
Württemberg zahlt seine Schiedsrichter besser als Bayern

Plus Wie der WFV die Zahl der Schiedsrichter pushen möchte – und was auf bayerischer Seite unternommen wird, um den Abwärts-Trend zu bremsen.
Im bayerisch-schwäbischen Fußball-Kreis Donau läuft die Kugel schon, die Kicker im württembergischen Fußball-Bezirk Donau-Iller starten an diesem Wochenende mit den Erstrunden-Begegnungen im Bezirkspokal in die Saison. Über Schiedsrichter wird in beiden Regionen derzeit viel diskutiert – sei es, weil sie die seit Neuestem geltenden Regeländerungen zu konsequent oder zu lax auslegen, oder sei es, weil schon zu Beginn der Spielzeit die seit Jahren anhaltende Tendenz bestätigt wird, dass immer weniger Sportskameraden den Job des Unparteiischen haben wollen. Ideen zum Gegensteuern gibt es. Wirksam umgesetzt wurden sie bislang nicht; viele Ankündigungen blieben in der Vergangenheit Lippenbekenntnisse oder scheiterten aus anderen Gründen. Nun startet der Württembergische Fußballverband (WFV) einen neuen Versuch, mehr Fußballfreunde an die Pfeife zu bringen. Als Hebel verwendet er eine bessere Bezahlung der Unparteiischen und ein Belohnungs-/Bestrafungssystem für Vereine, die mehr oder weniger Schiedsrichter stellen, als sie seitens des Verbands müssten.
Die Theorie, dass bessere Bezahlung zu höherer Arbeitsmotivation und zu stärkerer Arbeitsplatznachfrage führt, ist auf den ersten Blick einleuchtend und hat auch heute noch viele Anhänger. Die Verantwortlichen im WFV sind offenbar ganz große Fans: Sie erhöhen die Aufwandsentschädigungen für ihre Schiedsrichter – zum ersten Mal seit fünf Jahren, aber dafür gleich um durchschnittlich 30 Prozent. Konkret: Wer ein Bezirksliga-Spiel pfeift (in Bayern wäre das Kreisliga-Ebene), bekommt ab jetzt 40 statt zuvor 30 Euro. Zusätzlich erhalten die Schiedsrichter 30 Cent pro Kilometer als Fahrtgeld. In einer Verbandserklärung heißt es dazu: „Unseren Unparteiischen wird damit Wertschätzung signalisiert. Ihr Engagement ist für einen funktionierenden Spielbetrieb von großer Bedeutung.“ Die Schiedsrichter-Kosten und damit natürlich auch den Mehraufwand für deren Gehaltserhöhung tragen allein die Vereine.
In Bayern bekommen Schiedsrichter deutlich weniger
Das ist aufseiten des Bayerischen Fußballverbands (BFV) nicht anders, obwohl sich das Bezahlsystem von dem in Württemberg durchaus unterscheidet. Hier wurden die Einsatzpauschalen der Unparteiischen zuletzt 2018 ein wenig erhöht. Für einen Kreisliga-Kick erhält ein bayerischer Schiedsrichter seither 23 statt zuvor 20 Euro. Auf dieser wie auf allen anderen Amateur-Spielebenen ist das signifikant weniger, als es unter dem Dach des WFV zu ernten gibt.
Doch auch dort muss sich erst erweisen, ob und wie stark die immerhin deutliche Erhöhung der Aufwandsentschädigungen die Zahl der Schiedsrichter nachhaltig pusht. Jan-Erik Wild, Mitglied im Bezirks-Schiedsrichterausschuss Schwaben, ist einigermaßen skeptisch. „Es fängt ja keiner in der Kreisliga zu pfeifen an, weil er dafür so viel Geld bekommt“, sagt er.

Wild bestätigt den Eindruck, dass die Schiedsrichterzahlen in Bayern seit Jahren „massiv rückläufig“ sind. Dass gute Worte nicht reichen werden, um den Trend zu bremsen oder gar umzukehren, habe der Verband natürlich längst erkannt. Arbeitsgruppen, die Maßnahmen zur Erhaltung beziehungsweise Neugewinnung von Unparteiischen intensiv diskutieren, gibt es seit geraumer Zeit. Allein: Lösungen, die Perspektiven für echte Erfolge bieten, sind bislang nicht gefunden.
Belohnung für Vereine mit vielen Schiedsrichtern im WFV
Auf württembergischer Seite wird unterdessen der Druck auf jene Vereine erhöht, die bislang zu wenige Unparteiische stellen. Während das Bußgeld für diese sogenannten Untersoll-Schiedsrichter angehoben wird, führt das Gewinnen zusätzlicher Schiedsrichter künftig zu einer nennenswerten finanziellen Entlastung für die Klubs. Ab der nun beginnenden Spielzeit honoriert der Verband jeden Übersoll-Unparteiischen mit mindestens 100 Euro. Damit entsteht aus Sicht der Verantwortlichen „ein echter Anreiz für Vereine, sich in diesem Bereich zu engagieren.“
Auch im BFV werden Vereine zur Kasse gebeten, wenn sie die vorgegebene Zahl Schiedsrichter nicht stellen wollen oder können. Laut Wild ist diese Strafe aber „nicht exorbitant hoch, sie ist also kein übermäßiger Anreiz, sich diesbezüglich besonders ins Zeug zu legen“. Neu für ihn sei das Belohnungssystem für Vereine, die in Sachen Unparteiische über dem Soll liegen. „Vielleicht sind die in Württemberg da einen Schritt weiter als wir“, bemerkt er.
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Schiedsrichterobmann Robert Zeller schaut genau auf den Nachbarn
Im Landkreis Günzburg könnten von einer solchen Regelung derzeit allenfalls vier oder fünf Vereine profitieren, sagt Robert Zeller. Als Schiedsrichter-Obmann der Gruppe Westschwaben verfolgt er die aktuellen Entwicklungen im württembergischen Nachbar-Bezirk Donau-Iller natürlich sehr aufmerksam. Er steht „jeder Lösung, die mehr Schiedsrichter bringt, aufgeschlossen gegenüber“. Immerhin: Einen kleinen Erfolg kann der Breitenthaler für seinen Bereich melden: Hier gibt es seit diesem Jahr drei neue Fußball-Schiedsrichter. Zwar musste der angesetzte Neulingskurs mangels Beteiligung ausfallen, die wenigen Bewerber aber wurden anschließend zusammen mit Kandidaten der Schiedsrichter-Gruppe Donau geschult.
Doch so schön das ist: Drei Schiedsrichter sind aufgrund der seit Jahren anhaltenden Negativentwicklung wohl nicht mal ein Tropfen auf dem heißen Stein. Zeller ist das bewusst und er wiederholt, was er schon einmal gesagt hat: „Vermutlich wird es über kurz oder lang so kommen, dass wir in der B-Klasse keine Spiele mehr besetzen können“. Das freilich sei kein exklusives Problem der Gruppe Westschwaben, betont der Funktionär. „Auf dem Land haben fast alle Gruppen Probleme.“
Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: Schiedsrichter-Mangel: Mehr Geld allein genügt nicht
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