
BKH Günzburg wird für insgesamt 124 Millionen Euro modernisiert

Plus Die Radiologie ist bereits in Betrieb. Casino und Mehrzweckhalle stehen vor der Fertigstellung. Aber die größten finanziellen Brocken kommen erst noch. Eine Zwischenbilanz.

In den vergangenen Tagen und Wochen war er auf Abschiedstour, obwohl er für die Bezirkskliniken Schwaben weiter tätig sein wird. Am liebsten hätte er das auch in Zukunft an der Spitze getan wie in den vergangenen 24 Jahren. Und in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Kommunalunternehmens wäre vermutlich im Jahr 2027 das letzte Teil eines „neuen“ Günzburger Bezirkskrankenhauses eingefügt und seiner Bestimmung übergeben worden.
Doch Thomas Düll wird nur noch bis Ende Januar diese Tätigkeit ausüben, weil der schwäbische Bezirkstagspräsident Martin Sailer (CSU) keinen Wert mehr auf den 58-Jährigen in jener Position legt (wir berichteten exklusiv), der die Bezirkskliniken auch unter schwieriger werdenden Bedingungen geführt und dabei stets schwarze Zahlen geschrieben hat – ein Kunststück in der Krankenhauslandschaft. In seiner Funktion als Bezirkstagspräsident steht der Augsburger Landrat Sailer auch dem neun Personen umfassenden Verwaltungsrat der schwäbischen Bezirkskliniken vor.
In sechs Jahren soll alles fertig sein
Was bereits vor Jahren angestoßen worden ist, das ist die Erneuerung des Standortes Günzburg auf dem weitläufigen Gelände im Osten der Stadt.
Wenn die Mittel trotz ökonomischer Folgen der Corona-Pandemie weiter wie geplant fließen, werden nach aktuellen Berechnungen in sechs Jahren insgesamt 124 Millionen Euro verbaut sein.
„Günzburg 100“ lautet der Titel des ambitionierten Projekts, das im Jahr 2015 anlässlich des 100-jährigen Bestehens des größten BKH-Standortes in Schwaben vorgestellt worden und in den Köpfen der Projektverantwortlichen bereits zuvor entstanden ist. Ein Jahr später war der Neubau der Psychiatrie dann genehmigt, der sich in drei Bauabschnitte gliedert. Der erste davon ist nun bald abgeschlossen. Darunter fällt der Neubau der Radiologie für acht Millionen Euro, die bereits seit September des vergangenen Jahres betrieben wird (wir berichteten). Für 9,5 Millionen Euro werden das Casino (Verpflegung) und die unterirdische Mehrzweckhalle mit dem Schwerpunkt Sport voraussichtlich noch im ersten Quartal dieses Jahres ihren Betrieb aufnehmen. Die Fertigstellung ist für Februar oder März geplant.
In zwei Bauabschnitten geht es um das eigentliche Klinikgebäude
So richtig ins Geld gehen die Bauabschnitte zwei („Nord“) und drei („Süd“) mit jeweils 45 Millionen Euro. Es entsteht dabei das eigentliche neue Klinikgebäude mit Patientenzimmern, Therapieeinrichtungen und Funktionsräumen wie Büros, Besprechungszimmer und Sozialräume. „Bis auf die Parkplatzfrage, die noch geklärt werden muss, haben wir vom Günzburger Stadtrat grünes Licht für den Bau als Ganzes“, sagt Düll. Für Bauabschnitt zwei sei außerdem das Förderverfahren bereits sehr weit. „In diesem Halbjahr rechne ich noch mit einem Bescheid“, sagt der scheidende Vorstandsvorsitzende.
Ist alles fertig, werden in Summe nicht mehr Betten zur Verfügung stehen. Die tagesklinischen Plätze sind dann aber von derzeit zwei auf dann 20 Plätze verzehnfacht, was ambulante beziehungsweise teilstationäre Versorgungsstrukturen stärkt. Und die 290 stationären Betten sind nach zeitgemäßen Standards konzipiert und tragen dem Umstand Rechnung, dass sich Menschen, die psychisch erkrankt sind, mit einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von 25 Tagen deutlich länger in einem solchen Haus befinden als das Patienten in einem somatischen Krankenhaus tun.
Vor Corona komplett ausgelastet, jetzt nicht mehr
Die Corona-Pandemie ist im vergangenen Jahr nicht spurlos am Bezirkskrankenhaus vorüber gegangen – und das ist noch nicht einmal direkt auf erkrankte Mitarbeiter oder Patienten gemünzt. Vor der ersten Corona-Welle Mitte März 2020 sei das Günzburger BKH „zu 100 Prozent ausgelastet gewesen“, sagt Thomas Düll. Jetzt seien es ungefähr 50 bis 60 Betten, die leer blieben.

Das habe damit zu tun, dass während Corona die Zimmer nicht maximal belegt würden und Quarantänestationen geschaffen worden seien. Aber es habe auch damit zu tun, dass „nicht alle Menschen kommen, die so krank sind, dass sie in eine Klinik gehören. Das ist mein Gefühl. Es gibt ja nicht plötzlich weniger schwere Depressionen oder Schlaganfälle. Ich kann nur appellieren, sich weiterhin in Behandlung zu begeben, denn die Spätfolgen können sonst enorm sein“, so Düll.
Der zweite Bauabschnitt soll in drei Jahren vollendet werden, der dritte 2027. „Wir liegen voll im Zeitplan“, sagt der oberste Bezirkskliniken-Manager, der in wenigen Tagen von Stefan Brunhuber abgelöst wird. Dieser leitete bisher das Therapiezentrum Burgau.
Moderner und ökologischer
Nicht nur moderner wird das Bezirkskrankenhaus am Rande der Großen Kreisstadt. Umweltfreundlicher ist es bereits geworden. Seit Dezember ist am Standort ein Blockheizkraftwerk in Betrieb, das die Einrichtungen des BKH mit Wärme versorgt. Und die „Abfallprodukte“ werden ebenfalls genutzt: Der entstehende Dampf wird für die Wäscherei genutzt. Die klinikeigene Stromerzeugung deckt den Bedarf von mindestens 50 Prozent ab. Dadurch kann der externe Strombezug so weit reduziert werden, dass pro Jahr etwa eine Million Euro eingespart werden, rechnet Thomas Düll vor. „Uns hat das Blockheizkraftwerk 5,5 Millionen Euro gekostet. Das bedeutet, dass diese Investition in gut fünf Jahren amortisiert sein wird.“
Der Ökologie-Gedanke fasst nicht erst jetzt Fuß. Seit über 15 Jahren verleiht der Freistaat Bayern in einem Prüfungsintervall von drei Jahren ein Umweltsiegel für den Klinikbereich. Damals in der ersten Runde der Ernennung waren die BKH-Einrichtungen in Günzburg und Kaufbeuren quasi als Vorreiter bereits dabei. Kürzlich ist Kempten dazu gekommen – ein weiteres „green hospital“ in Bayerns Krankenhauslandschaft und das dritte Bezirkskrankenhaus in Schwaben.
Scheidender Vorstandschef Düll lobt Standort: "Stillstand ist hier nie als Stilmittel gewählt worden"
In seiner 106-jährigen Geschichte habe es das BKH verstanden, die Herausforderungen der jeweiligen Zeit zu erkennen, sie anzunehmen und entsprechende Aktivitäten zu entwickeln, bilanziert Düll. „Stillstand ist hier nie als Stilmittel gewählt worden.“ Dabei sei die Bundesländer übergreifende Zusammenarbeit mit der Uni Ulm nicht hoch genug einzuschätzen.
„Diese universitäre Ausrichtung auf dem sogenannten flachen Land bedeutet, dass wir nicht schlechter versorgt sind als in Metropolen wie Stuttgart und München. Das kann ich für alle medizinischen Fächer konstatieren, für die das BKH Günzburg steht.“
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