Die Handwerker kommen! Diese Aussicht löst nicht immer reine Freude aus. Oft herrscht bei Auftraggebern eine gewisse Unsicherheit: Was wird von mir erwartet? Muss ich für die Leute Getränke kaufen, Kaffee kochen, Brote schmieren oder sogar Schnitzel braten? Das Ganze vielleicht für fünf Mann und über Wochen hinweg?
„Man muss das alles nicht. Das ist eine freiwillige freundliche Geste“, sagt Glaudia Chestnut aus Tittmoning, Expertin des Deutschen Knigge-Rats. Die Gepflogenheiten sind ganz unterschiedlich: Während Handwerker laut Chestnut auf dem Land oft großzügig bewirtet werden, sind Städter eher zurückhaltend. Auch international weichen die Traditionen voneinander ab.
Klare Regeln gibt es nicht, aber Tipps
Doch wie sehen das Handwerker? „Was wir schon erwarten, ist, dass es etwas zu trinken gibt“, sagt Michael Segeth, Inhaber von Elektrotechnik Segeth in Oberhausen bei Neuburg an der Donau. „Eine zusätzliche kleine Brotzeit motiviert.“ Zwar werde die Arbeit sonst natürlich auch erledigt, aber Aufmerksamkeiten steigerten die Bereitschaft, eventuell etwas zusätzlich zu leisten: „Wenn man sich bei jemandem wohl fühlt, kehrt man vielleicht noch einmal mehr.“
Früher war eine Brotzeit sowieso Standard, wie Segeth berichtet. Doch das ist längst nicht mehr so. „Es gibt Baustellen, da gibt es einfach gar nichts, nicht mal Wasser. Das entspricht nicht dem Knigge.“ Auch Chestnut plädiert dafür, Handwerkern etwas anzubieten: „Ich finde, das ist ein Zeichen der Wertschätzung.“ Dabei hat sie öfters die Erfahrung gemacht, dass Handwerker alles, sogar Kaffee, ablehnten. „Ich habe aber auch mal einem Gärtner Mittagessen angeboten, der dann so gerührt war, dass er mit dem Preis runtergegangen ist.“
Am besten vorab mit den Handwerkern besprechen
Klare Regeln gibt es also nicht. Ob und welche Angebote angemessen sind, hängt von der Situation ab. „Wenn ich morgens sowieso Kaffee mache, würde ich einen mitanbieten“, sagt Jens Christopher Ulrich, Sprecher des Bayerischen Handwerkstags. „Und wenn es jetzt draußen wärmer wird, ist es nett, Wasser bereitzustellen.“ Auch Soft Drinks, Säfte und belegte Semmeln sind in der Regel willkommen, Alkoholika dagegen tabu.
„Das Ganze sollte aber im Rahmen bleiben. Man muss sich also nicht verpflichtet fühlen, jeden Tag groß aufzutischen“, betont er. Wer Handwerker zu sich an den Mittagstisch einlädt, stößt nicht immer auf reine Begeisterung: In einem derart privaten Rahmen fühlt sich nicht jeder wohl. Vielleicht zieht es jemand vor, die Pause ungestört an einer Imbissbude zu verbringen – auch hier ist alles denkbar.
Leberkäs für alle - nicht immer eine gute Lösung
Segeth empfiehlt daher, mit Handwerken offen zu kommunizieren. Sonst kann es leicht Missverständnisse geben – etwa, dass der Auftraggeber am ersten Tag Essen ausgibt, am zweiten aber nicht mehr. „Es kann passieren, dass die Leute dann keine Brotzeit dabei haben. Deshalb sollte man sich abstimmen.“ Überhaupt sind Absprachen wichtig. Bevor man zum Beispiel eine Ladung Leberkäs-Semmeln holt, sollte man fragen, ob alle im Team Schweinefleisch essen. Auch Unverträglichkeiten, etwa gegen Gluten, kann es geben. In der Pause hätten Handwerker dann oft gern ihre Ruhe, meint Segeth. Langatmige Fachgespräche seitens des Auftraggebers seien daher wenig beliebt.
Grundsätzlich ist es zwar richtig, ab und zu nachzufragen, ob alles in Ordnung ist. Übertreiben sollte man es aber nicht. „Manche Leute schauen uns den ganzen Tag auf die Finger. Da werden wir nervös“, sagt Segeth. „Es kommt auch vor, dass ständig ungefragt Fotos gemacht werden, um alles zu dokumentieren. Das mögen wir gar nicht. Manche wollen nämlich nicht auf´s Bild. Deshalb sollte man unbedingt vorher fragen.“ Umgekehrt gibt es aber auch Leute, die Handwerkern bloß die Tür öffnen und sich sonst niemals blicken lassen. Das ist genauso wenig ideal – ein gewisses Interesse sollten Auftraggeber schon zeigen. Auch hier ist also der goldene Mittelweg der beste.
Soll man Handwerkern Trinkgeld geben?
Wenn die Arbeit erledigt ist, stellt sich die Frage: Gibt man Handwerkern Trinkgeld? „Das ist kein Muss“, betont Chestnut. „Ich mache es aber, da Trinkgeld für mich bei einer Service-Leistung dazu gehört.“ Auch hier hängt viel von der Situation ab: Ist jemand nur für eine kleine Reparatur vorbeigekommen oder wurde wochenlang das Dach gedämmt? Im letzteren Fall ist ein Trinkgeld angemessener, vor allem dann, wenn man rundum zufrieden war. Das gilt auch für besondere Einsätze. So berichtet Ulrich: „Letzten Winter hatten wir einen Heizungsausfall. Der Handwerker kam noch am Wochenende - da haben wir natürlich ein Trinkgeld gezahlt.“
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