Kredite werden teurer: So kommen Sie jetzt günstig an Geld
Kredite haben sich massiv verteuert, sind aber besser als das Konto zu überziehen. Wer etwa eine Gasnachzahlung finanzieren muss, sollte sich jetzt kümmern. Billiger wird es nicht.
Der Wintergartenanbau, Heiraten am Strand, ein Elektrofahrrad oder Schmuck für die Liebste zu Weihnachten: Gut jede oder jeder Dritte finanziert nach einer Postbank-Umfrage größere Ausgaben auf Pump. Aktuell sind Ratenkredite auch zur Überbrückung finanzieller Engpässe gefragt.
Doch die Zinswende hat Verbraucherdarlehen seit dem Frühsommer massiv verteuert, um bis zu 65 Prozent, wie das Finanzvergleichsportal Verivox meldet. Und die Zinsen steigen weiter. Ausgerechnet jetzt müssen aber viel mehr Bürgerinnen und Bürger Geld leihen, weil das Leben teurer geworden ist und oft nichts mehr auf der hohen Kante liegt. „Nicht jede Bank vergibt Kredite nach gleichen Kriterien, Verbraucher sollten unbedingt vergleichen“, rät Sascha Straub, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bayern. Das Sparpotenzial kann 1000 Euro und mehr ausmachen, je nach Einzelfall.
Wo stehen die Zinsen?
Nach jahrelanger Talfahrt sind die Ratenkreditzinsen in den vergangenen Monaten regelrecht nach oben gezischt, hat Max Herbst vom unabhängigen Finanzdienstleister FMH in Frankfurt beobachtet. Anfang des Jahres lagen sie laut Verivox-Analyse im Marktdurchschnitt noch bei 4,98 Prozent, bestenfalls bei knapp 3 Prozent – und heute bei gut 6,72 Prozent. Damit haben sich Kredite in 2022 im Schnitt um 35 Prozent verteuert, im günstigen Marktsegment sogar um 65 Prozent. Viele Banken preisen jetzt schon ein, dass Kundinnen und Kunden in der drohenden wirtschaftlichen Rezession nicht mehr zuverlässig ihre Kredite bedienen können. Ein Ende der Verteuerungswelle ist nicht absehbar. Für Verbraucherinnen und Verbraucher kann das bedeuten: Den Ratenkredit lieber nicht aufschieben, wenn er denn zwingend notwendig ist.
Wie viel Kredit kann ich mir leisten?
Vor der Suche nach einem Darlehen sollte der Kassensturz stehen. Sämtliche Fix- und Lebenshaltungskosten eines Monats müssen zusammengezählt und den Einnahmen gegenübergestellt werden. Verbraucher sollten überlegen, welche monatliche Kreditrate sie dann stemmen können und wie lange sie abbezahlen wollen. Das Ergebnis ist die Kreditsumme, die sie sich leisten können. Der kostenfreie Rechner des Verbraucherportals Finanztip zeigt, wie Ratenhöhe, Laufzeit und Kreditsumme am besten aufeinander abgestimmt werden können und was das für die Zinskosten bedeutet (www.finanztip.de/kredit). Die Daten helfen, danach auf Vergleichsportalen den optimalen Kredit zu finden. „Bei der Rate immer bedenken, dass jeder Haushalt noch Puffer braucht für unvorhergesehene Anschaffungen und Notfälle“, so Straub. Vor allem für Umbauten oder die Überbrückung akuter Finanzengpässe kann der Verbraucherkredit erste Wahl sein. „Besser als das Konto überziehen und jahrelang in den Miesen hängen“, betont Herbst. Dafür verlangen die Banken schlimmstenfalls bis zu 14 Prozent Zinsen jährlich.
Welchen Kreditzins kriege ich?
Einen einheitlichen Festzins für alle bieten nur noch wenige Banken an. Gängig sind jetzt bonitätsabhängige Kredite, wie Herbst erläutert. Je sicherer der Job und je höher das Einkommen, umso kreditwürdiger der Interessent oder die Interessentin – und umso günstiger sein Zins. Wichtig ist zudem eine positive Schufa-Einstufung. Wer mit Schulden und Mahnverfahren kämpft, bekommt keinen Kredit. Die Bonitätsprüfung soll die Bank vor Kreditausfällen schützen und Verbraucher vor Überschuldung. Angestellte mit unbefristeter Stelle oder Beamtinnen haben bessere Karten als Jungunternehmer oder Berufsanfängerinnen mit befristetem Vertrag. Rentnerinnen haben geringere Chancen auf einen Kredit, schon gar nicht zu günstigen Konditionen. Und wer bereits in den Dispo-Miesen steckt, beißt zunehmend auf Granit. „Viele Banken sind bei der Kreditvergabe deutlich strenger geworden“, betont Herbst. Immobilieneigentümer hingegen sind gern gesehene Kunden. Wohneigentum erhöht die Bonität und senkt die Kreditzinsen im Schnitt um ein Drittel, wie eine Analyse von Check24 ergab.
Worauf ist zu achten?
Mit folgendem Trick lässt sich die Bonität verbessern: Eine weitere Person mit ins Boot holen wie etwa den Lebenspartner. Oder den Vater. Seniorinnen über 75 kann ein zweiter, jüngerer Antragsteller helfen, überhaupt einen Ratenkredit zu bekommen. Aber: Der Vertragspartner steckt dann immer mit in der Haftung, auch nach Streit oder Tod. Und aufgepasst: Verlockende Kreditzinsen ab 1,99 Prozent sind Werbung. Supergünstige Konditionen kriegt nur, wer beste Bonität hat. Sprich: Kaum jemand, wie Herbst erläutert. Wer viel hat, braucht kein Geld leihen. Das Gros der Kreditinteressenten wird als Durchschnittskunden mit mittlerer Bonität eingestuft. Was bedeutet: Der Zins wird für sie teurer als beworben, die Zinsspanne reicht häufig weit über 9 Prozent. Eine realistische Orientierung, womit Kreditkunden rechnen können, bietet der Zwei-Drittel-Zins. Das ist der Zins, den mindestens zwei Drittel der Kunden tatsächlich bekommen – und der in der Regel den Marktdurchschnitt abbildet. Wer einen Kredit online anfragt, kann die Angebote danach sortieren.
Wie lässt sich am besten sparen?
Vergleichen, viele Angebote parallel einholen, nicht nur ein einziges von der Hausbank. Online-Portale wie Verivox, Finanzcheck, Smava oder Check24 helfen dabei. Wichtig beim Vergleich ist der effektive Jahreszins, der sämtliche Kosten enthält. Wer bei mehreren Banken anfragt, hat gute Chancen viel Geld zu sparen – oder überhaupt einen Kredit zu kriegen. Fast jedes Geldinstitut beurteilt die Bonität etwas anders, winkt dann ab oder macht ein individuelles Zinsangebot. Ein Beispiel, wie viel Sparpotenzial drin ist: Wer einen Ratenkredit über 20.000 Euro mit fünf Jahren Laufzeit zum durchschnittlichen Marktzins von 6,72 Prozent angeboten bekommt, muss dafür insgesamt 3491 Euro Zinsen zahlen. Bietet die Konkurrenz den Kredit für 4,92 Prozent an, müsste der Kunde 949 Euro weniger zahlen. Soll eine Restschuldversicherung mit verkauft werden, sollten Interessenten darauf verzichten, so Straub. Sie macht meist wenig Sinn, verteuert aber den Kredit.
Lässt sich ein guter Zins für später bunkern?
Ja. Auch wenn das Geld beispielsweise erst im Advent gebraucht wird, können sich Verbraucher den Zinssatz für ihren Ratenkredit in der Regel jetzt schon sichern. Bei vielen Banken sind Kreditangebote vier bis sechs Wochen lang gültig. Dreht das Geldinstitut in der Zwischenzeit an der Zinsschraube, bleibt das angebotene Darlehen davon unberührt. Wer von der Bank abgelehnt wird, sollte die Finger lassen von Schufa-freien Ratenkrediten, mahnt Straub zur Vorsicht. Hinter der vermeintlichen Soforthilfe stecken unseriöse Kreditvermittler. Wer einschlägt, zahlt schlimmstenfalls Wucherzinsen.
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