Reisekrankheiten gibt es auch in Europa
Vor Schädlingen und Infektionen ist man auch bei Reisen in die Nähe nicht gefeit. So kann man sich schützen
Steht eine Fernreise an, ist der prophylaktische Besuch beim Arzt für viele Reisende selbstverständlich. Doch auch in europäischen Ländern sollte man nicht völlig unbedarft reisen. Einige Reisekrankheiten, die wir nur in der Ferne vermuten, treten auch in Europa auf.
Unter Reisekrankheiten versteht man all die gesundheitlichen Risiken, „mit denen ein Reisender in seiner Heimat eher nichts zu tun hat“, erklärt Christian Schönfeld, der als Arzt für Reise- und Tropenmedizin für die Charité Berlin arbeitet. Abhängig sind diese immer von den Hygienestandards und dem Klima am Reiseziel.
So kann eine Durchfallerkrankung sowohl in der Heimat, als auch im europäischen Ausland auftreten. „Von Norden nach Süden gibt es in Europa ein Hygienegefälle“, sagt Schönfeld. In Südeuropa sind Infektionen wahrscheinlicher. Um Krankheiten zu vermeiden, ist das regelmäßige und gründliche Händewaschen mit Seife wichtig. „Seife entfernt Dreck und Fette und reduziert die darunterliegenden Keime und Erreger massiv“, so Schönfeld.
„Seife ist auch gut, wenn man mal von einem Tier gebissen wurde“, rät der Mediziner. Wenn man nach einem Biss die Wunde zehn bis 15 Minuten mit Seife auswasche, habe man „viele Keime beseitigt und die Entzündungsgefahr drastisch reduziert“. Das gelte selbst für Tollwut-Viren.
Einen anderen Tipp gibt der Reisemediziner zum Leitungswasser. „Bei uns sind mehrstufige Kläranlagen die Regel. Woanders kann es passieren, dass Wasser direkt aus dem Erdreich abgepumpt wird.“ Reisende sollten deshalb Trinkwasser im Zweifel lieber abkochen oder in Plastikflaschen kaufen.
Lebensmittel wie grüner Salat, die mit Grundwasser gewässert werden, sollten Reisende eher meiden. Durch häufige Wässerung könnten sich auf den Blättern Bakterien und Viren angesiedelt haben. Deshalb auch hier der Tipp: Obst nur geschält, Gemüse nur gekocht verzehren. Möchte man nicht auf etwas Frisches verzichten, könne man etwa Tomaten vor der Zubereitung mit siedendem Wasser übergießen. Das töte die meisten Krankheitserreger ab.
Wichtig ist, dass sich Urlauber entsprechend des Impfkalenders des Robert-Koch-Instituts mit den Standardimpfungen schützen. Die ständige Impfkommission empfiehlt in der jährlichen Übersicht zum Beispiel Auffrischungen und die regelmäßige Impfung gegen Grippe für ältere Menschen.
„Südlich der Alpen und östlich der Oder sollte man an Hepatitis A denken und impfen“, rät Schönfeld. Gegen Typhus empfiehlt der Experte keine Impfung, da sie „nur zu 60 Prozent Schutz bietet“ und es in Europa nur zu wenigen Typhus-Erkrankungen kam. Auch gegen Typhus sei Hygiene der beste Schutz.
Um den besten Schutz geht es auch beim Thema Mücken und Zecken. „Weltweit gibt es etwa 3500, hierzulande wohl 50 Stechmückenarten“, informiert das Gemeinschaftsprojekt Mückenatlas vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung und vom Friedrich-Loeffler-Institut. Allerdings begünstigen „Klimawandel und Globalisierung die Einschleppung nichtheimischer Arten“.
Gegen Mückenstiche hilft vor allem helle, lange Kleidung. Moskitonetze sind gegen nachtaktive Mücken nützlich. Mückenschutzmittel sind auch wirkungsvoll gegen einheimische Zecken.
„Jede Zeckenart hat ihr eigenes Repertoire an Krankheitserregern“, sagt Prof. Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim. Durch den Gemeinen Holzbock werden vor allem Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen. Es gibt die Zeckenart überall in Deutschland, FSME ist vor allem in Baden-Württemberg und Bayern verbreitet.
Doch die FSME-Risikogebiete breiten sich in Richtung Norden aus. Erst in diesem Jahr wurde der Landkreis Emsland durch das Robert-Koch-Institut zum Risikogebiet ausgewiesen. In diesen Gebieten gilt besondere Vorsicht. Gegen FSME können sich Reisende impfen lassen. Einen Impfstoff gegen Borreliose gibt es noch nicht.
Neu ist die Zecke Hyalomma. „Sie ist in Deutschland nicht beheimatet und wird regelmäßig mit Zugvögeln hergebracht“, erklärt Mackenstedt. Die Forscherin beschäftigt nun die Frage, „ob die Hyalomma sich in Deutschland ansiedeln kann“.
Um die Forscher bei ihrer Arbeit zu unterstützen, können Verbraucher Hyalomma-Zecken an die Uni Hohenheim senden. Die Hyalomma-Zecke ist etwa fünfmal größer als der Gemeine Holzbock, hat gestreifte Beine und ist deutlich agiler als die heimischen Zecken. (dpa)
Impfleistungen Welche Impfungen von welchen Krankenkassen übernommen werden, listet die Internetseite des Centrums für Reisemedizin (www.crm.de) unter dem Stichwort „Kostenerstattung“ auf.
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