
Handel- und Gastro-Serie (6)
Zur Rettenbacher Metzgerei Brenner kommen die Kunden sogar aus Ulm und Augsburg

Plus In der Rettenbacher Metzgerei Brenner lernt jetzt die dritte Generation das Fleischerhandwerk. Den Betrieb gibt es erst seit 1983. Doch dort wird nach wie vor selbst geschlachtet.

Einzelhändler, Gastronomen/Hoteliers und „Lebensmittelhandwerker“ wie Bäcker und Metzger machen eine Innenstadt und ein Dorf lebendig. Doch schon vor Corona haben viele um die Zukunft gekämpft, vielerorts haben Betriebe mangels Nachfolger schließen müssen. Corona hat die Probleme verschärft. In einer Zeit, in der durch das Virus und seine Folgen Innenstädte und Dörfer weiter auszubluten drohen, will unsere Zeitung einen Kontrapunkt setzen und über die berichten, bei denen die Nachfolge geregelt ist. So heißt unsere Serie auch, der Einfachheit halber auf Überbegriffe fokussiert: „Handel und Gastronomie mit Zukunft“.
Ein jahrhundertealter Betrieb ist die Metzgerei Brenner in Rettenbach nicht – aber sie macht etwas, was inzwischen fast ein Alleinstellungsmerkmal ist: Sie schlachtet selbst. Angesichts neuer Vorschriften haben das viele Betriebe inzwischen aufgegeben, wie auch viele Metzgereien mangels Nachfolger schließen mussten. Nicht so in Rettenbach. Hier macht die dritte Generation gerade die Ausbildung mit dem Ziel, das 1983 von Otmar Brenner gegründete Unternehmen weiterzuführen.
Seit 2011 sind Tobias Brenner und seine Schwester Nicole Schmid die Chefs. Der 40-Jährige ist seit 25 Jahren dabei und sei 2002 einer der jüngsten Meister seines (Fleischer)Fachs gewesen. Die 42-Jährige ist seit 23 Jahren in der Firma, arbeitet im Verkauf und ist zuständig für das Personal und das Büro. Acht Mitarbeiter haben sie, inklusive Noel Brenner, dem 15-jährigen Sohn von Tobias. Er hat im September die Lehre zum Fleischer im Familienbetrieb begonnen und schätzt es, dass er hier mehr machen dürfe als anderswo.
Geschlachtet werden darf wegen EU-Vorschriften nicht im eigenen Betrieb
Schon als Kind sei er so gut wie jeden Tag dabei gewesen, und noch heute findet er es toll, den ganzen Prozess vom Tier bis zur Wurst begleiten zu können. So züchte ein Bauer die Schweine für die Metzgerei, sagt Papa Tobias, die auch im Freien leben dürften und ein Jahr statt weniger Monate stehen blieben. So sei das Fleisch schön ausgereift. Die Rinder kämen vor allem von der Angus-Rasse aus Freilandhaltung. Und so würden 98 Prozent der verkauften Produkte selbst hergestellt – wenngleich wegen der strengen EU-Vorgaben nicht mehr im eigenen Betrieb geschlachtet werden dürfe, sondern das in einem anderen gemacht werden müsse.

Die Salami reife drei Wochen statt einen Tag, „wir wollen richtiges Handwerk machen, wir haben Freude daran“. Dafür kämen Kunden teils sogar aus Augsburg und Ulm – und die Ware werde an Auswanderer nach Ungarn geschickt. Übrigens kämen auch Ungarn, die in der Region leben, zu ihnen, weil das Fleisch so gut wie daheim sei.
Allein in Burgau habe es einmal sieben "richtige" Metzgereien gegeben
Das Problem, sagt Tobias Brenner, sei die Globalisierung mit den Großkonzernen. An denen richte sich beispielsweise die EU aus und vergesse die Handwerksbetriebe, weshalb eben in den eigenen, laut Gesetz zu kleinen Räumen nur zerlegt und gewurstet werden dürfe. Hinzu komme die Bürokratie. Deshalb hätten inzwischen viele aufgegeben. Otmar Brenner, 71, erinnert sich an Zeiten, als es allein in Burgau sieben „richtige“ Metzgereien gegeben habe, von denen nur eine übrig sei. In der Berufsschule seien bei ihm damals 14 Azubis in der Klasse gewesen – wohlgemerkt nur aus dem Kreis Günzburg. Bei seinem Enkel seien es heute fünf, aber aus mehreren Landkreisen.
Doch, davon ist Sohn Tobias überzeugt, das Handwerk sei wieder im Kommen, mehr junge Leute interessierten sich dafür – generell gesprochen, nicht speziell, was den Beruf des Fleischers angeht. Und das Konsumverhalten wandele sich: Es werde mehr Wert auf Qualität und Regionalität gelegt. Deshalb werde seltener Fleisch gegessen, aber dann dafür das hochwertige gekauft. Corona habe das weiter befeuert. Wenn die Gasthäuser – die eher beim Großhändler kauften – schon weitgehend geschlossen seien, wollten die Leute eben gut zu Hause kochen. Und weil der letzte Bäcker in Rettenbach schon vor einigen Jahren geschlossen hat, gibt es beim Metzger Brenner auch zugekaufte Waren eines regionalen Bäckers zu kaufen, ebenso Eier, Nudeln und ein paar andere Lebensmittel.
Der Gründer hilft immer noch mit im Rettenbacher Betrieb
Die Erleichterung, dass es mit dem Betrieb weitergehen wird, spüre man bei den Kunden, sagt Nicole Schmid. Noels Zwillingsbruder hingegen sei noch in der Orientierungsphase, was er einmal machen will, und gehe auf eine weiterführende Schule. Alleine ohne die Familie – und die langjährigen Angestellten – wäre das alles ohnehin nicht machbar, betont Tobias Brenner.
Und die Unterstützung des Vaters, der den Betrieb zunächst im Nebenerwerb aufbaute und ab 1990 im Haupterwerb führte. Zunächst, erzählt der Senior, habe er noch die Sicherheit der Anstellung in einer Krumbacher Supermarktmetzgerei haben wollen, aber dann den Absprung gewagt – „und nie bereut“. Es sei ihm wichtig gewesen, etwas eigenes aufzubauen. Und davon profitiert die Familie heute noch. Denn ganz von Null, sagt Tobias, wäre das wohl in diesen Zeiten nicht mehr zu schaffen.
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