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Immer ostwärts
04.09.2019

Reise-Kolumne: Bastian Sünkel und das römische Einhorn

An der Schwarzmeerküste endlich ein kleines Problem gelöst: Bastian Sünkel hat wieder ein Handtuch.
Foto: Sünkel

Unser Weltreisender ist nun entlang der Schwarzmeerküste in Orte angekommen, für die es nicht einmal einen Wikipedia-Eintrag gibt.

Eigentlich wollte ich nur ein Handtuch kaufen. Seit Wochen will ich mein Mikrofaserhandtuch ersetzen, das ich in Tirana an einer Wäscheleine vergessen hatte. Immer kommt etwas dazwischen. Suphan, meine Couchsurfing-Gastgeberin, hat mir den Weg zum Atatürk Boulevard erklärt. Sonst gibt es auch nicht viel zu tun.

Ich habe Bafra in den ersten zwölf Stunden meines Aufenthalts als nettes, wenn auch unscheinbares Städtchen unweit der Schwarzmeerküste kennengelernt. Die furchigen Gesichter der Gemüsehändlerinnen, die Rufe der Taxifahrer. Geschäftige Warenhändler, entspannte Schuhputzer und das obligatorische Atatürk-Denkmal – das kannte ich alles schon aus Istanbul und Bartin. Bis auf die fehlenden Sehenswürdigkeiten ist Bafra also ein Städtchen, wie es sich jedes Stadtmarketing in Bayern wünschen würden. Innenstadtsterben? Eine Wirtschaftskrankheit des Westens.

Ich mache mich auf den Weg: Raus aus Suphans Altstadt-Café „Büyük ev“ in die marktähnlichen Passagen, in denen Händler auf Handkarren Melonen so groß wie zwei Melonen verkaufen und andere Männer bei schwarzem Tee, Çay, von ihren Schemeln aus zusehen, wie sich die Händler mit dem Karren abmühen. Unter ihnen sitzt Hamit Genç, der gerade die letzten Reste seines Frühstücks verdrückt und sich eine Zigarette ansteckt. Er sieht aus wie ein Gespenst, wenn er den Rauch in einem Zug vor sein Gesicht bläst. Weißgelocktes Haar, weißgekräuselter Bart, beiges Leinenhemd. Bereit durch die Stadt zu geistern.

Mit Suphan (links) und Büsra auf einen Kaffee.      
Foto: Sünkel

Ich habe Hamit zuvor in Suphans Café die Hand geschüttelt, er hat mir seine spärlichen Deutsch- und professionellen Englischkenntnisse präsentiert. Diesmal bittet er mich, Platz zu nehmen und beginnt aus seinem Leben zu erzählen. Er habe historische Bauten in Bafra vor dem Abriss gerettet und wäre deshalb fast im Gefängnis gelandet. Aus einem Streit über Brotverpackungen heraus hat er die Regierung Sezer im Fernsehen als Kommunisten betitelt und dabei wie ein Prophet ein verpacktes und ein unverpacktes Brot Richtung Studiodecke gestreckt. Er hat Amphoren ausgegraben, Tennisplätze bauen lassen, Tanz- und Outdoorfeste organisiert, die Landwirtschaft industrialisiert.

Kurzgefasst: Hamit Genç ist ein etwas in die Jahre gekommener Stadtaktivist, der sich sowohl wegen seines Alters als auch seiner Berufung in meinen Arm einhängt. Er will mir etwas zeigen – im Rathaus von Bafra. Ich habe kurz überlegt, Hamit zu fragen, ob er mir einen guten Handtuchladen empfehlen kann. Schließlich grüßen ihn die Menschen auf der Straße. Er scheint in Bafra bekannt zu sein. Ich erspare mir aber die Frage. Eine Reise lebt schließlich von Begegnungen und nicht von Handtüchern.

Mit einem Tramper mit pinken Rollkoffer teilt sich Bastian Sünkel das günstigste Zimmer des Ortes

In den vier Reisewochen entlang der Schwarzmeerküste zwischen Istanbul und der georgischen Hauptstadt Tbilisi habe ich skurrile, spannende und hilfreiche Zufallsbekanntschaften gemacht. Skurril wie das Bild, das der Litauer Karolis am Straßenrand in der türkischen Küstenstadt Cide abgibt. Der Tramper wartet in einem Wohngebiet mit einem pinken Rollkoffer auf den nächsten Fahrer, der ihn ein paar Kilometer Richtung Sinop mitnimmt. Die Rollen des Koffers sind kaputt und Autos kommen auch keine vorbei. Als wir beide aufgeben, um uns das günstigste Zimmer im Ort zu teilen, schreddert Karolis mit seinem pinken Rollkoffer über den Asphalt Richtung Sonnenuntergang.

Spannend wie die Geschichten des Trampers Dominic, der von Österreich bis Georgien nur per Anhalter unterwegs ist. In Albanien sei er schließlich von einer mafiösen Männerrunde aufgelesen worden, die ihn mit Marihuana versorgt hat und zu Prostituierten schleppen wollte. Er habe dankend abgelehnt und ist mit etwas Glück und der Cousine seines Fahrers nach Stunden von der Tankstelle im Nirgendwo in die nächste Kleinstadt geflüchtet.

Dass meine Reise auf der geplanten Route weitergeht, habe ich Margo und Mahsa zu verdanken. Nachdem das iranische Konsulat meinen ersten Visumsantrag abgelehnt hat, als ich gerade von Trabzon nach Van und ins iranische Tabriz weiterreisen wollte, bin ich nach Norden abgebogen. Nächster Halt: Batumi, Georgien. Zurück in das Land, das ich vor drei Jahren zum ersten Mal besucht habe und das EU-Europäern ein knappes Jahr Aufenthalt gewährt.

Mehr als genug Zeit, Visa-Agenturen zu beauftragen, Dokumente zu sammeln, Botschaften zu besuchen. Margo hat mir alle wichtigen Anlaufstellen in Tbilisi gezeigt, die Iranerin Mahsa mich sogar auf die Botschaft begleitet. Reisende wie Karolis und Dominic haben die gleichen Probleme mit dem Iran-Visum: Seit ein paar Monaten lehnen die Behörden alle Erstanträge ab. Zufall oder Auswirkungen der Debatten um das Atomabkommen?

Bastian Sünkel bekommt in Bafra eine unerwartete Audienz beim Bürgermeister

Während Trump und Rohani streiten, führt Hamit Genç in der Zwischenzeit sein eigenes politisches Kabarett im Rathaus von Bafra auf. Erster Akt: Das Büro vom Tourismusbeauftragten Öztürk Dogutaş? Hamit stellt mich als Journalisten auf Kurztrip in Bafra vor, Öztürk spricht ein paar Sätze Deutsch. Auf dem Weg zur Çay-Terrasse des Rathauses singt er „Alle Vögel sind schon da“. Ich stimme ein.

Zweiter Akt: Mit jedem Çay wechseln die Gesprächspartner am Terrassentisch. Zwischendurch frage ich Hamit, was er denn genau vorhabe. Er zeigt mir mit einer Handbewegung Richtung Boden, dass ich mich gedulden soll.

Dritter Akt: Öztürk hat sich ins oberste Stockwerk hochgearbeitet, Hamit und ich folgen. Eine Tür öffnet sich zu einem blendend weißen Büro, in dem Hamits Zimmer als auch die Çay-Terrasse Platz hätten. Auf der einen Seite sitzen Menschen, die ich noch nie oder nur für eine Teelänge gesehen habe. Auf der anderen Seite zwischen den Porträts von Staatsgründer Atatürk und Präsident Erdogan thront Hamit Kılıç, Bürgermeister der Stadt Bafra.

Plötzlich empfangen: Sünkel trifft türkische Polit-Prominenz.
Foto: Sünkel

Für einen Augenblick wünsche ich mir, in einem graubetonierten Handtuchladen zu sein. Hamit Genç spricht mit dem Bürgermeister, dann mit mir, am Ende verabschieden wir uns mit Foto und Händedruck. Ich weiß nicht genau, wie mir geschieht, aber schließlich bestätigt sich die Vorahnung: Hamit hat für mich eine hochoffizielle Sightseeing-Tour organisiert.

Ich bin nach Bafra gekommen, um mich von der Stadt überraschen zu lassen. Mein Vorwissen begrenzt sich auf einen Wikipedia-Eintrag, den man in der Türkei nur noch über digitale Umwege finden kann. Die Regierung hat Wikipedia seit dem 30. April 2017 gesperrt. Die Überraschung kommt im Handumdrehen, wie so oft auf der Reise. Allerdings zweifle ich in diesem Fall an meiner Rolle: Würde ich nicht schreiben, wäre ich im Handtuchladen und nicht im Rathaus gelandet. Ich einige mich mit Hamit auf Privatführungen und einen offiziellen Ausflug. Eineinhalb Tage mit Hamit, ein paar Stunden mit Stadtvertreter Öztürk auf Exkursion.

Im Museum findet Bastian Sünkel eine winzige Abbildung eines Einhorns

Dennoch erweist sich die Begegnung mit Hamit als Glücksfall. Er und Öztürk zeigen mir Orte, die der Tourismus noch nicht für sich vereinnahmt hat. Ja, die noch nicht einmal über einen deutschsprachigen Wikipedia-Eintrag verfügen: das Kızirlimak-Delta, Brut- und Raststätte hunderter Vogelarten. Wasserbüffel kreuzen den Weg. Die Ruinenstätten von Asarkale, die in den Fels geschlagenen Überreste einer Festung aus hellenistischen Zeiten.

Nach dem Besuch im Rathaus hängt sich Hamit noch einmal in meine Armbeuge und führt mich zum Stadtmuseum. Er will mir die Amphoren zeigen, die er gestiftet hat. Ein Hochzeitspaar lässt sich auf der Treppe des Herrenhauses fotografieren. Ansonsten sind wir allein, als Hamit an einem unscheinbaren Ausstellungsstück stehen bleibt.

Er zeigt auf das Pferd in der Größe eines Zwei-Euro-Stücks. Ich solle es mir anschauen, sagt er. „Siehst du das Horn?“ Darüber müsse ich schreiben, empfiehlt mir Hamit. Es handle sich um die einzige Darstellung eines Einhorns aus der Römerzeit. Der Beweis, dass Einhörner wirklich existiert haben. Der Tag endet so surreal, wie er begonnen hat.

Eine römische Kostbarkeit: ein winziges Einhorn.
Foto: Sünkel

Nach dem Abschied kaufe ich im erstbesten Laden ein Handtuch.

Wer mehr lesen will, findet den Reiseblog von Bastian Sünkel unter www.globalmonkey.net

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