
Polka auf irisch

Illertissen Nicht irgendwelchen Folk, sondern hausgemachte irische Volksmusik unter Freunden, wie es Tommy O'Sullivan, Matt Cranitch und Jackie Daly auch im wirklichen Leben sind, bekamen die rund 400 Besucher der Festhalle des Kollegs in Illertissen vorgeführt.
Der Titel "Pure Irish Drops 2010" des Konzerts in der Veranstaltungsreihe von "Kultur im Schloss" hatte unverfälschte irische Momente versprochen - welche die Protagonisten auf Fiddle und Knopfakkordeon, mit Gitarre und Gesang technisch versiert und mitreißend gespielt rüberbrachten.
Der Ausflug in den unwegsamen, zuletzt anglisierten Südwesten Irlands begann mit dem tänzelnden "Blue Mountain Valse" von Jackie Daly am zierlichen Knopfakkordeon. Nach einschmeichelnden Tonfolgen setzt Matt Cranitch auf der Fiddle ein. Als ursprüngliche Irish-Folk-Besetzung kommen sie von "Sliabh Luachra", dem unwegsamen Grenzland zwischen den Countys Kerry und Cork, dem "Mountain of the Rushes" - Berg der Binsen - und sprechen kein Deutsch. Dafür um so ausdrucksstarker in ihrem heimatlichen Idiom, einer den gälischen Wurzeln verhafteten Musik mit quirligen Tanzrhythmen und melancholischen Weisen. Auch ihr Englisch ist zu verstehen, zumal die meisten ihrer Sätze mit "From the West Coast of Irland" beginnen - oder so enden.
Saitentanz im Zwölfachteltakt
Das nächste Stück gehört zum Genre der "Slide", und der Geigenbogen bevorzugt für seinen Saitentanz im Zwölfachtel-Takt die E- und die A-Saite. Dieses und die Polka gehörten zu den Lieblingsrhythmen der Iren, als ihnen "Reel" und "Jigs" zu langweilig geworden waren, erfährt die begeisterte Fangemeinde. Eine weitere, ebenfalls präsentierte Richtung, die "Hornpipe".
Auch Jackie Dalys Finger wirbeln nur so über die Tasten des Akkordeons und die Füße wippen nicht, nein sie tanzen im Takt dazu. Daly ist insbesondere bekannt und ausgezeichnet worden für sein Zusammenspiel mit der Fiddle. Desgleichen Matt Cranitch, dessen Kunstfertigkeit auf der Fiddle dem Begriff Volksmusik kaum mehr zuzuordnen ist. Unter anderem hat er eine Doktorarbeit über die Sliabh Luachra Fiddle Tradition geschrieben. Sodann der Gitarrist Tommy O'Sullivan. Als er sich zu den beiden auf die Bühne setzt, um zu dritt eine Polka zu spielen, sind es drei Paar im Takt kreisende Füße. Oder im Solo: "The Boys of Barr Na Sraide." Wie seine Freunde spielt und singt auch er den ganzen Abend, ohne Noten zu benötigen. Er gehört der von Matt Cranitch geleiteten Gruppe "Sliabh Notes" an und ist von Tourneen als brillanter Gitarrist und Sänger bekannt. Nach Liedermacher-Art besingt er mit Inbrunst Szenen seiner irischen Heimat. Abwechselnd oder im Trio lassen sie mit ihrer ungewöhnlichen, leidenschaftlichen Musik Bilder entstehen, Wünsche wach werden für eine bessere Welt.
Dem fortgeschrittenen Abend folgend, wollten auch die Füße so mancher Zuhörer nicht mehr ruhig bleiben, zumal die Iren zum Tanzen aufforderten. So weit kam's dann doch nicht. Der Hörgenuss wäre zu kurz gekommen, ebenso mehrere Zugaben, die sich das Publikum ausbedungen hatte. Nach zweijähriger Pause hatte Veranstalter Florian Fürst die "Pure Irisch Drops" wieder gut zusammengemischt.
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