
Der Greifvogelpark in Konzenberg ist Martin Menters Lebenstraum

Plus Adler, Eulen und Geier sind sein Leben: Martin Menter hat vor 17 Jahren den Greifvogelpark am Ortsrand von Konzenberg eröffnet. Momentan machen er und seine Frau harte Zeiten durch.

Necken gehört zum Programm: Er solle doch aufpassen, dass ihn die große Leika nicht gleich in die Luft mitnehme, witzelt Ehefrau Christine am Sonntagnachmittag während der Vorführung und hat die Lacher auf ihrer Seite. Mit Leika ist die Weißkopfseeadler-Dame gemeint - eine imposante Erscheinung. Christines Mann Martin hat den Wappenvogel der USA in die "Arena" gebracht - das ist eine Wiese mit ein paar Holzstümpfen für die Vögel und selbst gezimmerten Sitzgelegenheiten im weiten Rund, auf denen diejenigen Platz nehmen dürfen, die nicht fliegen können. Willkommen im Greifvogelpark von Martin Menter in Konzenberg.
Bei Greifvögeln gibt es Bisstöter und Greiftöter
Vogel um Vogel werden von Martin und Christine Menter und zwei weiteren Freiwilligen auf dicken Falknerhandschuhen hereingetragen. Die Erklärungen zu den Tieren gibt der Chef via Headset, Funkübertragung und Lautsprecherbox persönlich. Als Erster war Micky, der Turmfalke, an der Reihe. Er ist mit seinem scharfen Schnabel ein Bisstöter, während beispielsweise Adler mit ihren mächtigen Krallen so viel Druck erzeugen können, dass sie die Beute regelrecht erdrücken - sie zählen zu den Grifftötern. Nach Micky zeigt sich Rotnackenshahin Ronja, dann Adlerbussard Aslan, ehe Leika von Martin Menter geholt wird.

Der Boss ist der einzige, der richtig nahe an den Weißkopfseeadler ran darf. Die Tiere lebten monogam und duldeten daher nicht viele Bezugspersonen. Deshalb passt alles mit Leika und Martin - diesem ungewöhnlichen Pärchen. An diesem Nachmittag geht der 1,63 Meter große und drahtige Menter, ein Leichtgewicht, jedenfalls nicht in die Luft - und natürlich auch sonst nicht.
120 Greifvögel leben in Konzenberg auf 8000 Quadratmetern
Ungefähr 120 Greifvögel leben in dem 8000 Quadratmeter großen Park. Den Grund in Form eines langgezogenen Handtuchs hat der 58 Jahre alte Menter gepachtet und sich im Jahr 2004 mit der Eröffnung einen Lebenstraum erfüllt. Schon von Kindesbeinen an haben den Parkchef die Jäger der Lüfte interessiert, ja "fasziniert", wie er sagt. "Familiär bin ich da nicht vorbelastet", so Menter, der in Dürrlauingen geboren und aufgewachsen ist. Tauben, Enten, Hühner, Fasane, Rehe waren in seiner Kindheit auf dem 6500 Meter großen Grundstück der Familie ebenso zuhause wie Menters Eltern und die fünf Geschwister.

Einen Greifvogel gab es damals nicht - bis Martin im Alter von elf Jahren mit seiner Klasse einen Ausflug unternahm, er an einem Grundstück vorbei kam und eine seltsame Beobachtung machte: Dort saß ein Turmfalke in einem viel zu kleinen Vogelkäfig. Der Bub nahm damals all seinen Mut zusammen und stellte den Besitzer mit der Frage, wie er nur einen wildlebenden Vogel in einem viel zu kleinen Käfig halten könne. "Das ist gar nicht erlaubt", sagte der Knirps. Ihm wurde darauf erklärt, dass der Falke verletzt sei. Er könne sich um den lädierten Flügel kümmern, bot der junge Martin an. Nach Rücksprache mit dem örtlichen Jäger durfte er das auch. Und so war "Rocky" der erste Greifvogel, den Martin Menter besaß. Auch als das Tier wieder in Freiheit war, entfernte es sich nicht wirklich. "Teilweise ist er mir nachgeflogen, hat mich begleitet wie ein Hund. Das ging noch lange Zeit, bis er eines Tages nicht mehr kam - warum auch immer."
Martin Menter: Gehänselt in der Schule, enttäuscht von der Arbeitswelt
Fairness hat der gelernte Metzger nicht so oft erlebt, wie er es gerne gehabt hätte. In der Schule wurde er wegen seiner Körpergröße gehänselt. Der vermeintlich Schwächste musste ab und an Prügel einstecken, erinnert sich Menter an eine Zeit, in der noch nicht so feinfühlig auf Gewalt aller Art reagiert wurde. "Ich war schon irgendwie ein Außenseiter." Enttäuscht hat er sich letztlich auch von der Berufswelt abgewendet. Neben seiner Tätigkeit als Metzger war er Omnibusfahrer, Lkw-Fahrer, Stapelfahrer, um Geld nach Hause zu bringen. Als Leiharbeiter schließlich lernte er kennen, was Arbeiter erster und zweiter Klasse sind. Davon hatte er irgendwann einmal die Nase voll und der Plan reifte heran, etwas eigenes auf die Beine zu stellen: den Greifvogelpark. "Warum soll ich nicht mithelfen, dass er seinen Traum leben kann?", fragt Menters zweite Frau Christine. Sie hilft ebenso regelmäßig mit wie ihre Mutter und weitere Bekannte.

Samstags, sonntags und an Feiertagen hat der Park zwischen 10 und 17 Uhr geöffnet. "Vor Corona hatten wir öfters auf. Nach der Wiedereröffnung im Mai bin ich inzwischen auf mich allein gestellt." Mancher Ehrenamtliche steht nicht mehr zur Verfügung. Die Pandemie war eine willkommene Gelegenheit für eine persönliche Zäsur. Als einzelne Person könne er nicht gleichzeitig nach den Vögeln schauen, sie füttern, Eintritt kassieren und eine Flugschau absolvieren. Die monatelange Schließung sei nicht nur an die Nerven gegangen, sondern auch an die Geldreserven, die aufgebraucht seien. Auf der einen Seite konnten keine Eintrittsgelder generiert werden. Und andererseits: "Ob Corona ist oder nicht: die Vögel benötigen jeden Tag 25 bis 30 Kilogramm Fleisch - und das kostet."
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Ohne Spenden (die größte belief sich auf 1500 Euro) und Versteigerungsaktionen auf Facebook wäre es wahrscheinlich gar nicht weitergegangen. "Jetzt sollten wir es zumindest über den nächsten Winter schaffen", sagt der Parkgründer. Dazu seien aber auch mehr Besucher nötig als zuletzt. Der Regensommer 2021 ist dabei alles andere als hilfreich.
Sebastians ganz cooler Geburtstag im Greifvogelpark Menter
Die meisten Besucher sind begeistert, wie "hautnah" sie die beeindruckenden Vögel erleben dürfen. Sebastian Frank, sein Bruder Johannes und die Kumpels Jonas Hilble, Benedikt Betz und Nicolas Kammerer fanden den Nachmittag jedenfalls "cool". Erst mit beeindruckenden Vögeln von Angesicht zu Angesicht. Und anschließend durfte man sich noch gegen ein geringes Entgelt mit einem Tier nach Wahl fotografieren lassen. Das war ein einwandfreies und spannendes Programm, meinte der vor Kurzem zehn Jahre alt gewordene Sebastian aus Bühl.

Seine Mutter hatte die Jungs ins Auto gepackt zur nachträglichen Geburtstagsfeier an einem ungewöhnlichen Ort. Abends gab's dann noch Burger für die Buben zu Hause, während Pepples, der Steinkautz, Snoopy, der Kanada-Uhu und Punky, ein Schopfkarakara, der seinen Hals nach hinten wirft und mit einer lauten Begrüßung auf sich aufmerksam macht, ebenfalls ihr Abendmahl genossen haben. Die Nacht zieht auf über Konzenberg. Und Martin Menters Traum lebt weiter.
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