Für viele ältere Menschen ist der Gang in ein Pflegeheim eine schwere Entscheidung – auch wenn es medizinisch sinnvoll ist. Manche fürchten um ihre Selbstständigkeit. Andere sorgen sich darum, wie die teure Pflege finanziert werden kann. Diese Sorge ist berechtigt: Die Pflegekosten plus Unterkunft, Verpflegung und möglichen Zusatzkosten sind in der Regel höher als der Zuschuss aus der gesetzlichen Pflegekasse.
Das lässt sich bei Pflegegrad 1 oder 2 vielleicht noch aus den Rücklagen finanzieren. Doch je höher der Pflegegrad, desto teurer wird es. Stand Januar 2025 mussten Bewohner in Pflegeheimen monatlich im Schnitt 2984 Euro Eigenbeteiligung zahlen. Der fällige Beitrag variiert zwischen den Bundesländern und mit der Dauer des Aufenthalts im Heim. In der Regel dürfte die Belastung aber die monatliche Rente übersteigen. Falls keine ausreichenden Rücklagen vorhanden sind, kann das zu einer handfesten finanziellen Belastung für die gesamte Familie werden.
Teures Pflegeheim: Wenn das Sozialamt einsprint, holt es sich die Kosten zurück
Denn gesetzlich sind Verwandte ersten Grades dazu verpflichtet, finanziell füreinander einzustehen. „Kommt etwa ein Elternteil in ein Pflegeheim, muss sich der zu Hause verbleibende Ehe- oder Lebenspartner an den Kosten beteiligen“, erklärt Verena Querling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Reicht das laufende Einkommen dafür nicht aus, geht es an das Vermögen. Dabei gilt ein sogenanntes Schonvermögen – bei Ehe- oder Lebenspartnern insgesamt 10.000 Euro. Zusätzlich zum Schonvermögen bleibt ein angemessener Betrag unangetastet, der zweckgebunden für die eigene Bestattung und Grabpflege angelegt wurde.
Reichen Einkommen und Vermögen nicht aus, um die Pflege zu zahlen, springt zunächst das Sozialamt ein – und das tritt dann an die Kinder heran, um sich das Geld gegebenenfalls zurückzuholen. „In aller Regel sind es die Sozialhilfeträger, die Anspruch auf Elternunterhalt geltend machen“, erklärt Quiring.
Es gibt zwei Hauptvoraussetzungen, unter denen Kinder für den Unterhalt ihrer Eltern aufkommen müssen, erklärt Sabine Brandl, Expertin der Ergo Rechtsschutz: „Erstens, die Einkünfte der Eltern sowie deren Rücklagen oder Immobilien reichen nicht aus, um den laufenden Lebensunterhalt zu decken. Zweitens, der eine Ehepartner ist nicht in der Lage, den anderen finanziell zu unterstützen.“ Oft seien die Kinder überrascht, wenn sie plötzlich Post vom Sozialamt erhalten und aufgefordert werden, ihre Einkommenssituation offenzulegen – und fragen sich, ob sie dieser Aufforderung tatsächlich nachkommen müssen.
Seit 2020 sind Kinder besser geschützt
Die Behörde hat den Auftrag, dieses Steuergeld von den Kindern der Betreuten zurückzuholen. Bis 2019 kannten die Ämter dabei kein Pardon. Noch dazu hatten sie bundesweit sehr unterschiedliche Forderungen. In der Regel bedeutete dies: Je ärmer die Gemeinde, desto konsequenter holte sie sich das Geld von den Kindern zurück. Denen blieb dann mitunter nur noch ein niedriger Selbstbehalt.
Doch 2020 hatte der Gesetzgeber ein Einsehen: Seitdem gilt das sogenannte Angehörigen-Entlastungsgesetz, das den Zugriff der Ämter auf das Vermögen der Kinder deutlich einschränkt. Es wurde eingeführt, um sicherzustellen, dass Kinder nicht unverhältnismäßig für die Pflegekosten ihrer Eltern aufkommen müssen. Seitdem gilt: „Eigene und adoptierte Töchter und Söhne sind erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro zum Elternunterhalt verpflichtet“, erklärt Ergo-Juristin Brandl. Schwiegerkinder müssen nicht für ihre Schwiegereltern zahlen und Kinder, die bereits eine Person pflegen, sind vom Elternunterhalt ausgenommen.
Eine private Pflegeversicherung kann helfen
Die Einkommensberechnung erfolgt in zwei Schritten: Zunächst ermittelt das Amt das bereinigte Nettoeinkommen der vergangenen zwölf Monate. Dazu zählen neben Lohn- oder Gehaltszahlungen auch Mieteinnahmen oder Zinserträge aus Kapitalanlagen, so Fachanwältin Becker. „Allerdings können Ausgaben geltend gemacht werden, die unter dem Strich das Einkommen reduzieren.“ Das könnten etwa ein Immobilienkredit oder private Altersvorsorgekosten sein.
Muss eine Person schon Unterhalt für Kinder oder einen Ex-Partner leisten, sind die vorrangig gegenüber dem Elternunterhalt. Wenn schlussendlich Einkünfte über 100.000 Euro im Jahr bestehen, sind Tochter oder Sohn zahlungspflichtig. Den Einkünftenachweis zu verschleppen oder zu verweigern, ist dabei keine gute Idee: Dann muss das Sozialamt vor dem Familiengericht auf Zahlung klagen. Sinnvoller sei es, den Lebensunterhalt der Eltern frühzeitig etwa durch eine private Pflegeversicherung abzusichern, rät die Versicherungsexpertin.
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