
Warum wir alle mehr über Geld reden sollten

In vielen Familien sind alle Fragen rund um Geld und Vermögen Tabuthemen. Doch nicht nur Kinder profitieren von einem offeneren Umgang mit diesem wichtigen Alltagswissen.
Finanzbildung ist aktuell in aller Munde. Möglichst schon in der Schule soll Finanzkompetenz vermittelt und erlernt werden. Denn der bewusste und verantwortungsvolle Umgang mit Geld ist eine Grundvoraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben. Soweit so gut. Doch was passiert eigentlich in den Elternhäusern und Familien zu diesem Thema? Also in der Umgebung, in der wir einen Großteil unserer Alltagskompetenz erlernen. Gerade hier sind Geld oder das Familienvermögen oft immer noch Tabuthemen.
Wer wie viel verdient, welche Kreditbelastungen, Geldanlagen und Versicherungen bestehen, sind kaum Themen für den Essenstisch. Teilweise nicht einmal für die Eltern untereinander. Die Erfahrungen aus der Verbraucherfinanzberatung zeigen: Wer das Schweigen bricht, kann so gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen:
1. Der Mensch lernt durch Nachahmung.
Schule kann die theoretischen Grundlagen der Finanzbildung vermitteln. Für die konkrete Anwendung dieses Wissens sind aber praktische Beispiele und Vorbilder wichtig. Wenn also zu Hause über das Haushaltsbudget, die Bankkonten und Lebensversicherungen gesprochen oder gar die Kapitalanlagestrategie und das Aktiendepot diskutiert werden, ist das intuitive Vermittlung praktischen Finanzwissens.
2. Transparenz schafft Vertrauen.
Leider ist das Thema Finanzen in einer Familie häufig nicht so erfreulich oder positiv belegt. Die Absicht vieler Eltern, ihre Kinder von Diskussionen über Zahlungsschwierigkeiten, Schulden und die damit verbundenen Existenzängste fernzuhalten, ist daher nachvollziehbar. Dass etwas nicht stimmt, bekommen die Kinder aber trotzdem mit. Je älter sie werden, desto wichtiger ist es daher unbequeme Wahrheiten mit ihnen zu teilen und sie vielleicht sogar bei der Lösungsfindung einzubeziehen. Die Erfahrung: "Wie funktionieren wir als Familie in einer Krise", sollte das Thema Geld nicht ausklammern. Dies erfordert einen Vertrauensvorschuss der Eltern und gleichzeitig den Mut einzugestehen, auch nicht alles im Griff zu haben. Doch gerade so erarbeitet man sich Respekt und Vertrauen und stärkt den familiären Zusammenhalt.
3. Wer über Geld spricht, betreibt Betrugsprävention.
Warum überweisen Menschen wildfremden Anrufern hohe Summen auf ein Konto im Ausland nur aufgrund des Versprechens, dies gewinnbringend anzulegen? Oft, weil Geldanlage Privatsache ist, die man mit sich selbst ausmacht. Das Problem bei Tabus ist, dass durch den fehlenden Austausch mit anderen das eigene Wissen und Verständnis nicht infrage gestellt werden. Ohne Zweitmeinung ist man dann eher bereit, nach dem Prinzip "Wird schon gut gehen" zu verfahren und windigen Gewinnversprechen nachzugeben.
4. Die beste Vorsorge bringt nichts, wenn sie keiner kennt.
Wie viele Lebensversicherungen wohl nicht zur Auszahlung kommen, weil die Hinterbliebenen zu spät vom Vertrag erfahren haben? Um so etwas zu verhindern, sollte man mit volljährigen Kindern den Fall "Was tun bei Tod eines und beider Elternteile" in der Theorie durchspielen und dies alle zehn Jahre wiederholen. Gerade in dieser Ausnahmesituation wird sich so eine "unangenehme Vorübung" später vielfach auszahlen.
Zur Person: Sascha Straub ist Fachmann für Finanzfragen und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Bayern.
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