Gottsucher auf religionsfernen Pfaden
So um die zwanzig Jahre ist es her: Treffen sich ein Künstler und ein Bürgermeister. Zufall? Nein, Glücksfall! Für beide, den ungarischen Bildhauer und Maler Sándor Kecskeméti und Gundremmingens Bürgermeister Wolfgang Mayer. Die schicksalhafte Begegnung entwickelte sich zur künstlerisch-kommunalen Liebesbeziehung. Die nicht ohne Folgen blieb: Mit den Heiligen Leonhard und Christophorus am Kulturzentrum, dem mächtigen Kreuz am Ortseingang, den vielen Skulpturen und Plastiken in und um die Gemeinde herum, aus denen der 63-Jährige an der Budapester Akademie für angewandte Kunst ausgebildete Bildhauer, Maler und Kunstprofessor, mit Wohnsitz und Atelier in Gundremmingen, eine kulturpolitisch mutige Projektionsfläche schuf, die das Prädikat "Einzigartig im Landkreis" für sich in Anspruch nehmen kann. Und mit Spannung erwartet die Gemeinde das Bronzemonument "Wächter", das ab nächstem Jahr den Rathausplatz zieren soll.
Sándor Kecskeméti gehört längst zur ersten Garde stilbildender Künstlerpersönlichkeiten. Wen wundert's, dass die Einführung zu seiner retrospektiven Ausstellung "Sakrale Skulpturen und Zeichnungen" im Kulturzentrum den Publikumszustrom kaum fassen konnte. Man hatte den Eindruck, die Gemeinde sei schier vollzählig erschienen. "Anfangs wurde er belächelt, heute können wir lachen", sagte der Bürgermeister über seinen Freund und Mitbürger. Walter Czech, Vorsitzender der Volkshochschule, lobte: "Die Gemeinde erkennt, wen sie hier hat, und stellt sich standhaft hinter seine Kunst. Großartig!" Der Augsburger Schriftsteller Peter Dempf machte sich als Laudator auf die Suche nach der Seele einzelner Werke, nach ihrer Gedankentiefe und Suggestion, nach ihrem dynamischen Miteinander und dem, ihren Ausdrucksgehalt prägenden, jeweiligen Ausgangsmaterial.
Die Originalexponate, von Kuratorin Ursula Kliem im Heimatmuseum als eine Art visuell in den Raum gestellte Klanglandschaft inszeniert, zeigen letztlich aber jedem Betrachter seinen "eigenen" Kecskeméti. Einen, dessen Plastiken die kompositorischen Puzzlestrukturen aus Stein gemeißelter Module aufweisen, archaisch geprägter Megalithkultur entlehnt. Wie Modelle, wie minimalisierte Visionen zukunftskreativer Schaffensprozesse. Kecskeméti ist ein Gottsucher auf religionsfernen Pfaden. Oder ließe sich zumindest so interpretieren. Aber er ist auch ein Gottfinder. Im Zentrum seines aus Granit gefertigten Dreieinigkeitssymbols blickt man ihm ins gottväterliche Auge. Doch nein, es ist das eigene. "Fürchte dich nicht, in mir bist du." Bewegend! Wie auch das "Kreuz für meinen Vater", zwei sich schneidende Linien auf schwarzgrauem afrikanischen Granit. Im Zusammenspiel von Licht und Schatten, Lebensdurst und Todesahnung, Aufbruch und Untergang werden sie zur intimen Ewigkeitsbezeugung, zum spannungsgeladenen Gesamtkunstwerk. Wie die ganze Ausstellung in ihrer faszinierenden Geschlossenheit. Keines der Werke steht für sich allein, jedes erhält seine volle Bedeutung durch die räumliche, inhaltliche und gedankliche Beziehung zum anderen. Über eine Gedankenbrücke wird der Betrachter durch eine vom Gegenständlichen befreite Welt geführt, als Seher des Nichtsehbaren.
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