
Fachklinik Ichenhausen will aus guten Fußballern bessere machen

Plus Die Experten haben Leistungstests modifiziert. Das Ergebnis ist auf den Amateurfußball zugeschnitten. Der Landesligist SC Ichenhausen kann davon profitieren.

Für den ungeschulten Beobachter wirkt die Szenerie hier im Untergeschoss der Fachklinik Ichenhausen erst einmal befremdlich. Ein junger, offensichtlich gut trainierter Mann steht mit einem Fuß inmitten einer Stabkonstruktion auf einem weißen Kästchen und verschiebt, mühsam um Balance ringend, mit dem anderen Fuß weitere Kästchen in unterschiedliche Richtungen. Neben ihm steht ein weiterer Mann, der ihn anleitet, jede Bewegung langsam, ganz langsam auszuführen und dabei nie das Gleichgewicht zu verlieren.
Ungewöhnlich ist das Wo. Und das Warum
Für professionelle Sportler sind diese und ähnliche Übungen gar nichts Ungewöhnliches. Derartige Tests sind in der Fachliteratur umfangreich beschrieben. Es handelt sich um bewährte Verfahren, aus denen für den Leistungssport auch genügend Untersuchungsergebnisse vorliegen. Ungewöhnlich an der eingangs beschriebenen Szene ist also nicht das Was. Es ist das Wo. Und das Warum.
Seit geraumer Zeit existiert eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Fachklinik Ichenhausen und dem heimischen Fußball-Landesligisten SC Ichenhausen. Warum also das Testverfahren nicht einmal bei ambitionierten Amateurfußballer anwenden, dachte sich der an der Klinik tätige Sportwissenschaftler Martin Kampke.
Der Coach des Landesligisten, Oliver Unsöld, war für diese Gelegenheit, die Zusammenarbeit gemeinsam zu gestalten, schnell zu begeistern – zumal es sich generöser Weise um ein für den Verein kostenfreies Angebot handelt. In seiner eigenen Vergangenheit als Bundesliga-Kicker kam der 46-Jährige mit derartigen Verfahren immer wieder in Kontakt und weiß deshalb aus eigener Erfahrung, wie wichtig belastbare Daten in Sachen Verletzungsprävention oder für einen Neustart nach einer Zeit körperlichen Eingeschränktseins sind. Gegenüber dem Therapieleiter der Fachklinik, Bernd Rall, äußerte Unsöld also den Wunsch, nach Möglichkeit einen Kraft-Koordinations-Test zu kreieren mit dem Hintergrund, den Leistungsstand der einzelnen Spieler zu erkunden und eventuelle Verletzungsrisiken zu erkennen. Aus dem Test sollten sich idealer Weise individuelle Empfehlungen für das Athletik-Training ableiten. Unsöld formuliert es so: „Wir wollen gezielt mit den Stärken und gegen die Schwächen des Einzelnen arbeiten.“ So könnten aus guten Fußballern bessere werden.
Zugeschnitten auf fußball-spezifische Bewegungen
Rall nahm das Zuspiel auf und Kampke verarbeitete es dahingehend, dass er bereits bekannte Verfahren speziell auf die Bedürfnisse ambitionierter Amateurfußballer zuschnitt. „Bei allen sehen wir, dass das schon Fußball im leistungsorientierten Bereich ist“, sagt er mit einem wohlwollenden Blick auf die im Rahmen seiner Alltagsarbeit unverhofft junge und ungewohnt fitte Sportler-Schar. Dennoch seien manche Fußballer ein wenig in der Beweglichkeit limitiert, anderen fehlten Spurenelemente an der gleichmäßigen Kraftverteilung oder in der Parallelität von Rotationsbewegungen. Diese teilweise minimalen Unterschiede würden nun mittels der Testreihe herausgearbeitet – und zwar laut Kampke „exakt in jenen Situationen, in denen ein Fußballer besonders verletzungsgefährdet ist. Schnelle Richtungswechsel zum Beispiel. Oder das Landen nach einem Kopfball. Das imitieren wir hier und werten es aus.“
Deutlich über die übliche Leistungsdiagnostik hinaus geht in diesem Ansatz der Fachklinik Ichenhausen vor allem die individuelle Handlungsanleitung für den Trainerstab. Der gebürtige Badener Rall, der seit 1996 als Therapieleiter in Ichenhausen arbeitet, erklärt dazu: „Sollte sich jemand verletzen, haben wir Grunddaten zur Verfügung, die uns zeigen, welche Werte zuvor vorlagen. Daraus können wir folgern, welche Werte der Fußballer erreichen muss, um wieder ins Training oder gar in den Spielbetrieb einzusteigen.“
Mateusz Staron: "Ich fühle mich hier wie ein Profi"
Die Landesliga-Kicker wissen diese Chance einer umfassenden Analyse zu schätzen. Der aus Polen stammende Angreifer Mateusz Staron beispielsweise urteilt mit leuchtenden Augen: „Das ist aus meiner Sicht ein Super-Angebot. Ich fühle mich hier wie ein Profi.“ Auch den Zeitpunkt unmittelbar vor Beginn der Vorbereitung auf die Frühjahrsrunde empfindet der 27-Jährige als optimal. Insgesamt sind sich die SCI-Fußballer einig, dass sie konkreten Nutzen aus den Testergebnissen ziehen werden. Dass sie sich obendrein kompetent betreut und in eine Wohlfühl-Atmosphäre eingebettet fühlen, kommt bei den seitens der Fachklinik handelnden Personen natürlich gut an. Rall gibt die Komplimente zurück, spricht von guten Umgangsformen und lobt vor allem die Pünktlichkeit der Kicker.
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