
Lautstarker Protest gegen den Polder

Die Anwohner wehren sich gegen geplantes Rückhaltebecken im Auwald bei Leipheim.
Mit Trillerpfeifen und Argumenten polterten 270 Leipheimer, Riedheimer und Weißinger gegen den geplanten Flutpolder vor ihrer Haustür. Die möglichen Anrainer dieses gigantischen Deichbauwerkes, das bei einem extremen Hochwasser der Donau vor den Wassermassen schützen soll, signalisierten dem Wasserwirtschaftsamt Donauwörth bei der Informationsveranstaltung ganz klar: „Kein Flutpolder Leipheim“.
Schon vor dem Schützenheim Riedheim hatten sie demonstriert und Banner entrollt. Sonja Mannes aus Weißingen rief den vielen Mitstreitern zu: „Das kann nicht sein, dass die Entscheidung getroffen wird, ohne die Bürger zu fragen.“ Dieter Blaich versprach: „Wir lassen uns nicht unterbuttern.“ Am Freitag hatte die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf zum Entsetzen der Stadt Leipheim und ihrer Bürger bekannt gegeben, dass Leipheim als Flutpolderstandort erste Wahl sei. Bis dahin wähnte man sich in der Güssenstadt nicht als Favorit. Die Bürger haben Bürgermeister Christian Konrad auf ihrer Seite. Konrad sagte: „So wie die Entscheidung für Leipheim gefallen ist, können wir nicht zustimmen.“ Der Flutpolder habe Auswirkungen auf die Wasserversorgung der Stadt, werfe enorme Grundwasserprobleme auf und „im Übrigen ist nicht einzusehen, dass der Hochwasserschutz für Günzburg und Gundelfingen bei uns und auf Staatskosten stattfinden soll“.
Mit voller Wucht kamen die Gegenargumente
Im Wissen um diese negativen Prämissen trat Ralph Neumeier, Leiter des Wasserwirtschaftsamt Donauwörth, an das Rednerpult, um zu informieren. Schon während seiner Präsentation wurde er von Fragen unterbrochen, mit voller Wucht kamen die Gegenargumente dann in der von Gerd Mannes aus Riedheim moderierten Fragerunde.
Eingebunden ist der Flutpolder Leipheim in das Aktionsprogramm 2020plus, mit dem der Freistaat vor Sturzfluten und Hochwasser mit technischen Bauten und natürlichem Rückhalt schützen will. „Nach Anwendung von objektiven Kriterien in einer Entscheidungsmatrix kam Leipheim als Flutpolderstandort auf den zweiten Platz.“ Zwölf Standorte wurden untersucht. Eine gute Hochwasserwirkung, ein gutes Verhältnis zwischen Fläche und möglicher Wassermenge, die im Polder gestaut werden kann, und die Kostenkalkulation sprechen laut Wasserwirtschaftsamt für Leipheim. Neumeier betonte, dass man mit dem Grobkonzept erst ganz am Anfang des Projekts stehe. Bauingenieurin Marion Keyl sprach von monatelang dauernden Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren bis die Bagger rollen.
Doch soweit wollen es die Bürger erst gar nicht kommen lassen. Sie können sich keine Deiche vorstellen, die zwischen Donau, Weißingen und Autobahn auf einer Fläche von rund 650 Hektar eine Art Riesenbottich schaffen, der im Bedarfsfall geflutet wird. Im Westen würde der Deich einen Meter hoch sein, im Osten maximal fünf Meter, so Neumeier. Viele, die sich zu Wort melden, wohnen im Leipheimer Donaumoos, leben mit dem sensiblen Grundwasser, das von den Höhen der Alb zur Donau strömt und beobachten es genau. Sie können sich nicht vorstellen, wie das Grundwasser trotz Flutpolder beherrschbar bleibt, fürchten nasse Keller und Überschwemmungen. Auch die Sorge um die Natur, den ganz besonderen Donauauwald mit seinen vielen seltenen Pflanzen, Pilzen und Tieren treibt die Menschen um.
Unverständnis und Bedenken
Unverständnis herrscht gegenüber der möglichen Auflage, dass der Flutpolder mehrmals im Jahr geflutet werden müsse, um den Wald an das Wasser zu gewöhnen. Es sind nicht nur die Schnaken, die in den nassen Mulden dann ideale Lebensbedingungen hätten, die gefürchtet werden, sondern auch das Sediment und der Schlamm, der nach dem Ablassen des Wassers zurückbleiben würde. Bedenken gab es wegen des ehemaligen Lagers von Atomsprengköpfen. Die Bunker würden im Flutpolder liegen. Gefragt wurde nach der Haftung, wenn Keller überflutet werden oder gar Deiche des gefüllten Polders brechen. „Da kommen wir nicht mehr weg“, ist man sich sicher. Bürgermeister Konrad verneinte einen Zusammenhang mit dem momentan auf Eis gelegten Naturschutzgroßprojekt der Donauwald-Vernässung oder mit Plänen der Arge Donaumoos: „Bitte die Projekte nicht vermischen.“
Nicht geeignet sei der Polder, laut Neumeier, für den Betrieb als Wasserspeicher zur Energiegewinnung. „Ganz allgemein darf es durch den Flutpolder zu keiner Verschlechterung der bisherigen Situation kommen“, betonte Neumeier mehrfach. Ein K.-o.-Kriterium wäre es, wenn das Grundwasser wirtschaftlich nicht beherrschbar wäre. „Das letzte Wort über den Flutpolder Leip-heim ist noch nicht gesprochen. Wir werden uns mit Argumenten lautstark und gemeinsam wehren“, sagte IG-Sprecher Gerd Mannes.
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