
Was Läufer im Winter beachten müssen

Auch in der kalten Jahreszeit ist Bewegung an der frischen Luft gesund für Körper und Psyche. Aber wie warm muss man sich anziehen? Und wie stark kann der Frost sein?
Eine frische Winterbrise füllt seine Lungen. Die Sonne geht auf und erhebt sich aus einem Nebelmeer. Nach den ersten, noch kalten zehn Minuten kommt Lukas Naegele in seinen Laufrhythmus, der ihn in einen meditationsähnlichen Zustand versetzt. Musik braucht es dazu gar nicht. Es gibt nur noch ihn, das Geräusch seines Atems und das Rauschen der Blätter im Wald, sagt er. Doch auch dem 31-jährigen Trailrunner fällt es manchmal schwer, seinen inneren Schweinehund zu bezwingen und im Winter zu laufen. Dabei hat der gebürtige Freiburger erst vergangenes Jahr an der Trail-Weltmeisterschaft in Portugal teilgenommen, so wie an vielen weiteren Wettkämpfen. Aber ein Ziel vor Augen und der Gedanke, endlich abschalten zu können, helfen Lukas stets seine Laufrunde zu beginnen.
Die Motivation: Kopf freibekommen
Laufen gilt schon länger als Trendsport und vor allem während der aktuellen Corona-Krise ist die Begeisterung für den Laufsport gestiegen, um die vielen zu Hause verbrachten Stunden auszugleichen. Eine Studie im Auftrag des Sportartikelherstellers Asics zeigt, dass 79 Prozent der deutschen Läufer laufen gehen, um ihren Kopf freizubekommen. 72 Prozent wollen sich mental stärken. Es gebe ihnen das Gefühl, die aktuelle Situation besser unter Kontrolle zu haben.
Die richtige Kleidung: Funktionsshirt, Fleece-Pulli, dünne Jacke, Schuhe
Doch wer im Winter laufen will, sollte einiges beachten. „Im Winter spielt Kleidung eine wichtige Rolle“, erklärt Lothar Daschner, Vorstand des LLC Marathon Regensburg, dem größten Laufverein Deutschlands. Neben seiner Vorstandsposition ist er Leiter einer Laufgruppe und empfiehlt zum Laufen im Winter den Zwiebellook – also, mehrere Kleidungsstücke übereinander zu tragen. „Das erste Ziel ist es, den Körper trocken und warm zu halten“, sagt Daschner. Für die erste Kleidungsschicht eigne sich ein Funktionshemd, welches den Schweiß vom Körper wegtransportiert und die Haut trocken hält. Als Nächstes heißt es: Isolieren. Zur Wärmeregulierung biete sich das Tragen eines langärmligen Funktionsshirts oder eines Fleece-Pullovers an. Zum Schluss brauche es nur eine dünne Jacke, die Wind und Regen abhält. Bei sehr niedrigen Temperaturen könne man je nach Bedarf noch zu wärmenden Accessoires greifen, wie Mütze und Handschuhe. Sie verhindern, dass beim Laufen zu viel Körperwärme abgegeben wird.
Die richtigen Schuhe sind ebenfalls essenziell. Daschner empfiehlt für den Winter Laufschuhe mit einem griffigen Profil, da der Untergrund oft nicht nur gefroren, sondern auch glatt und nass ist. Bei Regen bieten sich außerdem Schuhe mit einem hohen Nässeschutz an.
Da sich im Winter aber vor allem die Anzahl der hellen Stunden langsam auf ein Minimum reduziert, kommt es oft vor, dass man nach der Arbeit schon in der Dämmerung oder in der Dunkelheit laufen muss. Eine fehlende Ausrüstung kann dann dazu führen, dass man von anderen Verkehrsteilnehmern übersehen wird. „Oft trage ich im Dunkeln eine Stirnlampe mit einem Rücklicht und eine reflektierende Weste“, äußert sich Lukas Naegele. „In der Dunkelheit ist es stets wichtig, gesehen zu werden.“
Der Start: längere Aufwärmphase
Neben der Kleidung sind für das Laufen im Winter noch andere Aspekte zu beachten. Wilhelm Bloch, Sportmediziner an der Deutschen Sporthochschule Köln, empfiehlt eine verlängerte Aufwärmphase. Das Tempo sollte langsam gesteigert werden, um den Körper an die Geschwindigkeit zu gewöhnen. Direktes Lossprinten kann bei tiefen Temperaturen im Winter zu Muskelzerrungen führen, erklärt der Sportmediziner. Im Winter sei ein eher moderates Tempo angesagt. Zudem betont der erfahrene Trailrunner Lukas, dass eine Nachbereitung in Form von Dehnen ebenfalls ratsam sei. Dieses sollte im Winter aber am besten nach drinnen verlegt werden, da der Körper draußen dabei zu schnell auskühlt.
Die Temperatur: Nicht unter zehn Grad minus
Prinzipiell sind tiefe Temperaturen im Winter kein Grund, das Laufen ausfallen zu lassen. „Erst unter minus 10 Grad kann die Lunge von der Winterluft schneller angegriffen werden. Je kälter die Luft, desto mehr sinkt die Luftfeuchtigkeit. Trockene Luft reizt die Lunge und schwächt die Abwehrmechanismen des Körpers, was wiederum das Erkältungsrisiko erhöht“, erklärt Bloch. Er rät zudem, dass jeder, der länger keinen Sport getrieben habe und wieder mit regelmäßigem Training starten möchte, sich vorher einem gründlichen sportmedizinischen Check unterziehen solle.
Die Häufigkeit: Zwei- bis dreimal pro Woche
Mit der richtigen Kleidung und der richtigen Vorbereitung steht dem Laufen im Winter nichts mehr im Weg. „Wer dann sogar zwei- bis dreimal die Woche 30 bis 45 Minuten am Stück läuft und seinen Puls auf ein Niveau zwischen 70 und 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz treibt, kann im Körper eine Vielzahl von immunstärkenden Prozessen in Gang setzen“, so Bloch. Für Lukas Naegele und viele andere ist die Überwindung, auch im Winter zu laufen, mit am größten. Doch wenn er nach seinem Lauf wieder zu Hause ankommt, fühlt er sich stets entspannt und ausgelassen. Denn draußen an der frischen Luft zu sein und seinen Alltagsstress zu vergessen, ist es Lukas Naegele immer wieder wert, seine Wohnung zum Laufen zu verlassen.
Hinweis: Dieser Artikel ist im Rahmen einer Reihe an Beiträgen in Kooperation mit dem Masterstudiengang Fachjournalismus der Hochschule Würzburg-Schweinfurt entstanden. Die Artikel stammen von den Studenten.
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