eleganten Möglichkeit, Heizöl im Internet zu bestellen und vom Kaufvertrag danach problemlos zurückzutreten, hat der Gesetzgeber weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit Schluss gemacht. Versteckt in der Begründung eines Gesetzes, das eine EU-Verbraucherschutz-Richtlinie aus dem Jahr 2019 umsetzt, wird das Widerrufsrecht durch § 312g Absatz 2 Nr. 8 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgeschlossen.
Die EU begründet die Bestimmung damit, dass der Preis der Energien von kurzfristigen Schwankungen auf den internationalen Märkten abhängig sei, auf die das liefernde Unternehmen keinen Einfluss habe. Die Regelung ist im Bundesgesetzblatt am 17. August 2021 veröffentlicht und seither gültig. „Die Lobby der Heizölbranche hat zum Nachteil der Verbraucher ganze Arbeit geleistet“, meint dazu Verbraucherschützer Bauer.
Heizöl-Preise: Der Online-Vergleich von Anbietern lohnt sich
Der Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti) begrüßt die Neuregelung. Mit ihr solle „das gegenseitige Vertrauensverhältnis in der teils langjährigen Kundenbeziehung geschützt und zugleich eine faire und verlässliche Wärmeversorgung der Verbraucher/innen durch den Händler zu den vereinbarten Konditionen garantiert werden“. Nach Angaben des Verbandes bedienen die Uniti-Mitglieder rund 80 Prozent des Gesamtmarktes für Heizöl und feste Brennstoffe.
Wie können die Kunden reagieren? Wegen der aktuell hohen Heizöl-Preise und der erwarteten Anhebung des CO2-Preises ab dem neuen Jahr denken viele Haushalte jetzt schon daran, ihre Öltanks für den Winter füllen zu lassen. Durch den Vergleich auf Internetportalen könnten sie den günstigsten Anbieter in ihrer Region finden und die gewünschte Tankmenge gleich auch beim Händler bestellen, empfiehlt der Eigentümerverband Haus und Grund Rheinland-Pfalz.
Eine andere Frage ist, ob die Gesetzesnorm selbst infrage gestellt werden kann. So weist die Verbraucherzentrale darauf hin, dass der Bundesgerichtshof (BGH) das Widerrufsrecht von Heizöl-Kunden in einem 2015 gefällten Urteil noch bejahte. Demnach wiesen Verträge über die Lieferung von Heizöl „im Kern gerade keinen spekulativen Charakter auf“, da es sich hier um klassische Daseinsfürsorge – Wärme und Heizung – handele. „Der Rechtsweg, ein erneutes Urteil des BGH zu erwirken, ist grundsätzlich offen“, sagt Verbraucherschützer Bauer. Er schränkt jedoch ein: „Ob sich Verbraucher finden, die diesen Weg bis zum BGH gehen wollen, wissen wir nicht. Dafür benötigen wir einen sehr langen Atem“.